Konzertbericht: Ice Nine Kills – The American Nightmare Tour 2019

10.09.2019 München, Strom

Einen langen Weg haben die Amerikaner ICE NINE KILLS hinter sich gebracht, um endlich die Anerkennung zu erhalten, die sie verdient haben. Die musikalische Steigerung von Album zu Album führte letztendlich zu dem grandiosen Konzeptalbum „The Silver Scream“, dessen Songs verschiedenen Horrorfilm-Klassikern gewidmet sind. Nun kommen die Jungs aus Boston auch auf ihre erste Headliner-Tour nach Europa, um den durch das Album entstandenen Hype auch auf den Bühnen außerhalb Amerikas zu zelebrieren. Die Rahmenbedingungen für einen perfekten Tourauftakt könnten zudem kaum besser sein: Das Strom in München konnte schon knapp vier Wochen im Voraus Ausverkauf melden. So liegt es nun in der Hand von ICE NINE KILLS selbst, dem Abend das Sahnehäubchen aufzusetzen.

Den Beginn macht mit AWAKE THE DREAMER allerdings erst Mal eine junge Metalcore-Band aus Stockholm. Zum pünktlichen Beginn um 21:00 Uhr droht das Strom beinahe schon aus allen Nähten zu platzen – ein Andrang, der sicherlich dem späten Start sowie der Tatsache, dass die Schweden als einzige Vorband auftreten, geschuldet ist. Für eine Band, die bisher erst eine EP veröffentlicht hat (das Debütalbum „Damaged Souls“ erscheint am 20.09.2019), bietet sich somit eine einmalige Chance, ihre Musik einem Haufen potentieller Fans näherzubringen. Dass dies gelingt, zeigt sich schon beim ersten Song „Endless Skies“ : Nach kurzem Zögern zu Beginn, folgen die ersten Zuschauer schon bald Sänger Max Andréns Aufforderungen, zu springen. Der im modernen Metalcore einzuordnende Stil ist zwar nicht innovativ, weiß live aber dennoch zu gefallen. So spielen sich die vier Mannen eine halbe Stunde lang durch ihr bisheriges Repertoire und liefern mit „Your Mind“ und „Far Away“ auch zwei Songs ihres kommenden Albums ab. Spätestens zum letzten Song „Believe“ hat die Band das Publikum fest in der Hand, das inbrünstig die von Andrén vorgegebenen Zeilen mitsingt. Ein insgesamt sehr gelungener Auftritt, nach dem mit Sicherheit einige der Anwesenden in das bevorstehende Debütalbum hineinhören werden.

Nach dem Auftritt von Awake The Dreamer scheint niemand nur einen Centimeter seines Platzes aufzugeben. Wie angewurzelt wartet das Publikum auf den Headliner des Abends: ICE NINE KILLS. Plötzlich geht das Licht aus und Horrorfilm-Geräusche ertönen aus den Lautsprechern. Es wird still im Publikum und alle starren gespannt auf die Bühne. Mit abgetrennten Füßen, einem roten Luftballon, Kettensägen und weiteren Gimmicks wird die Bühne getreu des Konzeptes des aktuellen Albums geschmückt. Die Band selbst lässt jedoch noch weitere zehn Minuten auf sich warten. Gerade als Unmut droht aufzukommen, stürmen die fünf Mannen verkleidet als Jigsaw, Leatherface, Georgie, Eric Draven und Freddy Krueger die Bühne. Passend zu Sänger Spencer Charnas‘ Verkleidung starten ICE NINE KILLS ihr Set mit „The American Nightmare“.

Alle, die vorher hart um ihren Platz gekämpft haben, haben spätestens jetzt das Nachsehen. Denn bereits bei den ersten Tönen entsteht ein für das enge Strom beachtlicher Pit. Textsicher schreit das Publikum Charnas die Lyrics entgegen, der sich mit diesem Zuspruch sichtlich wohl fühlt. Gekonnt spielen sich die Mannen durch die Songs ihres aktuellen Albums, wozu sie zu beinahe jedem ein weiteres Detail auffahren können. Für „Merry Axe-Mas“ zieht sich Charnas eine Weihnachtsmütze auf, zu „Thank God It’s Friday“ steht er mit Machete und Eishockeymaske auf der Bühne. Neben der tollen musikalischen Darbietung lebt die Show somit vor allem von ihrem lebendigen Bühnenbild. Die Vielzahl an gelungenen Überraschungen lässt einen dabei auch über den während der Refrains teilweise vom Band kommenden Gesang hinwegsehen.

Aber auch bei ruhigen Tönen können ICE NINE KILLS brillieren. Dies beweisen sie einerseits mit „A Grave Mistake“, andererseits auch mit dem vom 2015er Album „Every Trick In The Book“ stammenden „Tess-Timony“. Hierzu wechselt Bassist Joe Occhiuti für einen Song zum Piano und bietet ein gelungenes Duett mit Spencer Charnas, dessen Clean-Vocals auch live Gänsehaut bereiten. Neben „Tess-Timony“ können auch die weiteren Songs des Vorgängeralbums zünden, allen voran das tolle „The Nature Of The Beast“. Allgemein tun sich die Jungs aus Massachusetts damit einen Gefallen, nur Stücke ihrer beiden jüngsten Alben zu präsentieren – stellen diese die mit Abstand besten ihrer Diskografie dar. Während bei „Rocking The Boat“ ein Crew-Mitglied als Hai die Bühne unsicher macht, zaubert Charnas zu „Stabbing In The Dark“ die Michael-Myers-Maske aus der Tasche, bevor zu der Zugabe „IT Is The End“ Rhythmus-Gitarrist Ricky Armellino seiner Rolle als Georgie gerecht wird. Obwohl ICE NINE KILLS ihr Set bereits nach einer knappen Stunde beenden, hat man nach dem äußerst schwitzigen Pit und der clever durchdachten Show das Gefühl, dass es komplett ausreichend war.

  1. The American Nightmare
  2. Merry Axe-Mas
  3. SAVAGES
  4. The Jig Is Up
  5. Thank God It’s Friday
  6. A Grave Mistake
  7. The Nature Of The Beast
  8. Rocking The Boat
  9. Me, Myself & Hyde
  10. Tess-Timony
  11. Communion Of The Cursed
  12. Stabbing In The Dark
  13. IT Is The End

Mit ihrem langersehnten ersten Headliner-Auftritt in Europa haben ICE NINE KILLS ihre Ambitionen, in Zukunft größere Hallen zu füllen, unterstrichen. Neben einer fehlerfreien musikalischen Darbietung, einwandfreiem Sound und gelungener Setlist, wird dem Auftritt gerade durch die Hommage an die metallisch interpretierten Horror-Klassiker Leben eingehaucht. Obwohl das Stageacting (bis auf ein paar Stagedives von Charnas und Armellino) etwas statisch wirkt, passiert auf der Bühne genug, um das Publikum dauerhaft bei Laune zu halten und es immer wieder zu überraschen. Die Menge frisst der Band dabei aus der Hand und ertönt teilweise sogar lauter, als Charnas selbst. Der durchweg gelungene Abend wird dabei von einem soliden Support abgerundet. Eine Frage stellt sich den neugierigen Fans nun aber umso mehr: Welche Geschütze werden ICE NINE KILLS mit ihrem nächsten Album auffahren?

Publiziert am von Silas Dietrich

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