Review Mayhem – Pure Fucking Mayhem (DVD)

  • Label: Index
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Black Metal

MAYHEM – Mit Bathory wohl DIE Band, an der man bis heute nicht vorbei kommt, wenn es um die Geschichte und Ursprünge des Black Metal geht. Das dachte sich auch Stefan Rydehed dieser Tage und machte sich daran, eine Dokumentation über die norwegische Black Metal Ausnahme-Band zu drehen. Dass sich „Ausnahme“ dabei keineswegs notwendigerweise auf die Musik bezieht, wird im Laufe der DVD mehr als deutlich.
Das Ganze beginnt aber noch sehr beschaulich. Necro Butcher und Manheim erzählen etwas über die Anfänge der Band, als man noch Motörhead coverte und die Welt trotz immer extremerer Orientierung irgendwo noch in Ordnung war. Kurz, der Bär steppte noch nicht im Hause MAYHEM. Das änderte sich aber bald, als ein gewisser Dead in die Band eintrat, auf dem, wie die nette Dame die die Kommentare spricht treffend mitteilt eine Art Fluch zu lasten schien. Zu solchen Zeitpunkten leistet die Dokumentation sehr gute Arbeit: Durch unheilvolles Klaviergeklimper und bedeutungsschwangere Kommentare und Kapitelbetitelungen wird eine sehr bedrückende Atmosphäre geschaffen, die die folgenden Szenen und Anmerkungen Necro Butchers und Manheims tatsächlich in ein anderes Licht stellen. Hier wird also geradezu trefflich inszeniert, abermals gelingt dies beim Eintritt Attilas in die Band, der mit einigen Fotos garniert wird, auf welchen der Ungar für mich tatsächlich um einiges kränker wirkt, als viele andere Black Metal-Köpfe mit ihrem Corpsepaint.
Ohne erstmal weiter auf den Inhalt einzugehen, will ich nun ein paar Worte zu den Rahmenbedingungen verlieren. Neben Manheim und Necro Butcher, die bereits erwähnt wurden und den größten Teil der Zeit ihre Gesichter in die Kamera halten, gibt es noch Interviews mit Attila Csihar und dem Übergangssänger und -bassist Occultus. Einerseits ist es natürlich irgendwo verständlich, dass hier nicht allzu große Auswahl geboten werden kann, da Euronymous, Dead und Vikernes sich etwas schwer tun, etwas zur DVD beizusteuern, andererseits hätte es da auch noch Messiah und Maniac gegeben, die sicher beide aufschlussreiche, vermutlich auch abweichende Sichtweisen darlegen hätten können. Gerade Maniac war ja doch nicht unwesentlich am Schaffen Mayhems beteiligt. Dass auch Hellhammer kein Wort auf „Pure Fucking Mayhem“ verliert, enttäuscht allerdings noch einmal mehr, wenn mit einem „Höchstmaß an Authenzität“ geworben wird, sollte das auch von jemandem, der der Gerüchteküche nach an den „blutigen Straftaten“ (oder wenigstens deren ebenso gerüchteweise teils perversen Folgen) beteiligt war, kommentiert werden.

Obwohl die DVD besonders die Gründungsjahre informativ beleuchtet, ist leider verpasst worden, rechtzeitig Schluss zu machen. Spätestens ab den Kommentaren zu „Grand Declaration of War“, das als „bis heute eines der komplexesten Alben im Black Metal“ gepriesen wird, wird „Pure Fucking Mayhem“ lächerlich und kann unmöglich weiter ernst genommen werden. Wenn mit den schon erwähnten stimmungsvollen Kapitel-Intros angekündigt wird, dass Attila „Ordo Ad Chao“ chaotischer wollte als das vorige Material, verkommt „Pure Fucking Mayhem“ zu blödsinnigem Gehype, was einfach nichts mehr mit einer Dokumentation zu tun hat, sondern absolut störend und unpassend im Vergleich zu vorangegangen Szenen wirkt und diese in ihrer Wirkung rückblickend auch schmälert. Es interessiert für die Geschichte der Band einfach nicht, ob Attila das aktuelle Album für „chaotic structure“ oder „structured chaos“ hält, worüber aber eine gefühlte halbe Stunde philosophiert wird.
Zuletzt könnte man sicher noch bemängeln, dass überwiegend nur mit Fotos gearbeitet wird, wenn es um die Geschichte der Band geht, und nur wenige Videoaufnahmen vorhanden sind, aber das dürfte eher daran liegen, dass weiteres Material schlicht kaum existieren dürfte, was man kaum als Vorwurf anbringen kann. Zumal der technische Aspekt ansonsten in Ordnung geht, die Bildqualität ist bei den Interviews in Ordnung und zweckmäßig, Sprachausgabe gibt’s nur auf Englisch, dafür aber auch in 5.1 (was die DVD ehrlich gesagt nicht wirklich voranbringt). Untertitel sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch, allerdings empfehle ich, das Filmchen ohne Untertitel anzusehen, da einem der trockene Humor, den gerade Manheim bisweilen an den Tag legt beim Mitlesen vollkommen entgeht.

Bliebe noch zu klären, für wen die DVD bezüglich des Inhalts vor dem etwa halbstündigen Werbespot zu den aktuelleren Alben brauchbar ist. Denn für diese Hälfte würde ja irgendwo doch noch Kaufanreiz bestehen. Hier tut sich eine gewisse Problematik auf:

Deshalb würde ich Menschen, die sich mit den Norwegern noch nicht auskennen, empfehlen, sich, wenn die DVD ins Haus soll, zusätzlich im Internet zu informieren. Wem das nicht reicht, der kann sich auch „Lords of Chaos“ zur Lektüre zulegen, wobei man beim Lesen Michael Moynihans zweifelhafte politische Einstellung im Hinterkopf behalten sollte. Spätestens hier, aber selbstverständlich auch im Internet sind außerdem die meisten in „Pure Fucking Mayhem“ verwendeten Fotos zu finden.
Ich bin hier etwas unzufrieden mit der Bandbreite an Informationen, gerade, als Helvete besprochen wird, hatte ich häufig des Gefühl, es würde doch zu wenig umfassendes Material geliefert. Ob dies noch zur Aufgabe einer MAYHEM-DVD gehört kann natürlich in Frage gestellt werden.

Jene, die mit MAYHEM noch nie etwas am Hut hatten, bekommen einen etwas zu groben Überblick über die Geschichte der Band, die zu dieser Zeit nunmal quasi identisch mit der Geschichte der norwegischen Black Metal war. Bisweilen fehlt der folglich notwendige größere Zusammenhang ein wenig. Deshalb würde ich Menschen, die sich mit den Norwegern noch nicht auskennen, eher „Lords of Chaos“ ans Herz legen, das umfangreicher ist und mit mehr Hintergrund sowie größerer Informations- und Interviewdichte aufwartet. Zumal „Pure Fucking Mayhem“ dem Auge selten Bilder bietet, auf die man nicht auch nach wenig aufwendiger Recherche im Internet oder etwas Blättern im Buch zu Gesicht bekommt.

Der allerletzte Absatz gilt der beigelegten Audio CD mit Klavierstücken, die vom Black Metal inspiriert ist. Ganz kurz: Etwas besonderes gibt es hier nicht, das Geklimper, das als Hintergrund in der Doku ganz nett klingt, kann solo nicht zum Anhören reizen.

Keine Wertung

Publiziert am von Marius Mutz

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