GLENN HUGHES, oder „The Voice Of Rock“, wie er gerne bezeichnet wird, kann nicht nur mit seiner Beteiligung an Bands wie DEEP PURPLE, BLACK SABBATH oder THE DEAD DAISIES prahlen, sondern hat seine Finger bei einer ganzen Liste an hochkarätigen Projekten im Spiel. Von seiner Jugendband TRAPEZE bis zu seiner aktuellsten Supergroup BLACK COUNTRY COMMUNION hat der Musiker eine nicht zu verachtende Karriere hinter sich. Was David Bowie mit dem Fortbestehen DEEP PURPLEs zu tun hat und warum Hughes sich nicht als ehemaliger Sänger von BLACK SABBATH sieht, verrät er im Interview.
Deine wirklich ausführliche Karriere hat mit TRAPEZE angefangen, eine Band bei der du immer wieder mal Mitglied warst. Was bedeutet dir TRAPEZE heute noch?
Du hast TRAPEZE gesagt (legt sich eine Hand aufs Herz). TRAPEZE bedeutet der Anfang Glenns. Des jungen Glenn. Des Songwriters Glenn. Des freien Glenn. Keine Ablenkungen, es ging nur um Musik, Musik, Musik, Musik. Nichts anderes war wichtig. Nur reisen und mit 18 Jahren die ersten Erfolge feiern. Das alles ist mir am wichtigsten, der Anfang dessen, was werden sollte.
Du warst von 1973 bis 1976 Teil von DEEP PURPLE, du bist beigetreten, als Ian Gillan (Gesang) und Roger Glover (Bass) die Band gerade verlassen hatten. Wie war es für dich damals, in eine Band zu kommen, die so viele Veränderungen durchmachte?
Richtig. Sie haben mich ungefähr ein Jahr lang beobachtet. Sie kamen immer wieder nach L.A., New York und London, um mich mit TRAPEZE zu sehen, und mir war nicht klar, wonach sie suchten. Ich freundete mich einfach mit Jon (Lord – Keyboard, Anm. d. A.), Ritchie (Blackmore – Gitarre, Anm. d. A.) und Ian an, und verstand gar nicht, dass jemand die Band verlassen würde. Das letzte Mal, als sie mich besuchen kamen, wurde verkündet, dass Gillan gehen würde. Ich fragte mich damals nur, was wohl gerade passiert war.
Ein paar Monate später traf ich mich in New York mit ihrem Manager und die Band bat mich, DEEP PURPLE beizutreten. Es war wirklich nicht einfach, TRAPEZE zu verlassen, das war schließlich die Band meiner Jugend, das war meine große Liebe. Es war schwer.
Nach diesen drei Jahren mit DEEP PURPLE, löste sich die Gruppe auf. Bereust du es, DEEP PURPLE endgültig verlassen zu haben?
Nein, wirklich nicht. Zu der Zeit, als Ritchie 1975 DEEP PURPLE verließ, lebte ich mit David Bowie zusammen. Er war damals mein bester Freund. Er überredete mich zu bleiben, und Tommy Bolin (Gitarre, Anm. d. A.) vorspielen zu lassen. Ich wollte gehen, als Ritchie ging. Ich hatte Jon schon gesagt, dass ich die Band auch verlassen würde, weil ich nicht wusste, wohin diese Gruppe noch führen sollte. Dann überzeugte Bowie mich, doch noch zu bleiben. Also ließen wir Tommy vorspielen und er war großartig.
„Ich respektiere BLACK SABBATH, aber ich bin wirklich kein Metal-Sänger. Es war okay, aber nicht ideal für mich.“
Später waren BLACK SABBATH noch ein wichtiger Punkt in deiner Karriere, aber auch nicht so richtig, oder? Du hast „Seventh Star“ zwar mit Tony Iommi aufgenommen, aber es sollte eigentlich ein Soloalbum werden, das letztendlich aber als ein BLACK-SABBATH-Projekt verkauft wurde, oder?
Die Sache ist die: Ich bin schon seit 1970 sehr gut mit Tony befreundet – schon von Anfang an. Tony rief mich irgendwann an und erzählte, er wolle ein Soloalbum aufnehmen, ob ich für ihn singen würde. Ronnie James Dio sollte ein paar Lieder singen, und vielleicht noch Rob Halford. Ich dachte mir „Okay, drei Typen, drei Sänger, das passt.“ Ich war der Erste, der in L.A. sang und an dem Abend nahmen wir „No Stranger To Love“ auf. Tony meinte, es sei großartig und fragte, ob ich am nächsten Tag nochmal kommen wolle. Am Tag darauf schrieben und sangen wir also einen weiteren Song. Ich glaube, es war „In For The Kill“. Und er bat mich wieder, ob ich am nächsten Tag nochmal zurückkommen würde. Letztendlich war ich der einzige Sänger auf dem Album, wie du weißt.
Ich sang das gesamte Album mit ihm, als sein Soloalbum, weil ich keine Sabbath-artigen Texte schrieb. Meine Stimme und meine Lyrics sind nicht so düster wie ihre. Am letzten Track angekommen, meinte Tonys Manager, Sharon Osbournes Vater, Don Arden, dass Warner Brothers die Platte als „BLACK SABBATH Featuring Tony Iommi“ betiteln wollten. Tony war darüber nicht glücklich. Und so fand ich mich plötzlich in BLACK SABBATH wieder, was ich eigentlich gar nicht sein wollte. Ich respektiere BLACK SABBATH, aber ich bin wirklich kein Metal-Sänger. Es war okay, aber nicht ideal für mich.
Betrachtest du dich als ehemaliges Mitglied von BLACK SABBATH?
Nein! Das tue ich nicht. Tony, Geezer (Butler, Anm. d. A.), Bill (Ward, Anm. d. A.) und Ozzy (Osbourne, Anm. d. A.) haben meinen vollsten Respekt, sie sind für mich wie Familie, aber ich war nie wirklich in BLACK SABBATH.
BLACK SABBATH spielen bekannter Weise dieses Jahr ihr letztes Konzert in Birmingham. Wirst du da sein?
Nein, werde ich nicht. Ich wurde zwar eingeladen aber ich werde nicht hingehen. Es sind zu viele Leute da, es wäre mir einfach zu viel.
„Mein Problem mit dieser Band ist – und das ist unfassbar – dass wir in 15 Jahren Bandgeschichte bisher nur 43 Konzerte gespielt haben. Das ist absolut lächerlich.“
Du hast letztes Jahr mit BLACK COUNTRY COMMUNION euer fünftes Album veröffentlicht. Wie ist es, wieder mit Black Country zusammenzuarbeiten, seit eurer Reunion 2017?
Es ist gut, diese Band gibt es jetzt schon seit 15 Jahren. Wie du weißt, waren wir schon sehr lange nicht mehr auf Tournee, was für mich ein Problem ist, weil ich gerne live spiele. Aber die Alben sind fantastisch. Mein Problem mit dieser Band ist – und das ist unfassbar – dass wir in 15 Jahren Bandgeschichte bisher nur 43 Konzerte gespielt haben. Das ist absolut lächerlich.
Ich sagte, dass ich bei diesem letzten Album nur mitmachen würde, wenn wir auch ein paar Konzerte spielen. Jetzt spielen wir neun Stück, was meines Erachtens nicht gut genug ist. Die Leute in Deutschland werden nur zwei oder drei Konzerte bekommen, obwohl sie diese Band live sehen wollen. Menschen in den USA wollen BLACK COUNTRY sehen. Leute im Vereinigten Königreich – Sie werden uns nicht sehen können. Das ist alles sehr ärgerlich, weil diese Band so verdammt gut ist.
Das ist wirklich traurig.
Ich schreibe die meisten der Lieder und singe sie alle und ich stecke viel Energie da rein. Die Band muss sie nur spielen aber das tut sie nicht.
Wie schwer ist es denn, eine Tournee für BLACK COUNTRY COMMUNION zu organisieren? Dadurch, dass ihr alle so beeindruckende und vielbeschäftigte Musiker seid, ist es bestimmt nicht leicht.
Naja, es wäre alles sehr einfach, wenn Joe (Bonamassa – Gitarre, Anm. d. A.) mehr Zeit investieren würde. Ich bin auch viel beschäftigt, mein Terminkalender ist voll. Aber es ist ein Fakt, dass Joe lieber solo unterwegs ist. Und meine Frage an ihn und alle anderen ist: Warum dann überhaupt in einer Band sein, wenn man nicht auf Tour geht?
„Wenn ich über BLACK COUNTRY COMMUNION spreche, sieht man mir an, dass es mich verstört, weil ich diese Band so liebe.“
Wie du schon meintest, wird das jetzt eure erste Tour seit langem, wenn auch eine kurze. Gibt es etwas, auf das du dich besonders freust?
Ich möchte einfach nur die Songs spielen. Ich werde eine Woche lang in Kopenhagen proben und meine Freunde treffen. Wir sehen uns nicht oft. Ich kenne Jason (Bonham – Schlagzeuger und Sohn von Led-Zeppelin-Schlagzeuger Jon Bonham, Anm. d. A.) schon seit er klein ist. Das sind meine Freunde. Aber wie du siehst, bin ich trotzdem tief betroffen, dass es keine 90 Shows geben wird. Ich glaube, dass wir hier eine Chance verpassen.
Hoffentlich könnt ihr noch eine Lösung finden.
Das glaube ich nicht.
Nicht? Siehst du ein zweites Ende für BLACK COUNTRY COMMUNION?
Alles, was ich dir jetzt sagen kann, ist, dass wir im Juni diese Konzerte spielen. Mal sehen, was dann passiert. Aber ich kann einer Band, die nicht auf Tour geht, nicht noch mehr Zeit widmen. Aus Business-Gründen und aus seelischen Gründen. Kann ich einfach nicht. Ich schreibe sechs Monate im Jahr Musik, das ist eine lange Zeit, nur um zuzusehen, wie sie verblasst. Ich bin nicht wütend, ich bin einfach unglücklich darüber.
Wenn ich über BLACK COUNTRY COMMUNION spreche, sieht man mir an, dass es mich verstört, weil ich diese Band so liebe. Ich liebe diese Musik mit ganzem Herzen, aber es fehlt mir der Tournee-Aspekt. Jeder, der diesen Artikel liest, wird verstehen, was ich meine.
Ja, man merkt dir an, dass es dich belastet. Lass uns über etwas anderes sprechen. Du hast 2023 die DEAD DAISIES verlassen, nachdem ihr gemeinsam zwei Alben aufgenommen hattet. Wie kam diese Trennung zustande, warum bist du gegangen?
Ich ging erstens, weil die DEAD DAISIES mich gebeten haben, nichts anderes, als DEAD DAISIES zu machen. Ich bekomme andauernd verschiedene Angebote, die ich hätte ablehnen müssen. Zweitens traf ich mich mit Joe Bonamassa, um über Album Nummer fünf zu sprechen, und meine Optionen waren entweder die DEAD DAISIES weiterzumachen oder „V“ aufzunehmen. Ich entschied mich für „V“. Wir sind alle gute Freunde. Ich ging in Freundschaft, es war alles sehr friedlich und es gab keine Probleme. Wir bedankten uns, es war super, aber es war an der Zeit für mich, weiterzuziehen. Das ist nur natürlich.
„Wenn ich eine Band habe, muss es meine eigene sein – so bin ich einfach.“
Du hast ganz offensichtlich schon an zahllosen Projekten gearbeitet und 15 Soloalben veröffentlich, mit einem sechzehnten in Arbeit. Arbeitest du lieber Solo oder magst du die Herausforderung, mit anderen zu arbeiten?
Solo- immer solo. Wenn ich alleine arbeite, weiß ich worüber ich schreibe und wie es klingen sollte. Ich produziere alles und habe tolle Leute, mit denen ich arbeiten kann. In einer Band isoliere ich mich selbst, weil ich der Songwriter bin und ich alleine schreibe. So arbeite ich und so wird es immer sein. Also wenn ich eine Band habe, muss es meine eigene sein – so bin ich einfach.
Was war für dich das denkwürdigste deiner Projekte? Solo oder nicht.
TRAPEZE, ohne Frage. Drei Alben. Das erste war eher eine EP, aber „Medusa“ und „You Are The Music … We’re Just A Band“ stehen eindeutig dafür, wer der junge Teenager Glenn war, der später zu diesem „Rock-Typen“ geworden ist, mit dieser gefühlvollen Stimme. TRAPEZE ist der Anfang. Als du TRAPEZE anfangs erwähntest (seufzt), war es sofort wie zu Hause. Natürlich weilen Mel (Galley, Anm. d. A.) und Dave (Holland, Anm. d. A.) leider nicht mehr unter uns. Sie sind nicht mehr da und das ist sehr traurig.
Du hast eine umfangreiche Karriere, auf die du zurückblicken kannst, die du auch auf deiner „The Chosen Years“-Tour feierst. Gibt es etwas, das du in dieser Zeit gelernt hast?
Ich habe gelernt, zu atmen; In dem ganzen Chaos herunterzukommen. Rock ist Chaos, wie du weißt. Da muss man auch mal langsam machen, still sein und atmen. Diese Atemtechnik ist für mich das Wichtigste. Ich mache die Technik immer, sie hilft mir, besser zu singen und mit dieser Angst umzugehen, die immer da ist. Um Menschen zu treffen – und ich treffe andauernd Menschen – muss ich in einer sehr chaotischen Welt entspannt sein.
„Ich glaube, dass wir in einer vorbestimmten Welt leben. Karma bestimmt alles und alles, was du und ich tun, ist vorbestimmt.“
Gibt es etwas, dass du bereust?
Nein, und ich verrate dir, warum. Du bist jung, aber vielleicht weißt du es schon. Ich verspreche dir, während du älter wirst, bereue nichts, weil diese Dinge, die du tust, die du vielleicht bereust, sind die Lehren des Lebens. Mit Gutem kommt Schlechtes. Mit Tragödien kommen Siege und mit Verlust kommt die Trauer, das Glück, die Zufriedenheit und das Verrückte. Lass es zu. Lass zu, dass diese Scheiße passiert. Heiße die Angst willkommen, gib ihr einen Namen und sag ihr, dass es okay ist. Nenn sie von mir aus Bruce und sag ihr, dass es in Ordnung ist. Alles, was ich in meinem Leben mache, hat einen Grund. All der verrückte Scheiß, all die wundervollen Dinge, all die Preise, die Tränen – All das sollte so passieren. Dass ich jetzt mit dir spreche, dass ich mit den Fingern schnipse, sollte so passieren. Ich glaube, dass wir in einer vorbestimmten Welt leben. Karma regelt alles und alles, was du und ich tun, ist vorbestimmt.
Du bringst dieses Jahr noch ein neues Soloalbum raus. Ich habe es noch nicht gehört aber gibt es etwas, das du uns darüber erzählen kannst?
Es ist wahrscheinlich mein bestes. Es kommt im August raus. Wenn du mich auch nur ein bisschen kennst, weißt du, dass jedes meiner Soloalben anders klingt. Obwohl ich dieselbe Stimme und Dramatik habe, wiederhole ich mich nie. Niemals. Manche Bands, wie meine Freunde in Judas Priest, haben eine bestimmte Art, wie ihre Alben immer klingen. Die Platten klingen alle relativ ähnlich. Meine tun das nicht. Ich gehe Risiken ein und das habe ich David Bowie zu verdanken. Bowie kam 1975 zu mir nachhause, ging zu meinem Kleiderschrank, warf alle meine Stiefel und Schuhe auf den Boden und schnitt meine Haare kurz. Er sagte: „Du musst dich immer weiter verändern. Bleib nicht stehen. Verändere dich!“ Und das mache ich seither, dank ihm.
Und das hat er auch! Wenn man David Bowies Diskografie durchhört, klingt kein Album gleich!
Danke, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Er schrieb „Station To Station“ bei mir zu Hause. Ich glaube, dass er „Golden Years“ für mich geschrieben hat. Er bestand darauf und sagte „Du musst dich weiterentwickeln, Glenn. Lass uns die Haare schneiden und die Leute ein bisschen erschrecken.“ Und seit ich ihn 1974 kennenlernte, mache ich das. Er war ein wunderschöner, freundlicher, sehr intelligenter Mann.
03.09.25 – Zoetermeer (NL), Boerderij
04.09.25 – Hamburg (DE), Fabrik
06.09.25 – Neuruppin (DE), Kulturhaus Stadtgarten
10.09.25 – Kraków (PL), Studio
10.09.25 – Warszawa (PL), Progresja
12.09.25 – Dresden (DE), Alter Schlachthof
13.09.25 – Lindau (DE), Club Vaudeville
15.09.25 – Augsburg (DE), Spectrum
16.09.25 – Nürnberg (DE), Hirsch
03.09.25 – Maastricht (NL), Muziekgieterij
20.09.25 – Nijmegen (NL), Doornroosje
22.09.25 – Mannheim (DE), Capitol
24.09.25 – Pratteln (CH), Z7
Dieses Interview wurde persönlich geführt.