Review Massendefekt – Echos

Als sichtlich gereift, ohne ihre Attitüde verloren zu haben und deutlich weiterentwickelt wird die Düsseldorfer Formation MASSENDEFEKT und ihr sechstes Studioalbum „Echos“ angekündigt. Produzent Tim Schulte war bereits für Wölli & Die Band des Jahres aktiv und den Vorgänger „Zwischen gleich und anders“ verantwortlich. Ob der Mix aus Rock, Indie, Punk und Pop wirklich so unwiderstehlich und treffsicher funktioniert, wie er angepriesen wird, ist die Frage, die es in der Folge zu klären gilt.

Im Opener „Mauern“ stellt man die Frage: Kann das alles sein? Nein, natürlich nicht. Auch eine fünfzehn Jahre währende Karriere kann sich dem Fortschritt verschreiben. Stilistisch bekommt man gewohnte Kost der vier Musiker geboten. Einige Referenzen zu Jupiter Jones werden unmissverständlich herangezogen. Die Gitarren bilden gefällige Melodien, der Text lädt ein die eigenen Gedanken schweifen zu lassen. Manch einer wird verleitet sein, von Pseudointellektualität zu sprechen. Ein realistischer Blick auf die Inhalte lässt metapherreiche Lyrics hervortreten, die nie den Blick für die alltäglichen Dinge des Lebens verlieren und sich dadurch einer gewissen Nachvollziehbarkeit und dem Schwelgen in Erinnerungen nicht verwehren. Eine positive Atmosphäre des schönen Lebens, der inneren Zufriedenheit oder dem Streben nach Veränderung ist durchgängig spürbar. Aber auch kritisch-melancholische Untertöne, wie in „Neonlicht“, haben ihren Platz gefunden. Die Schlagzeugarbeit bildet ein groove-beladenes Taktkonstrukt, das für die doppelte Gitarrenfraktion mehr als dienlich scheint. Die Intensität der zweifach besetzten Gitarre ist eine schöne Überraschung im Gesamtbild von „Echos“. Auf Effekte wie wabernd-verzerrte Einwürfe oder parallel zu den Punk-Riffs laufende Melodien setzt die Band ebenfalls an einigen Stellen.

Der gesangliche Output geht in Ordnung. Man kann zwar keine Meisterleistung erwarten, aber im Deutschrock-Bereich sind deutlich schlechtere Stimmen anzutreffen. Auch Bassist Mike macht musikalisch eine gute Figur, ist sein Instrument doch durchgängig präsent und wummert in einer angenehmen Tiefe vor sich her. Mit Gastmusiker Mario von Blackout Problems dringt man phasenweise in etwas härtere Gangarten vor, die an Hardcore-Punk erinnern („Schwarz Weiss Negativ“) oder setzt auf Strukturen, die an eine Powerballade angelehnt sind („Alles was bleibt“). Die Herangehensweise mit einigen Elementen des Indie Rock ist der zugänglichste und ebenfalls am meisten wohltuende Aspekt auf diesem Studioalbum. Gerade dieser Teilbereich hebt die dreizehn regulären Songs in angenehmer Weise vom Standard-Deutschrock der Marke Frei.Wild oder Unantastbar ab. Als Bonusstücke erhält man die englische Version von „Der Augenblick“, die hier als „The Moment“ betitelt ist, und die akustische Darbietung des Titels „Der Hoffnung entgegen“, der in der ursprünglichen Fassung auf dem Longplayer „Tangodiesel“ aus dem Jahr 2012 zu finden ist. Besonders hervorzuheben ist außerdem das interessante Artwork, das mit seiner Echolot-Struktur bei näherem Betrachten einen netten 3D-Effekt erzielt.

Das Echo für das sechste Studiowerk von MASSENDEFEKT könnte ein weitaus schlechteres sein. Qualitativ wird die Mixtur aus Punk, Indie Rock und Popmusik in einer guten Art und Weise präsentiert. Einiges Ohrwurmpotential bringen die Songs des Albums ebenfalls mit, während man trotz stilistischer Nähe Abwechslung integrieren konnte. Wer mit auf Tiefgang getrimmten Inhalten bisher nichts anfangen konnte, der wird hier nicht fündig werden. Anhänger der Düsseldorfer Band oder der angesprochenen Stilmischung können mit Wohlwollen ein Reinhören riskieren. Neue, bahnbrechende Ideen darf man aber nicht erwarten.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Christian Denner

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