Review Metallica – S&M

Dass Metal und sinfonische Musik sich wunderbar vereinen lassen, ist ein Umstand, den bis heute zahlreiche Bands nutzen. Ob nun für poppigen Symphonic Metal, für düsteren Symphonic Black/Death Metal oder für avantgardistische und experimentelle Zwecke – reale oder elektronisch simulierte Orchester können der Musik häufig eine neue Klang- und Wirkungsebene hinzufügen.
Dass eine Thrash-Metal-Band auf ein Orchester zurückgreift, ist dagegen eher ungewöhnlich. Noch dazu, wenn es nicht dafür verwendet wird, um eigens dafür komponierte Stücke umzusetzen, sondern um den bereits bestehenden Katalog um orchestrale Elemente zu erweitern.
METALLICA wagten diesen Versuch 1999, nachdem Komponist und Dirigent Michael Kamen, der für solche Zusammenarbeiten bekannt ist, mit der Idee auf sie zukam. Das Ergebnis der Kollaboration: Das Live- bzw. Videoalbum „S&M“ (Symphonie & METALLICA).

Besonders das Mitwirken eines in diesem Bereich professionell arbeitenden Musikers ist wohl letztlich der Grund, warum „S&M“ anderen Symphonic-Metal-Projekten weit überlegen ist. Während viele andere Bands aufgrund fehlender Erfahrung oder Ausbildung in dieser Branche ihre Musik lediglich mit Streicherflächen und ein paar Bläsern untermalen, können METALLICA auf „S&M“ mit wahnsinnig detaillierten und perfekt ausgearbeiteten Orchesterarrangements punkten, die allesamt aus Kamens Feder stammen. So sind die wild umherwirbelnden Violinen und Bratschen, die kräftigen Blechbläser, die sanften Flöten, die verträumten Harfen und all diese Instrumente nicht nur nettes Gimmick, sondern eine tatsächliche Bereicherung für die meisten Songs.
Bereits das dieses Mal nicht vom Band abgespielte, sondern live vorgetragene Morricone-Stück „The Ecstasy Of Gold“ und das daran anschließende, für die Opener-Position ungewöhnliche „The Call Of Ktulu“ zeigen eindrucksvoll, wie brillant sich diese beiden Welten kombinieren lassen. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass METALLICAs Thrash Metal, anders als beispielsweise der von Slayer, Anthrax oder vergleichbaren Bands, durch Cliff Burtons Einfluss stets von klassisch-harmonischem Songwriting geprägt war.

Insgesamt muss man dabei allerdings sagen, dass die langsameren, getragenen sowie die Midtemposongs am meisten durch das Hinzufügen sinfonischer Elemente an Reiz gewinnen. Das ohnehin schon fies stampfende „Of Wolf And Man“ wirkt durch die sich um die Gitarren- und Schlagzeugakzente schlängelnde Streichersektion noch mal wesentlich bedrohlicher, das anschließende „The Thing That Should Not Be“ noch mysteriöser und dramatischer. Sogar so mancher Song aus der „Load“- und „Reload“-Phase, beispielsweise das vom Publikum lautstark mitgesungene „The Memory Remains“ oder das ruhige „Until It Sleeps“ kann in dieser Variante deutlich besser wirken als in der nüchternen Hard-Rock-Version. Nichtsdestotrotz funktionieren andere Songs aus dieser Ära ebenso wenig wie auf den beiden Studioalben, was vor allem der ersten „S&M“-Scheibe gegen Ende nach dem großartigen, extra für die Live-Platte komponierten „No Leaf Clover“ einen kleinen Durchhänger beschert, bevor die zweite CD mit der bis heute besten und ergreifendsten Version von „Nothing Else Matters“, das erstmals sein ganzes Potential entfalten kann, wieder voll durchstartet.
Dass für ein METALLICA-Set auch ihre typischen Thrash-Hits nicht fehlen dürfen, ist logisch und verständlich. Für eine sinfonische Umsetzung eignen sich ansonsten überaus brillante Stücke wie „Master Of Puppets“, „Battery“ oder „Fuel“ allerdings nur bedingt. Glücklicherweise bleiben dies aber die einzigen Hochgeschindigkeitsausbrüche auf dem ansonsten eher Heavy-Metal-lastigen „S&M“.

METALLICA ist mit ihrer Sinfonie-Kollaboration ein absolut fantastisches Werk geglückt, das man so damals sicher nicht erwartet hätte. Komponist Michael Kamen beschert der Band eine absolut kongeniale Umsetzung vieler ihrer legendären Musikstücke und macht „S&M“ damit zu einer der besten Live-Platten aller Zeiten. Ob Spielleistung, Kreativität in den Arrangements oder Produktion – METALLICAs Ausnahme-Live-Album macht nahezu alles richtig. Einzig die Songauswahl erschließt sich an manchen Stellen nicht so ganz, hätte es doch statt dem ein oder anderen „Load“-/„Reload“- bzw. Thrash-Stück noch passendere Titel der Band gegeben. Aber sei es drum. „S&M“ ist auch fast 20 Jahre der musikalischen Weiterentwicklung später immer noch nahezu konkurrenzlos in dem, was es zu bieten hat. Eine solche Momentaufnahme muss man erst einmal schaffen.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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