Konzertbericht: Gaahls Wyrd w/ The Great Old Ones, Auðn

12.12.2017 München, Backstage (Halle)

Als Fronter der Black-Metal-Instanz Gorgoroth war der Sänger Gaahl zur Szene-Ikone aufgestiegen. Nach dem verlorenen Namensrechtsstreit gegen Bandgründer Infernus, dem Split des Nachfolgeprojektes God Seed und seinem Ausstieg bei Wardruna war es um den Norweger zuletzt jedoch still geworden. Nun kehrt Gaahl mit seinem neuen Projekt GAAHLS WYRD zurück auf die Bühne – mit von der Partie sind bei der ersten Europa-Tour der Truppe die Franzosen THE GREAT OLD ONES sowie AUĐN aus Island.

Mit schwarzen Jackets und ohne die typischen Black-Metal-Insignien wie Corpsepaint oder Nieten bieten AUĐN einen vergleichsweise untypischen Anblick. Musikalisch passt die Band, die auf Gaahls persönlichen Wunsch Teil des Tour-Packages geworden ist, jedoch gut ins Bild: Der schnell gespielte Black Metal punktet mit guten Riffs, dazwischen streuen AUĐN immer wieder ruhige Clean-Gitarren ein, die gut ins Ohr gehen. Während die Riffs kräftig drücken, klingen die unverzerrten Passagen leider etwas dünn – und auch Fronter Hjalti Sveinsson kann mit seiner sehr reservierten, fast etwas arrogant wirkenden Art nicht viele Sympathiepunkte sammeln. Dennoch ein musikalisch guter Auftritt, für den AUĐN nach 45 Minuten zurecht Applaus und sogar einige Zugaberufe ernten.

Mit THE GREAT OLD ONES folgt um 20:45 Uhr eine der aufstrebenden Bands der französischen Black-Metal-Szene. Worum sich das Bandkonzept des Quintetts dreht, ist nicht schwer ersichtlich: In der Bühnenmitte prangt ein Abbild des Krakenarmigen Fantasy-Gottheit Cthulu, das Backdrop ziert ein riesiges Portrait seines Erfinders H. P. Lovecraft. In sich geschlossen wie das thematische Konzept ist auch der Auftritt von THE GREAT OLD ONES: Mit schwarzen Kapuzen und nur spärlichem Bühnenlicht in blau und grün setzen die Franzosen voll auf mystische Atmosphäre. Mit Erfolg: Abgerundet durch den druckvollen Sound dreier Gitarren und das perfekt aufeinander abgestimmte Stageacting der fünf Musiker wirkt der Auftritt, obwohl musikalisch nicht sonderlich abwechslungsreich, über 45 Minuten packend.

  1. The Shadow Over Innsmouth
  2. When The Stars Align
  3. Antarctica
  4. Visions Of R’Lyeh
  5. The Ascend
  6. Mare Infinitum

Wie groß das Ansehen, das Gaahl in der Szene genießt, nach wie vor ist, zeigt sich schon an der Zuschauerzahl: Rund 250 Fans stehen mittlerweile in der Halle – für einen Dienstagabend mehr als achtbar. Die Erwartungen sind entsprechend hoch. Doch was genau von GAAHLS WYRD zu erwarten ist, weiß eigentlich niemand: Eigene Songs hat die Band bislang keine veröffentlicht. So bekommen die Zuschauer heute statt dessen die eine oder andere Überraschung serviert.

Was zunächst nach einem Intro vom Band klingt, offenbart sich schnell als von Gaahl mit düster-klarer Stimme live vorgetragenes Ständchen – ehe mit dem atmosphärischen „Steg“ der erste Song erklingt. Dass es sich dabei um ein Cover von Gaahls 1992 gegründetem Projekt Trelldom handelt, verrät schon einiges über den Verlauf des Abends: Neben weiteren Trelldom-Nummern haben GAAHLS WYRD nämlich die stärksten Nummern aus der Gaahl-Ära von Gorgoroth (u.a. „Wound Upon Wound“, „Carving A Giant“, „Incipit Satan“) sowie Material von God Seed (u.a. „This From The Past“, „Alt Liv“, „Awake“) im Programm.

Gewohnt bedächtig und stets umgeben von einer einzigartigen Aura kalter Einsamkeit führt Gaahl durch das Best-Of-Set: Unerwartet oft lässt er dabei seine tiefen, klaren Gesang vernehmen, den man bislang – von einigen Ausnahmen wie „Incipit Satan“ abgesehen – vornehmlich von Wardruna, nicht aber von seinen Black-Metal-Projekten her kannte. Ob nun als Folge seiner durch zehn Shows in elf Tagen leicht angeschlagenen Stimme oder als bewusste Neuinterpretation der alten Stücke lässt sich schwer sagen – nach Notlösung klingt das Resultat jedenfalls zu keiner Zeit. Doch nicht nur Gaahl selbst sorgt für eine rundum gelungene Show.

Auch die Band, in der mit Stian „Sir“ Kårstad und Lust Kilman zwei alte Wegbegleiter aus den God-Seed-Tagen mitwirken, weiß bei besten Soundverhältnissen mit einer musikalisch souveränen Darbietung und unübersehbarer Spielfreude zu gefallen. Trotz alledem scheint der Funke heute nicht ganz überzuspringen: Die Reaktionen auf die Songs sind gut, aber nicht euphorisch, die im Publikum gen Hallendecke gereckten Devilhornes lassen sich meist an einer Hand abzählen und spätestens nach zwei Drittel der Spielzeit von insgesamt beachtlichen 90 Minuten leert sich die Backstage Halle merklich. Erklärlich ist das nicht.

  1. Steg (Trelldom-Cover)
  2. Til Minne (Trelldom-Cover)
  3. Slave Til Den Kommende Natt (Trelldom-Cover)
  4. Sign Of An Open Eye (Gorgoroth-Cover)
  5. Awake (God-Seed-Cover)
  6. Aldrande Tre (God-Seed-Cover)
  7. Hoyt Opp I Dyped (Trelldom-Cover)
  8. Carving A Giant (Gorgoroth-Cover)
  9. From The Running Of Blood (God-Seed-Cover)
  10. Lit (God-Seed-Cover)
  11. Alt Liv (God-Seed-Cover)
  12. This From The Past (God-Seed-Cover)
  13. Incipit Satan (Gorgoroth-Cover)
  14. Sannhet, Smerte Og Dod (Trelldom-Cover)
  15. Til Et Annet (Trelldom-Cover)
  16. Exit / Through Carved Stones (Gorgoroth-Cover)
  17. Wound Upon Wound (Gorgoroth-Cover)
  18. Prosperity And Beauty (Gorgoroth-Cover)

Nach den rundum stimmigen Shows von AUDN und THE GREAT OLD ONES bieten GAALS WYRD True Norwegian Black Metal in Reinstform. Dass die Tour vor der ersten Veröffentlichung und ganz ohne neues Material über die Bühne geht, ist natürlich etwas unglücklich. Dafür haben GAAHLS WYRD jede Menge legendäres und – wie im Falle der Trelldom-Stücke – nie zuvor live gehörtes Material dabei, das das Herz jedes Black-Metal-Fans höher schlagen lassen sollte. Die eigentliche Erkenntnis des Abends ist jedoch, dass Gaahl seine Freude am Black Metal wiedergefunden zu haben scheint und GAAHLS WYRD als Band funktionieren – man darf also auf das Debüt dieser Formation gespannt sein.

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