Review I Am Heresy – Thy Will

Manche Bands lassen sich viel Zeit zwischen ihren Alben und brauchen ganz offensichtlich länger, bis sie von der Muse geküsst werden. I AM HERESY sind nicht eine dieser Bands: Erst letztes Jahr veröffentlichte die Band um Boysetsfire-Frontmann Nathan Gray ihr erstes, selbstbetiteltes Album, dem schnell eine Tour-EP nachfolgte. In der Zwischenzeit gingen I AM HERESY in Europa und den USA auf Tour, Nathan war darüber hinaus mit Boysetsfire unterwegs. Trotz dieses scheinbar ausgebuchten Zeitplans, welcher gleichzeitig mit dem Besetzungswechsel einer der drei Gitarren, der nach dem Ausstieg von Jonah Latshaw nötig wurde, einherging, fanden die Mitglieder von I AM HERESY irgendwie die Zeit, „Thy Will“ zu schreiben, aufzunehmen und zu veröffentlichen. Während der Vorgänger gerade einmal 25 Minuten zählte, bietet „Thy Will“ über die Länge von 45 Minuten religionskritische Texte über aggressivem Hardcore, der immer wieder in metallische Gefilde ausbricht, ohne dabei jedoch an Melodie und Screamo-Einlagen zu geizen.

Mit „Rahabh“ bietet das Album einen plötzlichen, chaotischen und dissonanten Einstieg, wobei der aggressive erste Eindruck durch Nathans angepissten Gesang weiter verstärkt wird, bevor der Song in Richtung Old-School-Hardcore ausschert. In den Melodieführungen scheinen dabei immer wieder Black-Metal-Elemente durch und die Atmosphäre ist passend zum Thema des Albums – der Kritik der Einfachheit des Konzepts von „Gut und Böse“ – regelrecht apokalyptisch gehalten. „Our Father“ schließt nahtlos an den Opener an, wobei das Tempo hier ein wenig gedrosselt wird, ohne dabei jedoch an Aggressivität einzubüßen und dafür die fetten Riffs mehr in den Vordergrund zu rücken – generell macht sich über den gesamten Albumverlauf der Einsatz von drei Gitarren absolut bemerkbar, die Songs klingen wuchtig und druckvoll.
„March Of The Black Earth“, „As We Break“ sowie „Seven Wolves And The Daughters Of The Apocalypse“ (welches in einer roheren Version bereits auf dem Vorgängeralbum enthalten war) beleuchten die melodische Seite von I AM HERESY, wobei besonders Nathans sehnsüchtiger Gesang, der ansonsten eher im Hintergrund steht, die sporadischen Parallelen zu Boysetsfire aufzeigt. Während teilweise in „Thy Will II (Black Sun Omega)“ und an anderen Stellen auf „Thy Will“ Thrash Metal eine wichtige Rolle für den Bandsound spielt, klingen beispielsweise in „Thy Will I (Black Sun Alpha)“ oder „Alarm“ Dark-Folk-Elemente an, welche die düstere Atmosphäre weiter intensivieren.

I AM HERESY sind definitiv eine vollwertige Band mit einem eigenen Sound und nicht nur ein Nebenprojekt von Nathan Gray, auch wenn dessen markante Stimme vielleicht so etwas nahelegen könnte. „Thy Will“ ist ein mitreißendes und packendes Album, das in den klassischen Hardcore-Passagen allerdings häufig ein wenig zu generisch wirkt und besonders dann überzeugen kann, wenn es richtig zur Sache geht oder die ganz großen Melodien ausgepackt werden. Ob sich I AM HERESY damit einen Gefallen tun, ihren Sound dieses Mal über eine Länge von 45 Minuten zu präsentieren, ist schwer zu entscheiden, da immer wieder Songs an vorangehende Nummern erinnern und somit zwischen den unbestreitbar vorhandenen Highlights häufig etwas Ratlosigkeit herrscht. Hier hätte eine Knappung tatsächlich Sinn ergeben. Dennoch ist „Thy Will“ ein gutes Hardcore-Album für Freunde düsteren, melodischen Sounds.

Wertung: 7 / 10

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