Konzertbericht: Fit For An Autopsy w/ Venom Prison, Vulvodynia & Justice For The Damned

21.05.2019 München, Backstage (Club)

Schon seit 2008 treibt die amerikanische Death-Metal-Dampfwalze FIT FOR AN AUTOPSY ihr Unwesen. Nach erfolgreichen Festivalauftritten in den vergangenen Jahren und als Support für Sepultura konnten sie sich bereits in die Herzen mancher Fans spielen. Nun darf man sie endlich auch auf ihrer ersten vollen Headliner-Tour durch Europa begrüßen. Mit an Bord ist ein internationales Package, das jedem Fan der ganz harten Klänge ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürfte: JUSTICE FOR THE DAMNED aus Australien, VULVODYNIA aus Südafrika und die deutsch-englischen Senkrechtstarter von VENOM PRISON.


Als Opener dürfen JUSTICE FOR THE DAMNED um 19:30 Uhr die Bühne des Backstage Clubs betreten. Die Marschrichtung des Abends ist schnell vorgegeben: Harte Musik ohne Rücksicht auf Verluste. Der Deathcore der jungen Australier eignet sich perfekt um das Publikum einzuheizen: Schnelle Riffs, fiese Shouts und deftige Breakdowns dominieren das Bühnenbild und kommen dabei mit ausreichend Druck durch die Bühne. Dass die fünf Jungs dabei auf kein allzu großes Repertoire an Songs zurückgreifen können spielt letztendlich keine große Rolle und so wird ein Querschnitt ihres Debüts „Dragged Trough The Dirt“ geboten. Für Abwechslung sorgen die deutlich erkennbaren Hardcore-Einflüsse, die stellenweise an Despised Icon erinnern und vereinzelt Zuschauer zum 2-step einladen. Während das Publikum zu Beginn noch sehr schüchtern agiert, füllt sich die Fläche vor der Bühne im Laufe des Sets immer mehr, was nicht zuletzt mit der Qualität des Auftritts von JUSTICE FOR THE DAMNED zu tun hat. Spätestens nach ihrer neuesten Single „No Brother, No Friend“ und dem Rausschmeißer „Please Don’t Leave Me“ dürften auch die letzten Skeptiker den Newcomern den nötigen Respekt zollen und die Mannen aus Sydney mit gebührendem Applaus verabschieden.

Slamming Brutal Death Metal steht als nächstes auf dem Programm und alles, was nicht niet- und nagelfest ist sollte schleunigst aus dem Club geräumt werden. Denn VULVODYNIA machen keine Gefangenen. Viel mehr treten sie jedem Gefallenen auf dem Schlachtfest mit Stahlkappenschuhen nochmal ins Gesicht, um sicher zu gehen, dass er nicht mehr aufsteht. So oder so ähnlich kann man den Auftritt der südafrikanischen Slammer beschreiben. Denn Bass-Drops, die einem zwei Tage später noch in den Ohren vibrieren und Breakdowns, die Thy Art Is Murder wie einen Kindergeburtstag dastehen lassen, mähen in den 30 Minuten Stagetime alles nieder, was nicht zum headbangen oder moshen anfängt. Glücklicherweise driften VULVODYNIA dabei nie in die stumpfe Belanglosigkeit ab, denn auch technische Riffs oder Solos finden den Weg in die Kompositionen. Der kleine Club ist für das Quintett wie geschaffen, denn durch den enorm fetten Sound, die ersten Pits und die gegebene Intimität entsteht eine Atmosphäre, die der Brutalität der Musik vollends gerecht wird. Neben ausreichend Songs ihrer bisherigen Werke dürfen sich Fans auch über die aktuelle Single „Mob Justice“ und den bisher unveröffentlichten Song „Reclaim The Crown Part I: The Burning Kingdom“ freuen. Der durchweg gelungene Auftritt findet sein i-Tüpfelchen darin, dass die Band mit einer unglaublichen Freude ihre Songs präsentiert, die auf das Publikum nahtlos übergeht. So legen VULVODYNIA die Latte für die anstehenden Venom Prison und den Headliner sehr hoch und treiben die Vorfreude auf die nächsten Bands weiter in die Höhe.


VENOM PRISON als einen der vielversprechendsten Newcomer im Death Metal zu bezeichnen ist nicht allzu weit hergeholt. Mit ihrem 2016er-Werk „Animus“ konnten sie bereits einen guten ersten Eindruck hinterlassen, der mit ihrem aktuellen Album „Samsara“ sogar übertroffen wurde. Nun dürfen auch endlich die neuen Songs auf den Bühnen Europas ihre Premiere feiern und das gelingt mehr als nur gut: Sängerin Larissa Stupar beweist, dass ihre Stimme live mit noch mehr Power durch die Boxen schallt als auf Platte und auch die Instrumentalfraktion legt einen astreinen Auftritt hin: Dank dem bei jeder Band toll abgemischten Sound kann sich das Riffgewitter optimal entfalten. Ob beim schnellen „Uterine Industrialisation“, beim schleppenden „Corrode The Black Sun“ oder dem melodischeren „Asura’s Realm“, VENOM PRISON liefern live genau das ab, was ihre beiden Alben versprochen haben: Energie, Wut, Abwechslung und letztendlich unglaublich hochwertigen Death Metal. Larissa Stupars Stimme bleibt trotz der allgemein sehr hohen Qualität das tragende Element: Die Vielfalt aus hohen Screams, tiefen Growls und Hardcore-Shouts packt den Hörer am Nacken und zwingt ihn dazu, die Haare fliegen zu lassen. Nach ungefähr 40 Minuten beenden die Briten mit der deutschen Sängerin ihr Set und bieten im Gegensatz der ersten beiden Bands einen musikalisch vielfältigeren Auftritt, der es schafft, die Energie der Opener aufrechtzuerhalten und so ein hochwertiges Vorprogramm abschließt.

  1. Matriphagy
  2. Corrode The Black Sun
  3. Uterine Industrialisation
  4. Abysmal Agony
  5. Asura’s Realm
  6. Self Inflicted Violence
  7. Perpetrator Emasculation
  8. Dukkha
  9. Implementing The Metaphysics Of Morals


Nun ist es also Zeit für die Amerikaner FIT FOR AN AUTOPSY. Die Death-Metal-Truppe aus New Jersey betritt mit dem Opener „Hydra“ ihres 2017er-Meisterwerks „The Great Collapse“ die Bühne und ein kollektives Ausrasten nimmt seinen Lauf. Die eingängigen Melodien gepaart mit einer an Gojira erinnernden Rhythmik und prägnanten Lyrics beweisen sich als absolute Live-Granaten. So bildet sich nach den ersten Tönen ein für den Backstage Club beachtlicher Moshpit und auch die Textsicherheit der Fans wird umgehend auf die Probe gestellt. Dass mit „Heads Will Hang“, „Saltwound“ und „Absolut Hope, Absolute Hell“ drei der bekanntesten Songs des Sextetts, das live nur zu fünft ohne Gitarrist Will Putney auftritt, gleich am Anfang des Sets stehen, sorgt für große Begeisterung im Publikum. Die clever in die Songs eingearbeiteten atmosphärischen Parts geben den Fans kurze Verschnaufpausen bevor die Hölle wieder über dem Backstage zusammenbricht. Ebenso beweist sich die Setlist als sehr gelungen: Neben den größten Hits werden im Mittelpart drei Songs des 2013 erschienenen „Hellbound“ zum Besten gegeben, bevor mit „Shepherd“ ein bislang unveröffentlichtes Lied gespielt wird. Gerade die druckvollen Melodien und Riffs entfalten sich am heutigen Abend einwandfrei und auch Sänger Joe Badolato zeigt sich in Bestform. Den sehr guten Auftritten der Supportbands setzen FIT FOR AN AUTOPSY die Krone auf und so kann man getrost sagen, dass die Musik an sich noch beeindruckender ist als der Bart von Gitarrist Tim Howley. Als mit „Black Mammoth“ das letzte Lied des Abends ertönt generieren Band und Fans nochmals ihre letzten Energiereserven und verwandeln den Raum ein weiteres Mal in Ein Tollhaus. Von der Perfomance über den Sound bis zur Songauswahl gibt es an diesem Auftritt somit rein gar nichts zu meckern, nur hätten es gerne noch zwei oder drei Lieder mehr sein können.

  1. Hydra
  2. Heads Will Hang
  3. Saltwound
  4. Absolute Hope, Absolute Hell
  5. Still We Destroy
  6. Tremors
  7. Dead In The Dirt
  8. Shepherd
  9. Iron Moon
  10. Black Mammoth

An einem regnerischen Dienstagabend kann man sich kaum eine schönere Beschäftigung vorstellen, als vier Death-Metal-Bands in einer engen, schwitzigen Location zuzuhören. Dass diese allesamt musikalisch wie auch mit ihrer Performance überzeugen ist dabei noch umso schöner. So würde man nach Abschluss der letzten Klänge drei Bands unrecht tun, wenn man eine Band als absolutes Highlight herauspicken würde. Ein toll zusammengestelltes Package, die intime Atmosphäre durch den kleinen Club und die ständige Präsenz der Bands am Merchstand sowie faire, aber harte Pits sorgen somit für einen Konzertabend, der den Fans noch lange im Gedächtnis bleiben dürfte.

Publiziert am von Silas Dietrich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert