Mai 2019

Review Gaahls Wyrd – GastiR – Ghosts Invited

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Sein starrer Blick ins Publikum und die fast legendäre Sorgfalt, mit der er in Interviews die Worte wählt (Stichwort: „Freedom.“) haben Gaahl auch abseits der Musik zu einer der prominentesten Figuren der Black-Metal-Szene gemacht. Dass er dieser nach dem Bruch mit Gorgoroth, dem Ende von God Seed und seinem Outing zunächst den Rücken kehrte, war deswegen nicht nur musikalisch ein Verlust.

Seit drei Jahren ist Gaahl nun zurück – mit GAAHLS WYRD, einem neuen Projekt, das er 2015 zunächst mit seinem langjährigen Trelldom-Kumpanen Sir ins Leben gerufen hatte. Dieser wie auch Drummer Baard Kolstad sind unterdessen wieder ausgeschieden. Gaahl hingegen scheint in seiner Auszeit wieder genug Motivation gesammelt zu haben, sich davon nicht aufhalten zu lassen. Um Gitarrist Ole Hartvigsen (Kampfar) verstärkt, zeigen GAAHLS WYRD nicht nur verstärkt auf europäischen Bühnen Präsenz, sondern lassen auf die Live-EP „Bergen Nov ’15“ nun auch ihr Full-Length-Debüt folgen: „GastiR – Ghosts Invited“.

Wer GAAHLS WYRD zu dieser Zeit live erlebt hatte, bekam Gaahls Songs aus verschiedensten Schaffensperioden zu hören – Trelldom-Songs, Gorgoroth-Songs und zuletzt auch etwas GAAHLS-WYRD-Material. Schon hier war klar: Ziel von GAAHLS WYRD ist keinesfalls, direkt an diese beiden Bands anzuknüpfen. Und doch ist Gaahls Stil auch auf „GastiR – Ghosts Invited“ nicht nur im Gesang unverkennbar.

Wobei „nicht nur im Gesang“ irreleiten könnte. Denn gerade was den Gesang angeht, experimentieren GAAHLS WYRD auf dem Album am meisten. Bedrohliches Flüstern wie im eröffnenden „Ek Erilar“, kraftvoll forsche Vocals („From The Spear“) und immer wieder Klargesang (z. B. „The Speech And The Self“) geben dem Album einen extrem vielseitigen, spannenden Charakter.

Auch kompositorisch gehen GAAHLS WYRD aufgeschlossener vor als man das von den doch sehr stringenten früheren Projekten kannte. Natürlich gibt es auch hier noch fieses Uptempo-Riffing mit scharfen Screams – gleich im Opener etwa, in „Through And Past And Past“ oder in „Veiztu Hve“, der fast wie ein Mix aus (Gaahls) Gorgoroth und Kampfar klingt. Dass GAAHLS WYRD das können, ist bei der Besetzung keine Überraschung – und tatsächlich können die Norweger hier ordentlich punkten.

Die eigentlichen Perlen auf diesem spannenden Album stehen jedoch zwischen besagten Black-Metal-Songs: Der starke Quasi-Titeltrack „Ghosts Invited“ etwa, „Carving The Voices“ mit seiner pathetischen Leadgitarre und dem fast bedächtigen Drumming, oder das sehr ruhige „Within The Voice Of Existence“, das mit atmosphärischen Cleangitarren, düsteren Pauken und schlussendlich Chören, die an Gaahls Zeit bei Wardruna erinnern, einen mehr als gelungenen Album-Abschluss darstellt.

Das Projekt God Seed war der Versuch, möglichst schnell und unmittelbar da weiterzumachen, wo Gorgoroth als Trio aus Gaahl, King Ov Hell und Infernus aufgehört haben. Von dieser Idee scheint sich Gaahl in den Jahren seiner Black-Metal-Abstinenz gelöst zu haben. Anders als God Seeds „I Begin“, hörbar ein kreativer Schnellschuss, überzeugt „GastiR – Ghosts Invited“ als frisches, mutiges und vor allem ehrliches Album, das keinen Zweifel daran lässt, dass diese Musik stilistisch genau das ist, was Gaahl 2019 machen möchte – auch wenn es nicht jedem Trveheimer gefallen dürfte.

Wertung: 8.5 / 10

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