Review Longing For Dawn – Between Elation And Despair

  • Label: Grau
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Doom Metal

Es lässt sich nicht leugnen, dass Grau dieser Tage DIE Doom Death Metal-Elite schlechthin unter Vertrag stehen hat. Nachdem erst Mitte letzten Jahres das Monument der Thronanwärter Mourning Beloveth, „A Disease for the Ages“, über eben jenes Label erschien, ist es dieser Tage nun LONGING FOR DAWNs „Between Elation and Despair“, welches auf den ersten Blick ganz in der Tradition des Kunstwerks der Meister steht – Tonnenschwerer Doom, der sich mit gefühlten drei Riffs pro Song (und die sind ja bekanntlich nicht kurz) voranschreite und dabei gnadenlos alles nieder walzt, was unvorsichtig genug ist, sich in den Weg zu stellen. Schön, denn allzu viele Bands, die dies gekonnt praktizieren, sind derzeit nicht unterwegs (oder verstecken sich gut).

Aber, wie sich schnell herausstellt, ist „Between Elation and Despair“ viel mehr, als das Referenzwerk. Zwar erinnern die krachenden, zerstörerischen Riffs ebenso wie die breitwandige Produktion und die klaren, kräftigen Growls bisweilen an die Kollegen, aber ansonsten befindet man sich in einer ganz anderen Fahrtrichtung: Dieses Album schmettert einen nicht durchgehend an die Wand (obwohl es auch diese Momente durchaus gibt), sondern trägt einen über weite Passagen der Überlänge-Epen auf einer Schicht aus entspannenden, träumerischen Leadgitarren, die schweben über endlosen, dichten Ambient-Klängen. Wenn dann noch Textpassagen über Akustikgitarren vor dem Hintergrund von pfeifendem Wind vorgetragen werden, sind alle Gedanken an Melancholie und Trauer, die Doom Metal doch verkörpern sollte, erstmal vergessen und alles ist gut – So wohl wie in „A Sunrise At Your Feet“ habe ich mich bei einem Song schon lange nicht mehr gefühlt, vor allem nicht bei einem, der satte elf Minuten dauert.
„Reflective“ knüpft zwar nahtlos an, aber schnell wird klar, hier ist die Sonne noch nicht aufgegangen. Plötzlich fühlt man sich in klirrender Kälte und in schneidenden Winden am Fuß eines nebelverhangenen Berges wieder. Allein. Hoffnungs- und trostlos wirken nun auch die Gitarren, die vorher so schwelgende, verträumte Melodien spielten. Und dennoch hat die ganze Szenerie eine ganz spezielle, malerische Atmosphäre, die es unerlässlich machen, auch diese Seite des Sounds von „Between Elation and Despair“ voll zu genießen – Es macht, gleich, wie man die Scheibe dreht und wendet, einfach Freude, diese Songs anzuhören. Da macht es auch nichts, dass die Stimmung zwischen – na, man mag es schon erraten haben – Hochstimmung und Verzweiflung schwankt, denn das Ganze klingt sofort so heimisch in den Ohren, dass es ganz natürlich scheint, wie diese beiden Gegensätze ohne irgendeinen Widerspruch gegeneinander gesetzt und ineinander verwoben werden.

Freunde, vergesst meine Vergleiche mit Mourning Beloveth, das ist oberflächlich und wirklich nur für den allerersten Kontakt zu gebrauchen. Wo die Iren unaufhaltsamem Tod entgegen steuern, spielen sich die Songs von LONGING FOR DAWN in gänzlich anderen Gefilden ab. Doom Death wird hier wirklich nur ganz am Rande dargeboten. Viel eher fühle ich mich im Nachhinein an die Großmeister von Empyrium erinnert, was den Eindruck betrifft, die diese Scheibe hinterlässt. Klar, greifbar und bildreich sind die Eindrücke, die zu jeder Sekunde geschaffen werden und besitzen dabei unverklärte Schönheit. In diesem Zusammenhang gilt es auch mal wieder, das Cover zu erwähnen: Natürlich verfehlt eine Band mit dem „Bildchen vorne drauf“ die Atmosphäre der Musik selten mal total, aber wenn man das hier als Anhaltspunkt für die Reise namens „Between Elation and Despair“ nimmt, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen.

Wie ich oben nun konkret darauf komme, dass LONGING FOR DAWN Doom Death spielen und woher Grau die Bezeichnung Funeral Doom nehmen – fragt mich nicht, aber gerecht wird das dieser Band nicht. Oft wird ein Album am Schluss einer Rezension noch einer speziellen Hörergruppe empfohlen. Das entfällt hier, denn 52 Minuten derart (ent)spannender und schlüssiger Soundlandschaft kann sich jeder ohne Bedenken zulegen. Wer das nicht glaubt, hört halt erstmal rein – und kauft es dann trotzdem.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert