Review Das Niveau – Woniniwowa

Erst war es im Studio niveauvoll, dann niveaulos. Oder doch nicht? Jedenfalls bringt DAS NIVEAU in Form des Bardenduos Sören Vogelsang und Martin Spieß mit ihrer ersten Live-CD Niveau dahin, wo es angeblich noch nie war. Oder kurz: Niwowoniniwowa – konkret in das Vorprogramm von Saltatio Mortis, denn auf ihrer Support-Tour für die Karlsruher ließen die beiden Berliner das Material für ihre erste Live-Veröffentlichung in verschiedenen Städten mitgeschneiden. Und fernab vom Studio erweist sich die deutsche Antwort auf Tenacious D als weit ausgelassener als es die beiden bisherigen Produktionen nahelegen.

Das Niveau ist flexibel, sowohl im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Die große Kunst besteht darin, als Band trotz oder eben gerade wegen Texten wie „Ficken“, „Scheiße gelaufen“ oder „Lieder übers Vögeln“ ernst genommen zu werden. Und das Duo Spieß/Vogelsang gibt sich redlich Mühe dabei, sich in der hiesigen Mittelalterszene immer mehr zu etablieren. „Woniniwowa“ zeigt größtenteils, warum das so ist: So improvisieren die beiden Sänger rund um ihre unterhaltsamen Songs und verquatschen manchmal minutenlang ihre Spielzeit. Und hier kommen wir zur Krux des Projekts: Denn entweder man liebt es oder man hasst es. Einen Zwischenweg scheint es nicht zu geben, zumindest derzeit. D.h. alle Anhänger des Vollen und Losen Albums, kommen auch bei „Woniniwowa“ auf ihre Kosten. Alle anderen werden vermutlich auch allergisch auf die teils ausufernden Diskussionen mit Fans, die ständigen Unterbrechungen und die sonstigen Ulkereien reagieren. Schließlich verkörpern Sören und Martin bei ihren Ansagen genau den Humor, die ihre Lieder bereits mehr als deutlich kennzeichnen. Und das ist gut so.

Zu den Highlights der CD zählt eindeutig das zweigeteilte „Für den Frieden“, welches in einer Stadt kurzfristig dem schnelleren, namensgebenden Stück „Woniniwowa“ geopfert wurde, nur um dann andererorts an genau jener Stelle fortgesetzt zu werden, wo es beim ersten Mal unterbrochen wurde. Andererseits beweisen die beiden Musiker erstmals ihr Improvisationstalent im Rahmen der sogenannten Niveauisationen auf CD: Gemäß Konzept lässt sich Sören hierbei vom Publikum willkürlich einen Begriff und eine Tonart nennen, aus denen er dann zusammen mit Martin ein neues Lied bastelt. Dass auf einer Saltatio Mortis-Tour der Name des Headliners nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Trotzdem hat man von den beiden Künstlern schon stärkere Improvisationskompositionen als „Das eklige Tafelwasser“ gehört. Vielleicht passt diese Idee auch generell besser in den Marktkontext, wo DAS NIVEAU sich zu einer festen Instituition auf dem Mittelalterlich Phantasie Spectaculum gemausert haben.

Generell hätte ein Live-Album des Spaß-Duos mit Esprit auch ein paar Impressionen von den Marktbühnen der Bundesrepublik vertragen können. Dort wären allerdings die Aufnahmebedingungen wohl weit weniger prickelnd gewesen als auf der Hallentour im Vorprogramm der Totentänzer. Entsprechend gelungen ist der Klang, so dass selbst die Zwischenrufe größtenteils verständlich sind. Langfristig leidet der Unterhaltungswert abseits der bereits bekannten Kompositionen im Live-Gewand bestenfalls daran, dass Situationskomik eben nicht unbegrenzt oft wiederholbar und lustig ist. Das tut der Qualität allerdings keinen Abbruch, sind Sören und Martin doch erwiesenermaßen in der Lage, sich immer individuell auf ihr Publikum einzustellen – wie diese CD an verschiedenen Orten beweist.
Kurzum: Auf „Woniniwowa“ präsentiert DAS NIVEAU Altbewährtes von einer neuen musikalischen und erzählerischen Seite. Besonders deutlich wird hierbei, wieviel Spaß die beiden an ihrer Arbeit mit eindeutigen Zweideutigkeiten haben, wenn sie dafür direkte Reaktionen von ihren Zuhörern ernten. Selbst wenn hierdurch die eigentliche Musik vielleicht ab und an zu kurz kommt. Auf Ernsthaftigkeiten wie „Der letzte Stern“ hat DAS NIVEAU wohl bewusst verzichtet. Und so tut das Album letztlich das, was es soll: Unterhalten!

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