Review Anaal Nathrakh – Domine Non Es Dignus

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2004
  • Spielart: Extreme Metal

Na, mal wieder schlecht gelaunt? Reden die Vorgesetzten in der Arbeit nur von Kürzungen und Verzichten und gehen die Kollegen auf die Nerven? Ist dir der Penner in der U-Bahn wieder auf den Fuß gestiegen und hat sich nicht entschuldigt? Ist der billige Ledergürtel wieder an der Lochstelle gebrochen? Verreckst du dutzendfach an der gleichen bockschweren Stelle bei Prince Of Persia? An dieser Stelle setzen ANAAL NATHRAKH ein. Eine Runde „Domine Non Es Dignus“, und alles ist wieder vergessen und gutt! Die Scheibe ist die purste Therapie für strapazierte Nerven.

Für alle Nerven? Nein, mitnichten. Denn wenn man ANAAL NATHRAKH zur akustischen Wuttherapie heranziehen will, müssen die eigenen Ohren erstmal einiges mitgemacht haben. Die Briten präsentieren einen extrem heftigen Mix aus Black und Death Metal sowie Grindcore und ein wenig Industrial und Speed Metal. Das klingt nach Chaos, und das bekommt man auch, diese 41 Minuten sind der reinste musikgewordene Wahnsinn. „I Wish I Could Vomit Blood On You… … People“ verraten sie uns durch ihr Intro. Wer will das nicht? Wir wohl alle mal, und die Briten wünschen es sich nicht nur, sondern tun es hier auch kräftig. Und das ist wörtlich zu nehmen, ist in diesem zweiminütigem Noise-Chaos doch eine tatsächlich aufgenommene Kotz-Szenerie eingebaut. „The Oblivion Gene“ legt im Anschluss daran gleich richtig los und beginnt mit klassischster Trash/Black-Einleitung. Nach einer halben Minute hat sich das geordnete Riffing aber verabschiedet, instrumentale Anarchie scheint einzusetzen, wenn alle Instrumente anfangen, erbarmungslos zu knüppeln und sich zu duellieren, während ganz nebenbei neue Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt werden.

Das mag sich planlos und konfus anhören, und auch wenn es das teilweise tatsächlich zu sein scheint, denn ANAAL NATHRAKH bzw. Irrumator sind Meister ihrer Instrumente und Schöpfungen. Diese haben nämlich etwas, was vielen sogenannten extremen Bands fehlt: Intensität, Brutalität, Härte und massenhaft Energie. Man wird von den Kompositionen förmlich weggeblasen und gefangen genommen, sie reinigen dich von Wut und Aggressionen oder führen den Wahnsinn erst Recht in dich ein.
Es herrscht allerdings nicht nur Chaos, es finden sich unzählige Melodielinien, die aber natürlich nicht alle beim ersten Hören direkt in Ohr hüpfen und oft schnell wieder von der extremen Grundstimmung in den Hintergrund gedrängt werden. Während vor allem zu Beginn der Scheibe viel in Höchstgeschwindigkeit gerast wird, ist die zweite Hälfte etwas gemäßigter und lässt mehr Spielraum für Melodien… So kann man das eigentlich aber gar nicht sagen, denn „Domine Non Es Dignus“ ist in jeder Minute extremer als mindestens 95% dessen, was sich heutzutage Extreme Metal schimpft. Durch die immer wieder eingestreuten, aber dennoch glücklicherweise nicht überhand nehmenden, Samples und Industrial-Parts macht die ganze Chose noch ein gutes Stück bedrohlicher und heftiger.

Neben der gnadenlosen Instrumentalfraktion, alles übrigens eingespielt von Irrumator, ist der Gesang sehr wichtig bei den Briten. V.I.T.R.I.O.L. liefert eine unfassbare Leistung ab und lässt abgrundtiefe Growls, absolut kranke Schreie, verzerrte angsteinflößende Geräusche und einige klassische „Uh“’s auf den Hörer los. Der Kerl muss bei den Aufnahmen eine verdammte Scheißlaune gehabt haben. Als krasses Gegenstück dazu steht herrlicher opernhafter Gesang, der beim Überkracher und absoluten Anspieltipp „Do Not Spear“ und dem für Bandverhältnisse schon beinahe ohrwurmigen „This Cannot Be The End“ großartig eingesetzt wird und einen krassen Kontrast bildet.

41 Minuten und 25 Sekunden sind rum, die letzten Töne von „Rage, Rage Against The Dying Of The Light“ sind aber mitnichten ein Abspann, bis zur letzten Sekunde wird brutal geknüppelt. Klar ist, „Domine Non Es Dignus“ ist ein gewaltiges Meisterwerk der extremen Musik. Nun stellt sich nur die Frage, ob deine Nerven auch stark genug sind, um diese Sitzung unbeschadet zu überstehen und es als Wut- und Aggressionstherapie heranziehen kann. Im Extremfall könnte eine ANAAL-Therapie auch vor einem Amoklauf schützen. Dafür ist das Zweitwerk von ANAAL NATHRAKH nämlich wirklich bestens geeignet. Wenn nicht, dürfte man sich nun reichlich mit ausgespieenem Blut bedeckt fühlen

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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