Review Finntroll – Blodsvept

Gott (oder sollte man besser sagen: Odin) sei Dank gibt es noch Bands, die sich selber nicht ernst nehmen und es schaffen, lustige Musik zu machen, ohne dabei deren Qualität zu vernachlässigen. Dass dies gerade im meistens viel zu kitschigen, zu durchschaubaren und von Fans und Musikern entschieden zu ernst genommenen Viking-/Pagansektor der Fall ist, ist sogar noch schöner – auch wenn FINNTROLL mit diesem Label sicherlich nicht ausreichend beschrieben sind. Auch wenn die Bandmitglieder auf ihrem mittlerweile sechsten Longplayer „Blodsvept“ zeigen, dass sie einst ein Vorreiter eines mittlerweile an Nacheiferern kaum noch überschaubaren Genres waren, zeigt sich die Band hier so vielseitig wie nie zuvor und beweist, dass sie spätestens jetzt ihre ganz eigene Musikrichtung ausmacht. War „Ur Jordens Djup“, das erste Album nach dem Einstieg von Sänger Vreth, noch eine überzeugende Rückkehr zu ihren schwarzmetallischen Wurzeln, konnte die Band auf ihrem letzten Album „Nifelvind“ nicht wirklich beim Versuch überzeugen, den Spaß bei gleichbleibender Härte zurückzubringen und neue Einflüsse (wie beispielsweise Klezmer oder orientalische Klänge) in ihre Musik einzuführen. Stattdessen klang dieses Album beinahe ziellos und überproduziert. Auf „Blodsvept“ machen FINNTROLL es nun wesentlich besser: Der Spaß ist zurück, die neuen Einflüsse zünden auf Anhieb und die Band stellt einen Groove wie noch nie zuvor zur Schau.

Zur Begrüßung gibt es diesmal kein pathetisches Intro, sondern – wie in guten alten Zeiten – den Urschrei eines Trolls. Der daran anschließende Opener „Blodsvept“ reißt mit treibendem Schlagzeug, einer unverschämt eingängigen Melodie, fetten Gitarrenriffs, Vreths aggressivem Growlen und raffinierten Rhythmusspielereien sofort mit. Erst kurz vor dem Ende des Songs drosselt die Band das Tempo ein wenig und präsentiert plötzlich einen Paganteil, der in dieser Form als Blaupause für das ganze Genre fungieren kann. Während man zu Beginn des folgenden „Ett Folk Förbannat“ noch annehmen könnte, dass hier ein weiterer straighter FINNTROLL-Song folgt, setzt nach 30 Sekunden plötzlich eine hektische Gitarre ein, die auch in einem Videospiel aus den 80er-Jahren nicht stören würde und stark an die Titelmelodie von Inspector Gadget erinnert. Bereits jetzt ist klar, dass die Band das Tempo ordentlich angezogen hat und sich in beinahe punkigen Gefilden bewegt. Dementsprechend überrascht es auch nicht, dass „Häxbrygd“ mit seinen Geistersounds und Trompeten weniger an Metal, sondern vielmehr an die härteren Songs von Skapunkbands wie Ska-P erinnert.

Wenn man glaubt, dass das schon abgefahren wäre, hat man allerdings nicht mit Nummern wie dem unvorstellbar groovenden Dixie-/Swing-/Metal-Ungetüm „Mordminnen“ oder dem nahezu panischen „Skogsdotter“ gerechnet: Als wäre es nicht genug, dass hier zunächst eine wahnsinnig gewordene Gitarre den Song unterbricht, kollidieren daran anschließend wild rennende Banjos miteinander, nur um auf einmal dem FINNTROLL-typischen Humppa-Metal den Weg freizumachen. Diese beiden Songs sind der deutlichste Ausdruck des durchgängig fetten Grooves auf „Blodsvept“, der anzeigt, dass die finnischen Trolle sich scheinbar aus ihrer skandinavischen Heimat in die Sümpfe der amerikanischen Südstaaten zurückgezogen haben. Dass sich bei all dem Wahnsinn Songs wie das eher ‚traditionelle‘ „Fanskapsfylld“ oder der mächtige Abschlusstrack „Midvinterdraken“ nahtlos in den Sound von „Blodsvept“ einfügen, liegt zum einen an der dreckig gehaltenen Produktion, welche FINNTROLL sehr gut zu Gesicht steht, spricht aber zum anderen auch für die große Klasse des Songwritings der Band.

FINNTROLL waren schon immer dann am Besten, wenn sie ihre ‚ernsten‘ und lustigen Seiten vermischt haben. „Blodsvept“ hebt dieses Prinzip auf ein ganz neues Level und wird alle Fans glücklich machen, die an den ersten beiden Alben ihren Spaß hatten und gleichzeitig übertriebenen Elementen des Bandklassikers „Nattfödd“ etwas abgewinnen konnten. Auch wenn „Blodsvept“ weniger Black Metal beinhaltet als die beiden Vorgänger, verzichtet die Band hier nicht auf Härte, sondern macht dieses Element durch hohes Tempo und Rhythmusspielereien wett.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert