Review Korn – See You On The Other Side

„See You On The Other Side“ war KORNs erstes Album als Quartett ohne Gitarrist Brian Welch, außerdem ihr erster Longplayer bei Virgin Records und der letzte mit Schlagzeuger David Silveria, der die Band im Dezember 2006 verließ. Als Produzenten kamen Atticus Ross (u.a. Nine Inch Nails, Coheed And Cambria, Bad Religion) und das dreiköpfige Team The Matrix (u.a. Avril Lavigne, Tokio Hotel, Britney Spears, Shakira) zum Zuge. KORNs Nu Metal wurde auf diese Weise mit  Elementen aus Industrial, Gothic Rock, Funk oder New Wave angereichert.

Mit dem eingängigen und erfreulich frisch, wenn auch nicht mehr so düster und erdrückend klingenden „Twisted Transistor“ wird das Album in positiver Weise eingeleitet. In Nuancen wurden die funkigen Einflüsse hier bereits in die Gitarrenarbeit eingeflochten. Dieser neue, teilweise fast hoffnungsvolle Unterton wird auch in den folgenden Titeln größtenteils weitergetragen. Damit aber nicht genug, denn auch die Texte scheinen sich von den depressiven Klageliedern zu entfernen. „Politics“ klärt in unmissverständlicher Weise die Position zum namensgebenden Thema, während mit „Hypocrites“ oder „Getting Off“ die Grenzen zwischen Nu Metal, Alternative Metal und massenkompatibler Pop-Attitüde ausgelotet werden.

Sind KORN also nun endgültig im Mainstream-affinen Metalsektor angekommen? Diese Frage kann nicht mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden, denn auch die aufgelockerte Atmosphäre der Songs auf „See You On The Other Side“ wird nicht in voller Länge umgesetzt. „10 Or A 2-Way“ spielt mit Industrial- und Electronic-Elementen, die Gitarren rücken vor allem in den Strophen komplett in den Hintergrund. Spannend ist auch, wie sehr Davis‘ Gesang mittlerweile in einem melodischen Bereich angekommen ist. Screams oder gar lautere Momente sucht man vergebens, das passt aber zu den vorliegenden Songs in dieser Weise sehr gut.

Dank mitreißend-groovenden Gitarrenriffs und den Handclaps, wenn diese auch etwas überstrapaziert werden, ist „Coming Undone“ im Vergleich zu vielen anderen Titeln des Albums eigentlich ein mächtiger Hit. Leider bis heute sträflich unterbewertet. Überzeugend sind ebenfalls das stark an ältere KORN erinnernde „Liar“, auch wenn die Gitarre hier etwas mehr Druck vertragen hätte und die abschließende Ballade „Tearjerker“, die sich irgendwo zwischen Depeche Mode und Pink Floyd einpendelt. Auch der an diversen Stellen, meist als Intro oder Outro kurzfristig aufblitzende Dudelsack ist ein nettes Gimmick.

Wenn auch weitgehend stimmig zusammengefügt und den vorhandenen Genre-Mixturen folgend, wollen nicht alle Songs auf Anhieb zünden oder gar überzeugen. So wirkt „Throw Me Away“ leider nur wie ein lauwarmer Aufguss des direkt davor platzierten „10 Or A 2-Way“. Das trip-hoppige und mit interessanten Ansätzen versehene „Open Up“ zieht sich mit seinen sechs Minuten bisweilen arg in die Länge, da helfen auch die Nine-Inch-Nails-Referenzen und 80er-Jahre-Minimalismus nicht drüber hinweg. „For No One“ wirkt wie ein prolliger und altbackener Crossover-Track, mag nicht recht ins Konzept passen und hätte eigentlich aussortiert gehört.

Mit dem Schritt zu einem neuen Label und der Zusammenarbeit mit dem Produktionsteam The Matrix haben KORN ihren Stil zwar nicht grundlegend verändert, dennoch sind einige neue Elemente hinzugekommen, die die Songs auf „See You On The Other Side“ sowohl für eingefleischte Fans, Nu-Metal-Verächter und auch für eine Mainstream-lastigere Hörerschaft interessant machen. Die vorhandene Entwicklung ihres Sounds hat sicherlich das Zeug dazu die Meinungen über den Longplayer in zwei Lager zu spalten, aber vor allem im direkten Vergleich zu „Take A Look In The Mirror“ ist die Variabilität und Experimentierfreudigkeit in einem Maß zurückgekehrt, die einem nur recht sein kann und außerdem einen spannenden Verlauf des siebten Studioalbums von KORN möglich macht. Fraglich ist, ob man an den knapp 60 Minuten nicht etwas hätte einsparen können, denn kleinere Längen kann man hier nicht verleugnen.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Christian Denner

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