Konzertbericht: Moonspell w/ Rotting Christ, Silver Dust

15.12.2019 München, Backstage (Werk)

Das Konzertjahr 2019 neigt sich dem Ende entgegen. Kurz vor Weihnachten wird es in München aber noch einmal auf etwas andere Art und Weise „zauberhaft“ und „christlich“: MOONSPELL und ROTTING CHRIST haben sich im Backstage München verabredet, um dort die 50. Show und damit den Abschluss ihrer zweimonatigen Wintertour 2019 zu zelebrieren.

Den Anfang um 19:45 Uhr machen aber zunächst SILVER DUST aus dem französischen Teil der Schweiz. Geboten wird ziemlich schwülstiger Dark-Rock, der mit einer Unmenge an Samples nicht nur untermauert, sondern einzementiert ist: Live-Feeling kommt zwischen den ganzen Synthesizer-Sounds kaum auf. Dazu passt die komplett durchchoreografierte Show der Schweizer, der es von Kostümen bis zu einem Video-Bilderrahmen an keinem Brimborium fehlt. Ein gewisser Entertainment-Faktor ist zwar fraglos gegeben – spätestens beim furios inszenierten Duell Gitarre gegen Orgel (vom Band) wird es dann aber doch lächerlich.

  1. The Unknown Soldier
  2. Shame On You
  3. The Age of Decadence
  4. Forever
  5. Duo Orgue/Guitare
  6. La La La La
  7. The Calling
  8. The Judgement Day
  9. Ave Satani

Das exakte Gegenteil zu dieser Show liefern ROTTING CHRIST: Ganz ohne Accessoirs und Kostüme geht es hier weniger darum, etwas zu zeigen als etwas zu bieten: Energiegeladene, packende Musik. Angetrieben von Themis Tolis‘ kraftvollem und zugleich unaufgeregtem Schlagzeugspiel legen die Athener ab Sekunde Eins los, als wollten sie das Backstage Werk in Schutt und Asche legen. Dass die Band bereits unglaubliche 49 Shows in 52 Tagen hinter sich hat, lassen sich ROTTING CHRIST weder an übermäßiger Routine noch etwaigen Ermüdungserscheinungen anmerken: „Two month on tour, still kicking ass“ bringt es Fronter Sakis nicht ohne Stolz auf den Punkt.

So zeigen sich ROTTING CHRIST zum Tourabschluss noch einmal von ihrer stärksten Seite: Während Sakis den Auftritt so souverän wie sympathisch leitet, zwischendurch allen an der Tour Beteiligten dankt und es sich nicht nehmen lässt, die wichtigsten Helfer auf die Bühne zu bitten, geben die beiden erst in diesem Jahr eingelernten Live-Musiker Kostas Heliotis und Kostis Foukarakis alles: Zu Hits von „Non Serviam“ (1994) bis „The Heretics“ (2019), allerdings mit starkem Fokus auf dem Meisterwerk „Κατά τον δαίμονα του εαυτού“ (2013), schrauben sich die beiden Saiteninstrumentalisten regelrecht die Köpfe von den Schultern – ohne, dass die bei ROTTING CHRIST essenzielle Spielgenauigkeit darunter leidet. Die Publikumsreaktionen auf den rund 65-minütigen Auftritt lassen es erahnen: Vor Moonspell liegt ein ordentliches Stück arbeit, wenn sie hier mithalten wollen.

  1. 666
  2. Dub-sag-ta-ke
  3. Fire, God And Fear
  4. Kata Ton Daimona Eaytoy
  5. Apage Satana
  6. Dies Irae
  7. The Forest Of N’Gai
  8. Societas Satanas (Thou-Art-Lord-Cover)
  9. King Of A Stellar War
  10. In Yumen-Xibalba
  11. Grandis Spiritus Diavolos
  12. Non Serviam

Nach einer so starken, selbstbewussten und mitreißenden Band auf die Bühne zu müssen, ist nie leicht – vor allem, wenn man auch nur im weitesten Sinne vergleichbare Musik macht. So dauert es tatsächlich etwas, bis das zahlenmäßig auch leicht reduzierte Publikum auf den etwas ruhigeren Sound von MOONSPELL anspringt. Mangelndes Engagement kann man den Portugisen dabei wahrlich nicht unterstellen: Ähnlich Silver Dust setzen Fernando Ribeiro und Konsorten stark auf die visuelle Inszenierung – allerdings etwas maßvoller: So wirkt der Auftritt nicht wie ein einziges, großes Theaterstück, sondern wird durch gelegentlichen Requisiteneinsatz eher aufgelockert: Sehr stimmungsvoll etwa wirkt der elegant ausgeleuchtete  Auftritt von Ribeiro zu Showbeginn mit Nachtwächterlaterne, und auch die Pestmaske oder das Vampirkostüm (zu „Vampiria“) später im Set passen perfekt.

Musikalisch bewegen sich MOONSPELL sowieso mit schlafwandlerischer Sicherheit durch ihr Set, das stolze acht Alben abdeckt, vor allem aber natürlich auf Material des aktuellen Albums „1755“ und der Klassiker „Wolfheart“ (1995) und „Irreligious“ (1996) basiert. Die somit automatisch gegebene stilistische Vielfalt und das souverände Auftreten werden durch einen perfekt abgemischten Sound und das rundweg sympathische Auftreten der Band abgerundet: Wie schon Sakis Tolis bedankt sich auch Fernando Ribeiro nicht nur unzählige Male bei den Fans, sondern auch bei allen Helfern dieser langen, aber augenscheinlich für alle Beteiligten sehr zufriedenstellenden Tour. Mit „Full Moon Madness“ endet der Abend schließlich zwar nicht bei Vollmond, aber doch zu vorgerückter Stunde um fast 23:30 Uhr.

  1. Em Nome Do Medo
  2. 1755
  3. In Tremor Dei
  4. Opium
  5. Awake!
  6. Night Eternal
  7. Abysmo
  8. Breathe (Until We Are No More)
  9. Everything Invaded
  10.  Evento
  11.  Mephisto
  12.  Vampiria
  13. Alma Mater
  14.  Todos Os Santos
  15. Full Moon Madness

Wenn zwei Bands mit so viel Bühnenerfahrung und so langer Bandgeschichte aufeinandertreffen wie ROTTING CHRIST und MOONSPELL, kann eigentlich kaum etwas schiefgehen. So auch am heutigen Abend, an dem beide Bands mit extrem starken Shows nicht nur ihre musikalischen Qualitäten, sondern auch ihre Zähigkeit unter Beweis stellen: Selbst die 50. Show in 53 Tagen noch mit so viel Elan und Freude zu spielen, anstatt sie nur routiniert herunterzureißen, verdient höchsten Respekt.

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Ein Kommentar zu “Moonspell w/ Rotting Christ, Silver Dust

  1. War ein schöner Jahresabschluß für mich (allerdings im Hellraiser).

    Silver Dust kannte ich nicht, habe bei der Performance und dem Outfit zuerst auf Italiener getippt; wahrscheinlich weil sie mir wie ein schlechter Fleshgod Apocalypse Verschnitt vorgekommen sind.
    Die Darbietung war wirklich arg theatralisch und kitschig.

    Moospell war gut, aber bei weiten nicht so gut wie auf der letzten 1755-Tour. Irgendwie hat die Energie gefehlt, war aber auch schwer gegen Rotting Christ.

    Gewinner des Abends war eindeutig Rotten Christ, im wahrsten Sinne des Wortes, mitreißend.

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