Review Mayhem – Daemon

  • Label: Century Media
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Der musikalische Werdegang von MAYHEM lässt sich – jenseits aller Kirchenbrände, Morde und Skandale – in drei Akten erzählen, benannt nach den drei prägenden Musikern, Euronymous, Blasphemer, Teloch. Während ersterer den musikalischen Grundstein legte, sorgte zweiterer mit extraordinären Alben wie „The Grand Declaration Of War“ oder „Ordo Ad Chao“ für Aufsehen und den Ruf.

Seit 2011 nun ist bei MAYHEM das Zeitalter von Teloch angebrochen. Und wie sein Vorgänger prägt er die Band mehr als alle übrigen, dauerhaften Mitglieder – wenngleich der Mann am Bass, der ausgerechnet von 1991 bis 1994 (und damit auf dem legendärsten aller Black-Metal-Alben, „De Mysteriis Dom Satanas“) nicht mit von der Partie war, das sicher anders sieht.

Besagter Teloch von Nidingr, so geht die Geschichte, bewarb sich auf den vakanten Posten des Gitarristen mit einem fertig geschriebenen Album, das Esoteric Warfare“ werden sollte. Lässt man außen vor, dass das als Bankrotterklärung einer Band gewertet werden muss, kann man Telochs Leistung kaum hoch genug einstufen: Nicht nur, dass es ihm gelungen ist, ein Album zu schreiben, das sich völlig logisch in die MAYHEM-Diskographie einreiht – nein, auf „Esoteric Warfare“ gibt er der Band darüber hinaus durch kleine Kniffe auch eine neue Wendung und hält die alte Dame des Black Metal so zeitgemäß und attraktiv. Eine Leistung, die erst einmal wiederholt sein will.

Und so ist die Spannung groß, ob „Daemon“ nach fünf Jahren Wartezeit den hohen Erwartungen gerecht wird. „Jein“ lautet der Spoiler – eine aussagekräftigere Antwort lässt sich in einem Wort leider nicht geben.

Denn „Daemon“ ist in vielen Aspekten nichts weniger als grandios. Ob nun Attilas Performance, die einmal mehr (und krasser denn je) die verschiedensten Stile abdeckt, vom Geröchel eines Gemeuchelten bis zu pathetisch geschmettertem Klargesang. Hellhammers rasantes Schlagzeugspiel, das einmal mehr Maßstäbe im Extreme-Metal setzt. Oder eben Telochs Arrangement der Saiteninstrumente, mit dem es ihm von der ersten Sekunde an gelingt, eine MAYHEM-typische Atmosphäre zu kreieren. Ein rasantes Riff zum Einstieg, spannende Gitarrenarbeit, Tempowechsel, ein im generell sehr ausgewogenen Mix für Black Metal erfreulich präsenter Bass und eben Attila, wie er schreit und lebt – schon der Opener „The Dying False King“ ist eine Machtdemonstration.

Derer finden sich auf „Daemon“ einige: „Malum“ etwa, eine ruhigere Nummer, die vor allem als Bühne für Attilas Gesangskünste fungiert. Das schleppende „Daemon Spawn“ mit seiner verloren-geheimnisvollen Atmosphäre. Oder „Falsified And Hatred“ und „Worthless Abominations Destroyed“, zwei aggressive Hassbrocken, die aber bei aller Härte stets eine gewisse Melodik beibehalten. Und auch in den restlichen Songs finden sich immer wieder Details – hier ein Solo, da ein Break, dort eine schöne Basslinie – die verzücken können.

Und doch will „Daemon“ als Album nicht so zünden wie „Esoteric Warfare“. Obwohl es in der Standard-Edition mit zehn Songs mit 49:27 Minuten Spielzeit nur unwesentlich länger ist als seine Vorgänger, wirkt es deutlich langatmiger. Vielleicht, weil zwischen den herausragenden Tracks einige gute, aber auch recht ähnliche Nummern stehen – vielleicht, weil der trockenere, transparentere Sound schnell anstrengend wird und weniger verborgen hält, das erst noch entdeckt werden möchte.

„Daemon“ ist ein weiteres mustergültiges MAYHEM-Album, dessen Songs sich zweifelsohne perfekt in die Setlists künftiger Konzerte eingliedern werden. Als Album kann „Daemon“ dennoch nicht ganz mit seinem Vorgänger mithalten – nicht zuletzt, weil der schneidende Sound das Werk auf Dauer anstrengender macht als nötig. In Anbetracht der immer noch extrem hohen Qualität des gebotenen Materials ist das zwar schade, aber absolut verkraftbar: Davon, eine Enttäuschung zu sein, ist auch das sechste Album der Norweger weit entfernt.

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Wertung: 8 / 10

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4 Kommentare zu “Mayhem – Daemon

  1. Ich glaube Varg Vikernes ist es herzlich egal, welche Leistungen Teloch und Co heutzutage fabrizieren. Auch hat er sich fernab von jahrzehntenalten Interviews nie als das Mayhem Mastermind gesehen.

    Total sinnlose Anspielung in eurem ansonsten wie gewohnt sehr guten Review.

    Das Mayhem anno 2019 noch leben und nach wie vor grandiose Alben machen ist wirklich beachtlich. Hat doch kaum eine andere Band einen solchen Ruf.

      1. Richtig. Sollte hier eine Missverständlichkeit entstanden sein, tut es mir leid. Die Anspielung ging tatsächlich in Richtung Necrobutcher, der die entscheidende Phase „verpasst“ hat, aber stets tut, als wäre er der wichtigste von allen. Der Verständlichkeit halber wurde die Stelle nun umformuliert.

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