Konzertbericht: Threshold w/ Dead Soul Tribe

2004-09-11 Andernach, JUZ-Liveclub

Welche Qualen man doch so aufnimmt, um seine Progmetal-Lieblinge mal wieder live zu sehen! Da für mich nur der Wochenendtermin am Samstag, 11.09.2004 im Andernacher JUZ-Liveclub auf der aktuellen Subsurface-Tour in Frage kam, setzte ich mich als frischer Fahranfänger in meinen kürzlich erworbenen Ford Fiesta und nahm die ca. 325 KM lange Strecke nach Andernach auf mich. Da dies die erste längere Tour meinerseits war, war natürlich gehörig Anspannung dabei, was schließlich dazu führte, dass ich für die Route nicht wie berechnet drei Stunden, sondern vier brauchte. Und so verpasste ich bereits ein paar Songs der ersten, lokalen Support Band „Ra’s Dawn“, die erdigen Metal mit sehr rar gesäten Progelementen spielte und ihren Job zwar ordentlich machte, mich jedoch nicht sonderlich begeistern konnte.

Dann enterten nach kurzer Pause Devon Graves und seine Mannen um Deadsoul Tribe die kleine Bühne in der kleinen Halle, in der sich inzwischen wohl etwas mehr als 200 Leutchen eingefunden hatten. Ich kannte vorab lediglich den Song „Some Things You Can’t Return“, den sie dann prompt auch spielten und der mir zusammen mit einer Nummer namens „I Remember“ am besten gefiel. Der Sound war anfangs etwas matschig, da das voluminöse Schlagzeug die geniale Stimme von Devon sehr übertönte, was aber nach ein, zwei Songs behoben wurde. Was habe ich von dem Auftritt der Jungs mitgenommen? Die Musik fand ich in Ordnung, sie erinnerte mich im Wesentlichen an Tool mit etwas mehr Metalanteilen. Handwerklich und spieltechnisch war das alles einwandfrei. Viel mehr als die Songs an sich hat mich jedoch das Auftreten von Devon Graves begeistert: Der Mann ist ein absoluter Charakterkopf, lebt und fühlt seine Musik. Man merkt förmlich, dass er eins mit ihr ist, was auch durch entsprechende „psychedelische“, kreisförmige Bewegungen und bestimmte Gestik und Mimik äußerlich sichtbar ist. Als er schließlich neben seinem genialen Gesang auch noch die Gitarre mit einem Geigenstock spielte und seine Querflöte rausholte, war die Sensation perfekt. Definitiv ein Auftritt, der lange in Erinnerung bleibt.

Nach recht kurzer Umbauphase enterten dann also meine Heroes von Threshold die Bühne und begannen ihr Set mit den ersten beiden Songs vom neuen Longplayer: „Mission Profile“ und „Ground Control“. Der Sound war glasklar und nicht zu laut, Mac’s Gesang kam gut rüber, lediglich Richard Wests Keyboards waren für meinen Geschmack etwas zu leise. Die etlichen „Album des Monats“-Auszeichnungen mussten doch ihren Einfluss hinterlassen haben: Neben der Tatsache, dass erstaunlich viele Besucher da waren (meine ersten beiden Threshold-Konzerte waren mit 60 – 80 Leuten doch eher rar besucht!), traf man auch einige Fans an, die viele Passagen erstaunlich textsicher mitsangen. Das wäre vorher bei Threshold nie möglich gewesen. Unter diesen Voraussetzungen war es vielleicht nicht falsch, dass Threshold sich entschieden, hauptsächlich Songs von ihren letzten drei Studioalben zu spielen. Generell habe ich da absolut nichts gegen, der Gassenhauer und Fan-Klassiker „Paradox“ hätte dann aber doch sein dürfen. Dafür gab es zur Freude vieler Zuhörer eine Menge epischer Longtracks, unter anderem „Art Of Reason“ vom neuen Album und den wohl härtesten und schnellsten Threshold-Song ever: „Ravages Of Time“. Die Performance an sich war ebenfalls äußerst beeindruckend: Während Mac ausnahmsweise nicht ein einziges Mal seinen Text vergessen hat, machte vor allem der „Drummer vor dem Herrn“ Johanne James einmal mehr deutlich, dass ein Ende der Dynamik- und Powersteigerung seines Spiels nicht in Sicht ist. Echt phänomenal, wie der sein Kit „verkloppt“. So wirkten die Songs noch eine ganze Spur härter, als dies ohnehin schon auf den Studioalben der Fall ist. Neuzugang Steve Anderson am Bass macht mittlerweile auch einen sehr guten Eindruck: War sein Spiel schon immer über jeden Zweifel erhaben, so wirkt er erst jetzt richtig in die Band eingegliedert – und dokumentiert das mit einigen rockstarmäßigen Posereien. Auch Gitarrist Karl Groom macht bei diesem Spielchen mehr als je zuvor mit und verzaubert wieder durch wunderschöne Solobeiträge. Gewohnt zurückhaltend aber musikalisch nicht weniger zufriedenstellend geben sich der zweite Gitarrist Nick Midson und Keyboarder Richard West. Eine uneingeplante Showeinlage gabs vom Sänger der vorher aufgetretenen Ra’s Dawn: Der entschied sich spontan, die Bühne zu entern und bewies, dass man auch bei Threshold auf Stage-Diving-Einlagen nicht verzichten muss. Mitten im Konzert gesellte sich auch Devon Graves unter die headbangende und luftgitarrenspielende Menge und führte ein bisschen Smalltalk mit einigen Fans. Meine persönlichen Highlights waren die beiden Gassenhauer „Opium“ und „Long Way Home“, welches langsam aber sicher die Position von „Paradox“ einzunehmen scheint. Nach 11 Songs, zwei Zugaben und einer Spielzeit von ungefähr 1 ¾ Stunden war der Spaß dann auch schon wieder vorbei.

Setlist Threshold:
– Mission Profile
– Ground Control
– Ravages Of Time
– Freaks
– Echoes Of Life
– Long Way Home
– Opium
– Falling Away
– Pressure
– Art Of Reason
– Light And Space
————————–
– Flags & Footprints
– Fragmentation

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