Review Finntroll – Vredesvävd

Als FINNTROLL 2004 ihr Album „Nattfödd“ veröffentlichten, wussten wohl weder die Hörer des bis dahin als Pagan Metal bekannten Genres noch die Band selbst, welche Auswirkungen dieses Album haben würde. Doch gemeinsam mit Ensiferums „Iron“ (2004) und vielleicht noch Korpiklaanis Debüt „Spirit Of The Forest“ (2003) begründete „Nattfödd“ den etwas angestaubten Pagan Metal als musikalisch ernstzunehmendes, aber heiteres Genre neu.

16 Jahre später ist die daraus erwachsene Musiksparte fast komplett zu Klamauk verkommen: Korpiklaani singen multilingual, aber monothematisch übers Saufen, spätere Größen wie Turisas oder Equilibrium texten und musizieren den Verkaufszahlen hinterher, und die aus dem Pagan erwachsene Party-Szene um Truppen wie Alestorm hat sich von der Idee, dass es bei Musik auch um Musik und nicht nur ums Herumblödeln geht, gänzlich frei gemacht.

Geblieben sind Ensiferum und FINNTROLL, die beide auch 16 Jahre nach dem Pagan-Hype verlässlich das machen, was ihnen damals zum Durchbruch verholfen hat: unverwechselbare Musik mit kompositorischem Witz und Anspruch. Die Produktivität ließ im Hause FINNTROLL allerdings zuletzt zu wünschen übrig: Sieben Jahre ließen sie ihre Fans auf einen Nachfolger für „Blodsvept“ (2013) warten. So viel Geduld will belohnt sein – doch so ganz gelingt es FINNTROLL mit „Vredesvävd“ nicht, den zugegebenermaßen extrem hohen Erwartungen gerecht zu werden.

Dass FINNTROLL mit dem monumentalen, fast dreiminütigen Intro „Vältaren“ beweisen, dass sie auch ganz ordentliche epische Filmsoundtracks schreiben können, ist nett, im Kontext des Albums aber eigentlich vollkommen überflüssig. Zum Glück steuert „Att Döda Med En Sten“ direkt mit ordentlich Energie, Black-Metal-Screams und den FINNTROLL-typischen Humppa-Keyboards gegen. Mal geht es etwas melodischer und schunkelbarer zur Sache („Gräners Väg“), mal etwas schwarzmetallener („Vid Häxans Härd“) – und „Stjärnors Mjöld“ könnte etwas anders instrumentiert auch von einer Ska-Punk-Band sein. Mit anderen Worten: Das Prinzip FINNTROLL funktioniert auf „Vredesvävd“ so gut wie eh und je, klingt aber auch, nun ja, wie eh und je.

War es FINNTROLL nach dem etwas ziellosen „Nifelvind“ (2010) mit „Blodsvept“ dann perfekt gelungen, ihr Faible für Black Metal („Ur Jordens Djup“, 2007) mit dem spaßigen Humppa von „Nattfödd“ zu vereinen, lässt „Vredesvävd“ diesen Pioniergeist etwas vermissen: So musizieren die Finnen durchaus abwechslungsreich und haben von einem ruhigen Akustik-Intro („Vid Häxans Härd“) bis zu pompösen Arrangements („Stkärnors Mjöd“) mit kraftvollen Gitarren wieder alles im Gepäck. Das Konzept ist mittlerweile allerdings hinlänglich bekannt – und wo FINNTROLL auf „Blodsvept“ für den einen oder anderen Twist gut waren, bleiben sie auf „Vredesvävd“ eher konservativ: FINNTROLL eben.

Wenn es „Vredesvävd“ an etwas fehlt, dann ist es das Überraschungsmoment. Das ist am Ende jedoch ein verschmerzbarer Makel. Denn auch im Jahr 2020 haben FINNTROLL dafür eine sehr hohe Trefferquote hinsichtlich eingängiger Melodien vorzuweisen, die sie mit ihren über 20 Jahre antrainierten Songwriting-Skills in ziemlich schmissige Songs gießen. Diese gehen einmal mehr gut ins Ohr und klingen schon in den Albumversionen nach ziemlich guten Livesongs. Insofern gelingt FINNTROLL mit ihrem siebten Album vielleicht keine echte Überraschung – aber immerhin enttäuscht an „Vredesvävd“ allenfalls die etwas knapp bemessene Spielzeit von etwa 37 Minuten. Und das muss man auch erst einmal so hinbekommen.

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Wertung: 8 / 10

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