Interview mit Samuli "Skrymer" Ponsimaa von Finntroll

Ein durch seinen Deutschlandaufenthalt offenbar alkoholisch gebeutelter Skrymer stand Rede und Antwort zum neuen FINNTROLL-Album „Nifelvind“, dem miesepetrigen Vorgängeralbum, den demaskierten KISS und den überquellenden Rock the Nation Tour Line Ups.

Hy! Grüß dich. Danke fürs Interview erstmal! Lass uns doch gleichmal zum neuen Album kommen, deswegen reden wir ja. Für die vermutlich überwiegende Anzahl unserer Leser, die kein schwedisch sprechen, könntest du kurz den Inhalt der Songs auf „Nifelvind“ zusammenfassen? Gibt es ein Konzept?
Ja, danke dir. Okay, also diesmal gibt es eigentlich kein Song-übergreifendes Konzept wie auf den vorangehenden Alben, wo wir zumindest immer ein paar Sachen hatten, die zusammen eine große Geschichte ergaben. Diesmal steht jeder Song eher für sich alleine. An sich sind aber alles moderne Versionen sehr alter Geschichten, die sich aber in ihrer Essenz niemals ändern. Die Geschichten bleiben die selben, nur die Namen sind anders.

Hast du eine persönliche Verbindung zu den Texten?
Hm, schwierig, unser erster Sänger Katla schreibt ja alle Texte, der weiß besser, was er genau jeweils ausdrücken wollte. Aber ja, ich stimme dem Inhalt der Texte schon zu. Wir reden natürlich auch immer darüber. Ich finde, Texte sind auch eine wirklich wichtige Sache für die Musik. Weißt du, ich lese auch manchmal wirklich dumme Texte, die dem Fass einfach den Boden ausschlagen und die Musik dann schlecht dastehen lassen. Aber das ist nur meine Meinung.

Okay, wir kommen nachher nochmal kurz darauf zurück. Wenden wir uns nun mal dem musikalischen Aspekt des Albums zu. Wann habt ihr angefangen, die Musik zu schreiben und wie ists bezüglich des Schreibens abgelaufen, habt ihr alles in Teamwork hervorgebracht oder gab es eine oder mehrere Hauptkomponisten?
Also an diesem Album begannen die Arbeiten etwa vor einem Jahr. Da sind wir zu Trollhorn nach hause gegangen. Davor hatten wir Ideen bzw. Riffs zuhause aufgenommen, durch die moderne Technologie hat ja jetzt jeder ein Aufnahmestudio zuhause – Stecker rein und los.Ne, wie auch immer, also wir haben diese Sachen aufgenommen, uns dann in seinem Haus getroffen, Bier getrunken und das Zeug angehört. Dabei haben wir Fragen geklärt wie: In welche Richtung sollen wir gehen, welches Riff gut und welches einfach nur scheiße ist und sowas. Ja, da ging es los und von da an hatten wir Treffen auf Treffen und haben begonnen, die Songs aufzubauen. Trollhorn machte dann Demo-Versionen aller Songs, auch deshalb, weil er für dieses Album den Großteil der Lieder geschrieben hat. Er hat dann also diese Demos gemacht, sie dann herumgeschickt, und dann macht sich jeder so seine Gedanken: „Wie spiele ich dieses Riff“, „Könnte ich das hier nicht ein bisschen anders spielen“ usw.
Wenn wir dann ins Studio gehen, sind die Demos eigentlich nur ein grober roter Faden von dem, war wir tun möchten, erst dort beginnen die Songs, ein Eigenleben zu entwickeln.

Ihr schnipselt die Songs also im Wesentlichen am PC zusammen?
Naja, also die Sachen sind schon wirklich eingespielt und so, so ist es nicht. Aber gut, klar, heutzutage hat jeder sein eigenes kleines Aufnahmestudio zu Hause, du steckst den Stecker ein und los geht’s. Genau, dann haben wir also diese groben Richtlinien für den Song und dann fangen wir an ihn aufzunehmen, wo es dann auch schonmal passieren kann, dass ganze Passagen gestrichen werden, die als Demo geklappt haben, live und mit echten Instrumenten gespielt dann aber daneben wirken. Oder, dass wir uns entscheiden, dass bestimmte Melodien mit anderen Instrumenten gespielt werden sollen. Auf diesem Album haben wir zum Beispiel eine Menge Keyboardpassagen herausgenommen, wie bspw. Keyboardchöre o.ä., das Keyboard ist diesmal hauptsächlich für Melodien verantwortlich, ich würde das Album auch insgesamt als Riff-orientiert beschreiben.

Klingt, als hättet ihr bei Beziehen des Studios noch eine Menge Arbeit vor euch.
Ja, allerdings. Aber das ist normalerweise auch der Zeitpunkt, an dem der Spaß beginnt. Bei manchen Sachen denken wir uns „Man, sowas kannst du nicht auf ein Metal-Album“ packen, und das ist dann genau der Grund, warum es doch drauf muss und wir uns den Arsch darüber ablachen. Ich meine, natürlich muss alles irgendwie zusammenpassen und gut klingen, aber andererseits ist Musik auch dafür da, Spaß zu haben.

Wenn du mal mit dem Vorgänger-Album vergleichst, wie würdest du den musikalischen Wandel beschreiben?
Nun, ich denke, das war ein natürlicher Prozess. Klar, desto mehr Shows du spielst, desto eher weißt du, was dir Spaß macht zu spielen. Und natürlich entwickelst du dich als Musiker weiter, du kannst schwierigere Riffs umsetzen usw.. Für mich zum Beispiel ist dieses Album sicher das anspruchsvollste, da sind auch der Gitarre ziemlich schnelle, krasse Sachen dabei.

Meiner Meinung nach war die Produktion auf dem Vorgänger viel rauer und düsterer. Würdest du mir zustimmen? Und wenn ja, war die Produktion auf das Album zugeschnitten, oder mehr den Gegebenheiten im Studio entsprechend?
Ja, da würde ich auf jeden Fall zustimmen. Ich glaube aber, diese Produktion war eher durch die Phase bedingt, in der sich die Band damals befand. Wir mussten uns von unserem alten Sänger trennen, und es hat sich keiner hat sich mehr so richtig wohl in der Band gefühlt. Zum Glück kam dann Mr. Vreth in die Band, der uns gewissermaßen ins Leben zurückgeholt hat. Und ich glaube, man kann den Unterschied auch wirklich hören. Ich persönlich mag zwar beide, aber dieses ist wieder ein bisschen fröhlicher und wir hatten mehr Spaß daran. Natürlich hatten wir auch am Vorgänger Spaß, aber ich fühle mich bei diesem schon nochmal deutlich besser.

Wenn du eure bisherigen Alben so anschaust, würdest du sagen, es gibt eine grobe Richtung, in die sich FINNTROLL über die Alben hinweg bewegen?
Ne, nicht wirklich. Ich meine, wir wollten und haben uns nie in irgendwelche Schubladen stecken lassen, was uns immer die Möglichkeit ließ, frei in dem zu sein, was wir tun.

Kommen wir mal zum Cover. Das erste, was ins Auge fällt, ist der neue Schriftzug. Warum habt ihr dafür entscheiden? Wolltet ihr euch dadurch von den vorigen Alben abgrenzen, oder wart ihr nur genervt vom alten Logo?
Oh, das ist kein neues Logo, das ist nur für das Albumcover. Es ist ja auch direkt ins Artwork reingemalt, also auch wirklich Teil der Gestaltung. Ich hatte das Gefühl, dass das ganz gut zu dem Rahmen außenrum passt, aber wir werden unser altes Logo schon beibehalten.

Wenn ich richtig informiert bin, hast du das Cover ja selbst gemacht. Machst du das nur für Finntroll, oder bietest du das auch anderen Bands an?
Also ich würde Cover für Bands machen, die danach fragen, aber das machen nur wenige. Ich habe welche für Moonsorrow gemacht und eines für The Scourger, eine Thrash Metal-Band, dann eines für Glittertind aus Norwegen. Nicht so viele eigentlich, ich glaube, das Problem ist, dass die Leute denken, dass ich nur Trolle malen kann. Was nicht der Fall ist.

Aber deine Hauptarbeit diesbezüglich gilt dementsprechend dann schon FINNTROLL?
Mh, ja, aber das, was ich wirklich male, hat eigentlich überhaupt nichts mit Trollen zu tun. Ich betätige mich durchaus auch abseits der Musik künstlerisch.

Kann man das irgendwo ansehen?
Nicht wirklich. Weiß nicht, vielleicht stelle ich irgendwann mal irgendwo was hoch, aber noch nicht. Ist eher spacig.

Ihr habt da ja dieses neuen Bandfotos, mit bspw. Vreth, der einen Anzug trägt. Werden das auch auf der Bühne die neuen Kostüme sein?
Nein nein, wir dachten kurz drüber nach, aber haben dann beschlossen, dass das übers Ziel hinaus und eher pain in the ass wäre. Diese künstlichen Ohren, und darin dann die ganze Zeit zu schwitzen… Bah, ne. Da spiele ich lieber ganz oben ohne.

Vom Grad der Maskierung ginge es dann ja fast schon Richtung KISS ;-)
Ja, aber die brauchen das auch. Die demaskierte Phase war nicht gerade der größte Moment von KISS.

Ein Monat noch bis zum Pagan Fest. Wie lang wird die Tour denn dauern?
So dreieinhalb Wochen.

Und eure Spielzeit jeweils? Welche neuen Songs werden es ins Live-Set schaffen?
Eine bis anderthalb Stunden, ich hoffe, zweiteres. Welche neuen Songs live gespielt werden, ist noch nicht entschieden, da unser anderer Gitarrist noch immer in Thailand in den Flitterwochen ist. Bzw. er ist heute (am 13.01., Anm. d. Red.) heimgekommen, das heißt jetzt beginnen bald die Diskussionen, was gespielt wird und was nicht. Jeder hat natürlich seine Favoriten, da müssen wir halt Kompromisse finden.

Bleibt die Setlist für die ganze Tour bestehen oder werdet ihr variieren?
Also ich hoffe, dass wir uns ein paar mehr Songs als notwendig draufschaffen können, eben um die Abwechslung beizubehalten und es interessant zu halten. Dieses Jahr werden wir auch mit der Stage Production, der Lichtshow usw. etwas mehr zu bieten haben.

„Solskagan“ MUSS in München gespielt werden!!!
„Solskagan“? Oh, ja, der erste Track des Albums. Jo, der ist auf jeden Fall dabei, da wärst wohl nicht nur du angepisst, wenn der nicht kommt.

Eure letzte Tour in Deutschland war ja das Heidenfest im Winter 2008, glaube ich. Hattet ihr da das Gefühl, durch die späte Spielzeit Zuschauer verloren zu haben?
Ich bin mir nicht sicher. Glaube nicht. Haben wir? Meiner Meinung nach eher nicht. Sah eher nach Full House aus, aber ich sehe auch nur die ersten drei Reihen, da sieht es meistens ganz gut aus.

Ihr habt das Heidenfest ja zusammen mit Primordial gespielt. Findest du, die Kombination aus deren eher ernsthaften Inhalten und eurer Spaß-basierten Musik hat gepasst?
Schon, und zwar, weil wir uns textlich gar nicht so sehr unterscheiden, unsere Lyrics sind nicht wirklich lustig. Handeln ja nicht vom Biertrinken oder so. Also sie werden sicher niemanden schocken, aber sie sind schon eher ernsthaft. Das ist halt der Kontrast bei uns, die Musik ist witzig, die Texte nicht so. Von daher, ja, wir sind gut mit ihnen ausgekommen.

Nun, Bands wie Equilibrium, die ja als Opening Act dabei waren, haben ja sowohl lustige Musik als auch bisweilen weniger ernsthafte Texte. Passen die deiner Meinung nach trotzdem auch noch rein?
Wenn es nette Leute sind und wir gut mit ihnen klarkommen, spielt das denke ich keine so große Rolle. Es ist eher so, dass es einen Einfluss auf das Publikum hat. So hatte ich das Gefühl, dass Primordial bei einigen Shows nicht den Respekt von den Zuschauern bekamen, den sie verdienen. Wirklich eine großartige Band, aber den Leuten sind sie scheinbar zu ernst, mit zu viel Black Metal kommen sie nicht zurecht. Ich finde, wenn du ein Ticket für eine Show kaufst, kannst du die Gelegenheit auch nutzen, um alle der wirklich guten Bands, die auftreten, anzusehen, egal, was es ist.

Dieses mal werdet ihr mit Dornenreich zusammenspielen, die mit Pagan Metal nun nicht allzu viel am Hut haben. Findest du, „Pagan Fest“ ist als Name dann noch angemessen?
Klar, warum nicht. Es geht um nicht-christliche Musik, insofern passts doch. Aber ehrlich gesagt beschäftige ich mich mit sowas auch nicht weitergehend. Ich denke, hinter allem steht die selbe große Idee.

Rock the Nation tendieren ja dazu, für jede neue Tour jeweils nochmal zwei Bands mehr einzuladen als für die vorhergehende. Denkst du, dass das ein Problem ist? Die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer dürfte pro Band doch deutlich abnehmen.
Ja, das ist wirklich ein Problem, zumal, wenn du dann sieben Bands hast, die alle irgendwo dasselbe spielen. Mit sieben komplett verschiedenen Bands würde es denke ich mehr Sinn machen. Sieben mal dasselbe langweilt einfach ziemlich schnell. Ich habe neulich auch in Helsinki In Flames, Soilwork und noch irgendetwas gesehen, was auch genauso klang. Einzeln gesehen sind die alle ok, aber dreimal hintereinander, das muss dann auch nicht sein.

Du bist ja jetzt seit 12 Jahren Gitarrist bei FINNTROLL, die Band gibt’s bereits seit 13 Jahren. Wenn du zurückblickst, denkst du, du wirst es nochmal 12 Jahre durchziehen?
Warum nicht. Fühle mich immer noch wie 19 :-) Man muss halt immer schauen, dass man sich nicht zu sehr reinsteigert, aber im Moment läuft es noch super. Klar, sollten wir irgendwann keine Lust mehr haben, machen wir auch Schluss, aber das ist aktuell noch nicht in Sicht. Wir haben immer noch Spaß und meiner Meinung nach gerade das beste Album seit langer Zeit gemacht. Es ist wie ein Neuanfang. Eigentlich fühlt sich jedes Album immer wie das erste an.

Um mal zum Ende zu kommen, kannst du einen kurzen Überblick über die nähere FINNTROLL-Zukunft geben?
Ein Arsch voll Touren hoffe ich und noch mehr Touren an Orten, wo wir noch viel gespielt haben. Ja, das ist der Plan soweit.

Simpel aber deutlich. Wir hätten es dann soweit, danke dir fürs Interview, wir sehen uns in München!
Ja, danke dir auch, man sieht sich

Publiziert am von Marius Mutz

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