Konzertbericht: Wardruna

01.12.2022 Berlin, Theater am Potsdamer Platz

Wardruna Berlin 2022

WARDRUNA sind ein Phänomen, nicht weniger. Im Zuge der European Tour 2022 beehrt die Gruppe rund um Einar Selvik Deutschland nur ein einziges Mal. Am 01.12. waren die Norweger im Theater am Potsdamer Platz in Berlin zu Gast und sollten erneut ihre ungebrochene Faszination ausüben können.

Als die Pforten des Theaters um 19 Uhr öffnen, wartet außen bereits ein zahlenmäßig ansehnliches Publikum. Insgesamt finden sich 1500 Fans jeglicher Couleur ein und nehmen ihren Platz ein. Das Konzert von WARDRUNA findet vor sitzendem Publikum statt – im Laufe des Abends erweist sich dies als äußert gelungen und der Atmosphäre zuträglich, weil der Fokus dadurch alleine auf der Bühne lag. 2022-12-01 Wardruna, Theater am Potsdamer Platz, BerlinMit leichter Verspätung schälen sich die Umrisse von Einar, Lindy und ihren Instrumentalisten aus der Dunkelheit der Bühne. Eingesaumt von den bereits bewährten weißen Vorhängen und mit einer Videoprojektion über den namensgebenden weißen Raben beginnt das Konzert mit „Kvitravn“ vom aktuellen Album. Ab der ersten Sekunde herrscht im gesamten Konzertsaal eine zum Schneiden dichte Atmosphäre, die die Anwesenden regelrecht einsaugen. Gebannt von der Darbietung auf der Bühne entfährt dem Publikum während der Lieder kein Mucks.

Dabei spielt der sehr gute Sound im Saal eine entscheidende Rolle: der Ton ist nahezu perfekt abgemischt und glasklar, lediglich kleinere basslastige Passagen schrammen knapp am Dröhnen vorbei. Gerade in den Titeln, in denen Lindy -Fay Hella hinzukommt, entsteht ein Klang, der regelrecht Gänsehaut beschert. Das Eintauchen von Lindy und Einar in ihre Musik und den Moment verstärken dieses Empfinden noch weiter. Auch visuell ziehen WARDRUNA alle Register: Das Licht auf den Vorhängen ist grandios mit den Songs abgemischt, während die Videowand im Hintergrund sehr bedacht und passend eingesetzt wird. So ist die Bühne während „Solringen“ in warmes Gelb getaucht, während im Hintergrund besungener Sonnenring projiziert wird.

2022-12-01 Wardruna, Theater am Potsdamer Platz, BerlinBeim immersiven „Isa“ fällt die Beleuchtung in ein kühles Blau. Immer wieder verdunkelt sich alles, während nur Einar oder Lindy im einzelnen Spotlicht stehen. Das Blasen der Hörner wird ähnlich in Szene gesetzt, sodass der Schatten perfekt inszeniert auf die Rückwand fällt und übergroß erscheint. Die Darstellung wirkt dabei nie übertrieben oder verkommt zum Selbstzweck, sondern unterstreicht an den passenden Stellen mit viel Feingefühl.

Obgleich während des gesamten Konzerts der Austausch zwischen Künstler und Publikum eher nonverbal stattfindet und es keine Ansagen zwischen den Stücken gibt, ändert sich das schlagartig, nachdem der Choral von „Odal“ verklungen ist: Die Besucher verfallen, sich aus den Sitzen erheben, frenetischem Applaus und Jubel. Beides berührt WARDRUNA – allem voran Einar Selvik – sichtlich. Es dauert allerdings, bis dieser endlich zu Wort kommt, nachdem er mehrfach versuchte gegen den Jubel anzusprechen.

2022-12-01 Wardruna, Theater am Potsdamer Platz, Berlin

Einar gibt Einblicke in die Entstehungsgeschichte und den Hintergrund des folgenden Stückes. Er gibt Einblicke in seine Motivation und offenbart Gedanken hinter der Musik von Wardruna. Seine Worte „It’s not about the thought ‚my culture is better then yours‘ and all that bullshit. It’s all the same. We are the same…“ treffen auf große Zustimmung. Als er den Titel der Zugabe als „Helvegen“ enthüllt, ergießt sich ein weiterer Schwall tosenden Beifalls. Nach „Helvegen“ verabschieden sich die weiteren Mitglieder von WARDRUNA von der Bühne. Einzig Einar bleibt und gerät ins Reden. Er schweift aus und wünscht sich insgesamt mehr Gesang: „You need to sing more – it is medicine for you. Well…. maybe not for your neighbors. It doesn’t need to be beautyful as long as you do it, as long as it comes from your heart“. Er gibt zu, dass der Redeschwall daher rührt, dass er einfach überwältigt sei, bevor er abschließend „Voluspá“ in der Scaldic Version zum Besten gibt.

2022-12-01 Wardruna, Theater am Potsdamer Platz, Berlin

Leider ist damit nach ca. zwei Stunden Schluss. Der klangliche Ausflug in andere Welten gelingt abermals und zurück bleibt ein zutiefst bewegtes und mehr als dankbares Publikum, von dem sich eine Band verabschiedet, die einen fantastischen Abend bereiten und auch selbst genießen konnte. Sind WARDRUNA auf Tonträgern schon beeindruckend, beweisen sie erneut mit viel Herz, dass sie live einfach ein Erlebnis sind, das keinem der Anwesenden so schnell in Vergessenheit geraten dürfte.

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Fotos von: Andreas Brückner

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