Ice Nine Kills - The Silver Scream 2

Review Ice Nine Kills – The Silver Scream 2: Welcome To Horrorwood

Drei Jahre ist es nun schon her, als ICE NINE KILLS ihr Erfolgsalbum „The Silver Scream“ auf den Markt brachten. Die musikalische Inszenierung von diversen Blockbustern aus dem Horror-Genre überzeugte damals mit eingängigen Melodien, knackigen Breakdowns, hymnischen Ohrwurmrefrains und fanatischer Detailverliebtheit – in die Lyrics clever eingearbeitete Zitate, die metallische Aufbereitung von Soundtracks und das Samplen bekannter One-Liner begeistern auch nach unzähligen Durchläufen noch jeden Horror-Fan. Den anschließenden Hype um ICE NINE KILLS hatten sich die Mannen also redlich verdient.

Dank cleverem Marketing ebbte die Erfolgswelle seitdem auch nicht mehr ab: Es folgten eine Deluxe-Version der Platte, eine Akustik-Live-EP, ein Live-Album, viele Touren als Headliner und Support und nicht zuletzt an jedem 9. im Monat ein ganzes Paket limitierter Merch-Artikel. An der Notwendigkeit all dessen kann man getrost zweifeln, doch haben die Band und ihre Agenturen damit bewiesen, wie man mit einem stimmigen Konzept und einer entsprechend qualitativ hochwertigen Umsetzung den Erfolg auf Dauer untermauern kann. Und wie es bei jedem erfolgreichen Horrorfilm so ist, geht es nun logischerweise auch mit „The Silver Scream“ in die zweite Runde.

Während das Konzept des Albums identisch mit dem des Vorgängers ist, hat der Cast hinter Frontmann Spencer Charnas einmal durchgewechselt. Der lange geheim gehaltene und von den Fans kritisch aufgenommene Rausschmiss von Co-Songwriter Justin DeBlieck hinterließ im Vorfeld der Veröffentlichung durchaus einen faden Beigeschmack. Dass mit Dan Sugarman (Ex-As Blood Runs Black) und Ricky Armellino (Sänger von Hawk/This Or The Apocalypse) talentiertes Personal hinzugewonnen wurde, ließ in musikalischer Hinsicht jedoch aufatmen. So weiß die neu formierte Truppe auch auf dem zweiten Teil sowohl musikalisch als auch mit ihrer Vielzahl an gekonnt eingesetzten Blockbuster-Referenzen zu überzeugen.

Nach kurzem Intro wird mit dem Titeltrack (der mutmaßlich ohne cinematisches Vorbild daherkommt) der Grundstein einer abermals kurzweiligen und handwerklich brillant umgesetzten Platte gelegt: Charnas‘ Vocals, ob klar oder als Scream, gehen direkt unter die Haut und die Gitarristen strotzen vor Spielfreude. Sobald mit „A Rash Decision“ (Vorlage hierzu ist Eli Roths „Cabin Fever“) der Reigen an Horroranspielungen wieder richtig Fahrt aufnimmt, dürfte jedem Horror- und Metal-Fan abermals das Herz aufgehen: Nicht nur gehört das Main-Riff des Tracks gleich zu einem der großen Highlights des Albums, ICE NINE KILLS verpacken die Story der hochinfektiösen Krankheit, die eine Gruppe Jugendlicher von innen heraus auffrisst, in einen ebenso ansteckenden Ohrwurm.

Mit „Assault & Batteries“, wofür „Chucky“ Modell stehen durfte, werfen ICE NINE KILLS alles in den Topf, was ihnen musikalisch nur einfällt: Unheimliche Kinderstimmen, ein im Hintergrund präsentes, im Rhythmus geblasenes Sousaphon, Gang Shouts, ein Gitarrensolo und eine aus dem Film zitierte Vodoo-Beschwörung. Dies alles in einer Form miteinander zu verbinden, dass es trotz allem Chaos auch schlüssig klingt, ist wahrhaftige Kunst.

Obwohl auf Albumlänge immer wieder skurrile Wendungen und wunderschön bösartige Überraschungen auf die Hörer warten, gelingt es ICE NINE KILLS durch verhältnismäßig normale Tracks wie zum Beispiel das clean gehaltene, aber mit ordentlich Power ausgestattete „The Shower Scene“ oder das schaurig-krachende „Funeral Derangements“ einen nicht zu überfordern. Auch die erste veröffentlichte Single „Hip To Be Scared“ scheint in diese Kerbe zu schlagen, bis nach der Hälfte des Titels plötzlich ein gecoverter Discobeat von Huey Lewis & The News‘ „Hip To Be Square“ die elektrischen Gitarren ablöst. Was Personen, die mit „American Psycho“ nicht vertraut sind, vollends verwirren muss, ist für andere die Kirsche auf der Torte des vor Zitaten und Referenzen nur so strotzenden Songs.

Glücklicherweise lassen ICE NINE KILLS auch auf der zweiten Hälfte von „Welcome To Horrorwood“ nicht nach und ziehen ihre Fans immer tiefer in ihren Bann. So darf sich der Corpsegrinder „Take Your Pick“ zu eigen machen und blüht auf dem logischerweise härtesten Track der Platte vollkommen auf – dabei sticht er mit seiner Performance in der Riege namhafter Feature-Gäste (unter anderem Jacoby Shaddix von Papa Roach und Ryan Kirby von Fit For A King) besonders hervor.

Nach den ebenfalls starken „The Box“ und „F.L.Y.“ sowie dem stellenweise an Rammstein erinnernden „Wurst Vacation“, die trotz ihrer Qualität nicht zu den Albumhighlights gehören, beenden ICE NINE KILLS ihr fünftes Studioalbum mit zwei richtigen Krachern. So laden ICE NINE KILLS auf „Ex-Mørtis“ mit jazzigen Bläsern, Piano und Swing-Beat zum „Tanz der Teufel“ ein und garnieren den unfassbar coolen Song mit einem knallenden Breakdown und Bruce Campbells ikonischem „groovy“. Das Ganze ist nicht nur verdammt eingängig und einzigartig, sondern vielleicht sogar der beste Song ihrer bisherigen Karriere.

Doch auch das dem „Candyman“ gewidmete „Farewell II Flesh“ steht dem vorigen Song in kaum etwas nach: So startet das Lied mit dem Surren von Bienen und Charnas‘ sanfter Stimme, mit der er das Leid des von rassistischen Dorfbewohnern getöteten Protagnisten besingt. Der Track mündet im energiegeladenen und hymnischsten Chorus von „The Silver Scream 2“, bündelt in der Strophe nochmals alle Aggressionen und lässt diese in einem von logischerweise surrenden Gitarren begleiteten Breakdown in Gänze auf die Hörer los.

Insgesamt schrammen ICE NINE KILLS ausschließlich aufgrund des kleinen Durchhängers „Rainy Day“ knapp an einem hundertprozentigen Volltreffer vorbei. Nicht nur ist „Resident Evil“ bei allen existierenden Zombie-Filmen eine denkbar schlechte Filmauswahl, auch der Song wirkt im Vergleich zum Rest banal und uninspiriert. Zumindest sorgt Charnas‘ stark an David Hasselhoff erinnernde Performance im zugehörigen Musikvideo für Schmunzler – und im Live-Kontext könnte sich der von stampfenden Rhythmen getriebene Song doch noch als kleines Juwel entpuppen.

Während eine gewisse Skepsis nach allen Besetzungswechseln im Voraus durchaus berechtigt war, lassen ICE NINE KILLS mit „The Silver Scream 2: Welcome To Horrorwood“ jeden Zweifler verstummen. Das Album strotzt nur so vor starken Tracks, macht abermals unfassbar viel Spaß und ist trotz aller teils wild gewählter Einflüsse sehr zugänglich. Selbstverständlich wird man auch Part zwei der Horrorsaga noch mehr genießen können, wenn man mit den zitierten Filmen vertraut ist. Denn ihre Stärke ziehen ICE NINE KILLS zu einem nicht zu missachtenden Anteil auch aus der cleveren musikalischen Verknüpfung mit den Song-Vorlagen. Letztendlich ist „Welcome To Horrorwood“ somit nichts anderes als ein weiterer Pflichtkauf für alle Horror- und Metalfans.

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Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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