Review Das Niveau – Lose Album

Wer kennt sie nicht: die unzähligen unlustigen Gaukler und Barden auf mittelalterlichen Märkten, die sich vor ca. 10 Zuschauern zum Affen machen, und letztlich darüber verwundert sind, warum es keinen interessiert. Doch dann gibt es eben jene seltenen Ausnahmen, die sogar nicht-mittelalterlich begeisterte Menschen zum Lachen bringen. Darf ich vorstellen: Heute singt für sie DAS NIVEAU.

Dieser zugegebenermaßen fragwürdige Wortwitz ist vom Unterhaltungsfaktor allerdings weit unter (fast) allem, was sich auf dieser CD befindet. Das bunte Sammelsurium unterschiedlicher Thematiken reicht von der Namenssuche und Korpulation über den hemmungslosen Alkoholgenuss bis hin zu fiesen Mordanschlägen beim Urinieren. Die zu keiner Zeit erzwungen lustigen Erzählungen werden vom Duo Spieß/Vogelsang lediglich durch ein paar Gitarrenakkorde und gezielte „Soundeffekte“ ausgeschmückt. Das ist allerdings völlig zweckmäßig und ausreichend, denn der Charme der Texte und Interpreten ist im Genre der mittelalterlichen Unterhaltungsmusik ungeschlagen. Hier schlummern zwei Talente, die nur darauf warten, bis sie entdeckt werden und die großen Bühnen der bekannten Märkte stürmen können. Allerdings kann Das Niveau auch anders:

Mit „Der letzte Stern“ und „Randerscheinung“ haben es sogar zwei ernsthafte Stücke auf das Lose Album geschafft. Diese stehen den Angriffen auf die Lachmuskeln qualitativ im Nichts nach. So sehr wie man über den waghalsigen Wortwitz in „Beim Pissen gemeuchelt“, „Die Frage“ und „Der Morgen danach“ lachen kann, so sehr regen die beiden tiefsinnigen Texte über den Tod und das Spielmannsdasein teilweise zum Nachdenken an. Obwohl es der Albentitel nicht impliziert, handelt es sich hierbei um absolut niveauvolle Gitarrenmusik im Singer/Songwriter-Stil und ein unerwartetes zusätzliches Plus des gesamten Albums, da diese ernsthaften Stücke keinesfalls stören oder deplatziert wirken, sondern sich musikalisch überraschend nahtlos in das Gesamtwerk einfügen.

Sucht man Parallelen zu bekannten Mainstreamgrößen, so bieten sich am ehesten Otto Waalkes und Jürgen von der Lippe an. Doch hinter Das Niveau versteckt sich keine verjüngte Version dieser beiden in die Jahre gekommenen Comedians mit ihren ebenso alten Zoten. Vielmehr erwarten den Hörer elf unterschiedliche Stücke mit unerwarteten Pointen, einer großen Portion gute Laune und unendlich viel Charme. Da ich mir eine Steigerungsform dieser Musikform nicht vorstellen kann, mir keine Kritikpunkte jedweder Art einfallen wollen und „die deutschen Tenacious D“ (O-Ton Cover) sich vielseitiger zeigen als man es zunächst erwarten konnte, vergebe ich guten Gewissens eine meiner seltenen Höchstwertungen für das Lose Album.

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