Review Himinbjörg – Wyrd

Auch wenn schon seit längerer Zeit skandinavische Geschichte ihre Vertonung außerhalb der Heimat findet, würde man HIMINBJÖRG im ersten Gedankengang nicht gerade in die französischen Alpen verorten. Tatsächlich ist die Truppe, die im Wesentlichen von Mastermind Zanaah gelenkt wird, bereits seit zwei Jahrzehnten emsig dabei, ihre Interpretationen der nordischen Mythologie tonal umzusetzen.

Lyrisch wagt das Quartett dann sogleich einen Ausblick in die verwandte germanische Sagenwelt: „Wyrd“ bezeichnet das allgemeine Schicksal, besonders in Bezug auf den Menschen. Da kann man von Heimdalls Burg (die HIMINBJÖRG) im Götterpalast Asgard schon mal drüber singen, so lange die Authentizität nicht auf der Strecke bleibt.
Und das tut sie tatsächlich nicht. Ohne die Information über die Herkunft der Band läge es nicht fern, diese tatsächlich in Norwegen oder Schweden zu suchen. Ein knappes Intro und dann geht’s auch schon los. Atmosphärische Songs, die das Midtempo in der Regel nicht verlassen und weniger auf Aggression, aber mehr auf Epik setzen. Sicherlich kommt der Hörer des Öfteren in den Genuss einer Double-Bass, hier und da schleicht sich auch ein Blast-Beat ein, beide harmonieren sehr gut mit den meist scharfkantigen Gitarrenriffs. Besonders prägnant klingen diese, wenn am Soundregler die Höhen kräftig aufgedreht sind, allerdings übertreiben es HIMINBJÖRG in dieser Hinsicht auch schon einmal, wenn parallel ziemlich anstrengende Samples vom Keyboard kommen, die wohl eine Art Dudelsack darstellen sollen.
Am meisten gestützt wird die nordische Prägung allerdings durch den Gesang, der beim bedrohlichen Flüstern noch recht beliebig ist, beim knurrenden Grunzen aber nicht nur am Rande an Olve Eikemo von Immortal erinnert. Davon kann man halten, was man will, Fakt ist, Zanaah macht seine Sache einerseits gut, andererseits passt diese Art des Vokalierens sehr gut zur klanglichen Untermalung.
Was „Wyrd“ bei all diesen positiven Aspekten, zu denen sich ein druckvoller und transparenter Sound gesellt, fehlt, wäre die eine oder andere Nummer mit Hit-Potential. Viele Songs verhindern gerade eben die Einordnung in der Beliebigkeit, der Aufwand, den HIMINBJÖRG betreiben steht in keinem guten Verhältnis zum Ergebnis. Denn neben dem überzeugenden Gesang gestalten die Jungs auch das Musikalische ansprechend, leider bleiben nur wenige Melodien wirklich nachhaltig hängen. Vielleicht geht das Konzept mit eher längeren Liedern, einigen Breaks, ausgedehnten Akustikpassagen und vielen verschiedenen Sounds nicht so gut auf, wie die Band sich das gedacht und sicher auch erhofft hatte.

Letztlich ist „Wyrd“ schon eine anständige Platte, die sich vor vielen Veröffentlichungen des Genres nicht zu verstecken braucht. Jötunheim oder Alpen, Trondheim oder Chambery, völlig egal, wenn die Musik ehrlich dargeboten wird und dies kann man den Franzosen nun wahrlich nicht absprechen. HIMINBJÖRG kann der geneigte Hörer sicher einmal antesten.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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