Konzertbericht: Fates Warning w/ Pagans Mind

2007-11-15 Köln, Live Music Hall

Viele Fragen blieben an diesem Konzertabend mit den Progressive Metal-Vorreitern FATES WARNING und ihrer Vorband, den Norwegischen Power-Prog-Helden PAGAN’S MIND, ungeklärt. Zum Beispiel, warum die eher alternativ und trocken musizierenden Amis hier mit einer Band touren, die mit ihren kitschigen, süßlichen und gänzlich synthetischen Power-Prog-Opern so überhaupt nicht zur Hauptband passte. Zum Beispiel, warum man für das Konzert eine solch große Location wie die Live Music Hall gewählt hat, die mit 300 Menschen vielleicht zu etwa einem Drittel gefüllt war? Zum Beispiel, warum PAGAN’S MIND mit etwa doppelt so viel Merchandising wie FATES WARNING antraten und dazu noch ein theatralisches Bühnenhintergrundbild am Start hatten, was der Hauptact natürlich ebenso nicht aufweisen konnte? Und natürlich, warum FATES WARNING einfach mal so, ohne neues Studiowerk oder Live-Album, nach Europa kommen.

Ja, ihr habt ja recht. Das sind alles Fragen, die sich nicht mit dem wichtigsten Bestandteil des Abends beschäftigen: Der Musik. Also los: Nachdem ein sündhaft teures Bier eingekauft worden war, konnte es dann auch schon ohne große Wartezeit um 19:45 Uhr mit PAGAN’S MIND losgehen. Die Herren werden ja in den Medien durchaus gelobt und scheinen sich in den letzten Jahren mit ihrem an Dream Theater, Stratovarius und Queensryche erinnernden Stil irgendwo zwischen Power-, Prog- und Heavymetal einige Fans an Land gezogen zu haben. In den nun folgenden 45 Minuten hatten sie also Zeit genug, sich neue Anhänger zu verdienen. Und das haben sie vermutlich auch. Das Publikum applaudierte fleißig, einige Leute ließen sich zu eifrigem Headbangen und Luftgitarre spielen hinreißen. Es waren auf jeden Fall auch Leute wegen PAGAN’S MIND dort, wie man unmissverständlich an mitgesungenen bzw. mitgegröhlten Refrains feststellen konnte. Die Setlist der Band bestand aus einem runden Mix aus dem Material der letzten drei Alben. Vom neuesten Output „God’s Equation“ bekamen wir das David Bowie-Cover „Hallo Spaceboy“, die Prog-Thrash-Granate „Atomic Firelight“ und „Alien Kamikaze“ serviert, die allesamt gut abgingen. Überhaupt erfüllten die Jungs, unabhängig davon, dass sie wie gesagt nicht zu FATES WARNING passten, ihre Anheizerrolle bravourös. Neben diesen flotteren Nummern gab es mit „Search For Life“ auch eine Ballade, sowie mit Teilen aus „Back To The Magic Of Childhood“ auch einen kurzen Instrumentalteil.

Am kritischsten am Auftritt der Jungs war sicherlich der Sound, der viel zu matschig, undifferenziert und dröhnend war. Das Keyboard ging fast gänzlich unter, obwohl es auf den Platten einen großen Teil des Soundgewands beisteuert. Insbesondere Gitarrist Jörn Viggo Lofstad konnte mit seinem Spiel überzeugen und zockte einige beeindruckende Soli. Den Sympathie-Award bekommt Bassist Steinar Krokmo, der mit seinem rundlichen Äußeren, dem Bart und dem fehlenden Haupthaar sicherlich äußerst gut zu den polnischen Artrockern Riverside passen würde und zudem als einziger in der Band mal lächelte und nicht den bösen Metaller spielte. Das war die Hauptaufgabe von Sänger Nils K. Rue, der mich mit seiner Leistung nicht immer überzeugen konnte. Schon auf den Studioalben ist sein Gesang nur durchschnittlich und klare Geschmackssache, live neigte er dann doch stark dazu, in übelstes Metal-Geshoute mit hohen Tönen zu verfallen. Auch von Drummer Stian Kristoffersen hatte ich nach dem Hören der Alben mehr erwartet. Er spielte lange nicht so komplex, wie es auf dem Album klingt. Insgesamt waren PAGAN’S MIND eine spaßige Angelegenheit, ich hoffte nur inständig darauf, dass der Sound bei FATES WARNING leiser und klarer sein würde.

Um kurz nach 21 Uhr war es dann soweit: Die vier nicht mehr ganz so jungen Gestalten enterten zu dem Intro von der Platte „Disconnected“ die Bühne, Gitarrist Jim Matheos mit einer schwarzen Wollmütze, vielleicht um die beginnende Glatze zu verbergen. Sänger Ray Alder hat sich ja leider seine langen Haare vor einiger Zeit abgeschnitten und sieht jetzt nur noch halb so cool aus. Nachdem bereits in der Vergangenheit Mike Portnoy von Dream Theater und Nick d’Virgilio von Spock’s Beard den von Mark Zonder hinterlassenen Platz am Drumkit ausgefüllt haben, schlüpfte nun Bobby Jarzombek, der unter anderem schon bei Iced Earth auf die Felle geschlagen hat, in diese Rolle. Er machte seine Aufgabe wirklich gut und hielt sich ziemlich nah an den Originalspuren. Schön, dass er nicht wie ein Mike Portnoy dazu neigt, alles mit seinen Fills kaputtzuspielen. Ebenso dabei war als zweiter Gitarrist Frank Aresti, der auch einen großen Teil der Soloparts übernahm. Auf einen Keyboarder musste man wie bereits erwartet verzichten.

FATES WARNING spielten ziemlich genau 100 Minuten und hatten das Publikum mit dem Opener „One“ ziemlich schnell auf ihrer Seite. Wie man es schon von der Live-DVD gewöhnt ist, ließ Ray die anwesende Meute an den passenden Stellen mitsingen, was immer wieder für Gänsehaut sorgte. Seine Stimme war an diesem Abend in guter Verfassung, allerdings hört man so langsam wirklich, dass er nicht nur eine Zigarette pro Tag genießt. Über die Setlist verteilt gab es insgesamt vier Teile aus dem Konzeptalbum „A Pleasent Shade Of Grey“, meine persönlichen Highlights waren dennoch das unverzichtbare „The Eleventh Hour“ und das zu meiner Überraschung doch gespielte „Still Remains“ (Gänsehaut!), das auch ohne Gastkeyboarder Kevin Moore gut funktionierte. Diese gut 25 Minuten des Konzerts waren sicherlich perfekt und ziemlich ehrwürdig. Nicht ganz so perfekt war der Sound: Zwar deutlich klarer und zu Beginn auch leiser als bei PAGAN’S MIND, dennoch empfand ich ihn direkt vor der Bühne als zu laut und drückend, sodass ich mich nach einigen Songs eher in die Mitte des Publikums stellte, wo man dank der hohen Bühne der Live Music Hall immer noch perfekt sehen und nun auch viel genüsslicher hören konnte. Vom letzten Album „X“ gab es unter anderem den Song „Another Perfect Day“ zu hören. Ist wohl ein Dauerkandidat in der Setlist geworden. Nach gut 1 ¼ Stunden verschwanden die Jungs schon wieder von der Bühne, kamen aber noch für insgesamt drei Zugaben zweimal zurück. Hier gab es unter anderem das ebenfalls sehr gelungene „Monument“ zu hören.

Insgesamt haben FATES WARNING und PAGAN’S MIND einen gelungenen Abend abgeliefert, der sicherlich auch Seltenheitswert hatte. Immerhin kommen FATES WARNING nur alle Jubeljahre mal nach Deutschland. Die Zuschauerzahlen waren zwar nicht enttäuschend, aber ich hatte auch mit mehr Leuten gerechnet. Dafür war vom Kutten-Metaller über Rockerlady bis hin zum Progpolizisten jede Spezies vertreten. Wenig spannend war die Lightshow, man nutzte nur das Licht der Live Music Hall, ohne jegliche bewegliche Scheinwerfer, was ich immer sehr schade finde. Und eine Frage, die wohl ewig offen bleibt: Warum müssen Konzerte immer so laut sein, dass es hart an der Grenze zum Schmerz ist? Ohne Ohrenstöpsel würde ich mir das nicht allzu oft geben.

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