Konzertbericht: Der Weg einer Freiheit w/ Support

2012-09-24 München, Backstage Club


Zwei Alben, eine EP und überschwängliches Lob von allen Seiten: Die Würzburger Band DER WEG EINER FREIHEIT scheint mit ihrem atmosphärischen Black Metal mit intelligenten deutschen Texten einen Nerv getroffen zu haben. Dennoch war den fünf Jungs, die ihre Band erst 2009 gründeten, bisher keine Headliner-Tour vergönnt – ein Umstand, der sich nach der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „Unstille“ nun endlich ändern sollte. An einem kühlen Montag im September macht der sympathische Fünfer auch im Münchner Backstage Club Halt, und wird dabei von den lokalen Acts Waldgeflüster und Farewell To Arms unterstützt.

Die Auswahl der Landsberger Metalcore-Band FAREWELL TO ARMS als Opener verwundert zunächst, passt diese Band musikalisch doch überhaupt nicht zu den zwei anderen Acts. Vielleicht ist dies aber auch gerade beabsichtigt, um ein bisschen Abwechslung in den Abend zu bringen. Da wir nach Verspätungen im Nahverkehr leider nicht mehr rechtzeitig zum Konzertbeginn im Backstage eintreffen, können wir nur noch die letzten drei Songs der Band miterleben. Was die junge Band musikalisch anbietet, ist eine um Hardcore und schwarzmetallische Anleihen angereicherte Version altbekannten Metalcores: Blastbeats, heftige Breakdowns und Gitarrengefrickel treffen auf tief gegrowlten Gesang.
Allein: FAREWELL TO ARMS müssen in ihrer angestrebten technisch anspruchsvollen Musik hinsichtlich der Genauigkeit noch eine ganze Schippe drauflegen. Bei einigen Songs stolpern die Finger des Gitarristen häufig über die technisch anspruchsvollen Melodien und immer wieder laufen die einzelnen Instrumente auseinander. Da Metalcore immer mit denselben Grundprinzipien arbeitet, und die Band keine herausragende Eigenständigkeit besitzt, bleibt der Auftritt so als sympathisch in Erinnerung – mehr aber auch nicht. Dies spiegelt sich auch im zu diesem Zeitpunk spärlich besetzten Backstage Club wieder, wodurch die ausschweifenden Rockstar-Dankesreden von Sänger Dominik etwas übertrieben wirken.
[Bernhard Landkammer]

Mit WALDGEFLÜSTER aus Rosenheim steht als zweites nicht nur eine stilistisch gänzlich anders ausgelegte Band auf der Bühne, sondern auch eine der großen Hoffnungen in der südddeutschen Pagan-Szene – bedenkt man, wie die Jungs auf dem diesjährigen Ragnarök-Festival abgefeiert wurden.
Natürlich ist die Fanschar vor der Bühne absolut gesehen auch jetzt noch überschaubar – im Vergleich zum Opener ziehen WALDGEFLÜSTER jedoch wahre Fan-Scharen vor die Bühne, so dass die ersten Reihen des Clubs den gesamten Gig über mit fleißig headbangenden Metallern gefüllt sind. Egal, ob der Opener „Seenland“, das darauf folgende „Herbst befiel das Land“ oder der Kracher „Wotan sang“ – das Publikum frisst WALDGEFLÜSTER bei diesem Quasi-Heimspiel trotz aller Widrigkeiten, die der Gig leider auch mit sich bringt, aus der Hand. Denn sei es der mitunter etwas krachige Sound, der aufgrund einer defekten Halterung während des Gigs mehrfach vom Gurt fallende Tieftöner, den Bassist Phillipp schließlich auf der Bühne kniend weiterspielen muss, oder der ein oder andere schiefe Ton, der sich sowohl bei der Saitenfraktion als auch beim Klargesang eingeschlichen hat…von „perfekt“ kann heute leider keine Rede sein.Der Stimmung tut dies jedoch keinen Abbruch – zum einen dank der Loyalität der Fans, zum anderen dank Sänger Jans unübersehbarer Hingabe und seinem unermüdlichen Einsatz beim unterhalten und motivieren der Fans. So muss Live-Musik präsentiert werden – ganz egal, ob das Resultat bezaubernd oder bescheiden klingt.
Vielleicht nicht der beste Gig der Band, und in Erwartung von Der Weg einer Freiheit vielleicht auch nicht der beste des Abends – allemal jedoch ein unterhaltsamer Auftritt, der, so ehrlich muss man sein, um Welten besser ankommt als der der Metalcore-Opener Farewell To Arms. Und das mit Recht.
[Moritz Grütz]

War es bei Waldgeflüster bereits relativ voll im Backstage Club, so füllt sich in der Umbaupause der Bereich vor der Bühne noch einmal sichtbar – neben einem ganz offensichtlich volltrunkenen Pärchen in Wiesn-Tracht, welches nach den ersten Klängen der Band den Raum wieder verlässt, ist das Publikum an diesem Montag-Abend erstaunlich jung. Die Bühne wird mit zwei Seitenbannern verschönert, was aufgrund des geringen Platzes etwas übertrieben wird – der große Banner von DER WEG EINER FREIHEIT ist konsequenterweise gegenüber von der Bühne am Balkon aufgehängt und wacht somit über das Publikum.
Zu dunklen Drone-Tönen kommen die fünf Jungs schließlich auf die Bühne und legen mit dem Bonustrack „Ruhe“ ihres selbstbetitelten Debütalbums gleich richtig los: Der Sound ist unfassbar druckvoll und geht absolut nach vorne, die Köpfe im Publikum und auf der Bühne beginnen zu kreisen und Sänger Tobias trägt unentwegt ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen, wenn er nicht gerade mit hochrotem Kopf seine Texte ins Publikum kreischt. Insgesamt ist den Jungs der Spaß an dem, was sie tun, permanent anzusehen. Sei es das ständige Positionswechseln der beiden Gitarristen Nikita und Sascha, das irrsinnig schnelle Drumming von Schlagzeuger Tobias oder der emotionale Gesang von Sänger Tobias: DER WEG EINER FREIHEIT haben unglaublich viel Spaß an diesem Auftritt.

Die Setlist an diesem Abend stellt eine gesunde Mischung zwischen bereits zu Klassikern gewordenen Songs wie „Der stille Fluß“ oder „Zum Abschied“ und neuen Brechern wie „Lichtmensch“ dar. Zwar werden die älteren Songs vom Publikum lauter beklatscht als die Songs von „Unstille“, dies bedeutet allerdings nicht, dass die Stimmung während dieser Nummern schlechter wäre. Einige textsichere Fans brüllen der Bühne jede Zeile voller Energie entgegen. Die beinahe schüchtern wirkenden, kurzen Ansagen zwischen den Stücken runden den Gesamteindruck dieser durchweg sympathischen Band ab – sieht man von den gelegentlichen etwas übertriebenen Animationsversuchen von Gitarrist Sascha ab.
So großartig die Songs von DER WEG EINER FREIHEIT auch sind, ermüdet die häufig wiederkehrende Struktur „Vollgas – scheinbarer Schluss – nochmal Vollgas“ über die gesamte Konzertdauer.
Sobald die ruhigen Passagen die fiesen Black-Metal-Attacken durchbrechen und immer wieder für Gänsehaut sorgen, ist auch dieses kleine Manko schnell vergessen. Nach „Neubeginn“ verlässt die Band nassgeschwitzt die Bühne, um für „Ewigkeit“ noch einmal zurückzukehren. Die daran anschließenden erneuten Forderungen nach einer Zugabe kann die Band laut eigener Aussage leider nicht nachkommen, da sie keine weiteren Stücke eingeprobt hat.

Setlist:
01. Ruhe
02. Lichtmensch
03. Der stille Fluß
04. Frei
05. Vergängnis
06. Zum Abschied
07. Zerfall
08. Neubeginn
——-
09. Ewigkeit

Fazit: DER WEG EINER FREIHEIT gehören sicher nicht umsonst zu den derzeit gefragtesten Bands im Bereich des deutschsprachigen Black Metal. Neben ihren großartigen Alben wissen sie auch live absolut zu überzeugen. Auch wenn die Kombination der unterschiedlichen Bands an diesem Abend etwas ungünstig gewählt war, kann insgesamt von einem runden Konzert gesprochen werden. Besonders der Sound an diesem Abend ließ vor allem bei DER WEG EINER FREIHEIT keine Wünsche offen. Wenn es mit ihrer Karriere so weiter geht, wird diese Tour sicher nicht die letzte Headliner-Tour der noch jungen Band gewesen sein.
[Bernhard Landkammer]

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