Konzertbericht: Metallica w/ Architects, Mammoth WVH

24.05.2024 München, Olympiastadion

METALLICA im Münchner Olympiastadion – das ist eine sichere Bank. Zwar ist das letzte Mal schon einige Jahre her (und war leider auch nicht sonderlich gut), ausverkauftes Haus ist trotzdem garantiert: Viele Fans kommen für den Tourauftakt aus dem Ausland in Bayerns Landeshauptstadt – aber METALLICA ist eben auch die Band, auf die sich von Metalheads bis zur Schickeria alle einigen können. Jugendliche hingegen sieht man zumeist nur in Begleitung ihrer Eltern. Um nicht rund 250 € für die Doppelshow berappen zu müssen, nimmt so mancher Teen augenscheinlich sogar die peinlichen Erzeuger in Kauf. So weit, so gewohnt.

Neu ist diesmal ebenjenes Doppelshow-Konzept. METALLICA spulen im Rahmen ihrer „No Repeat Weekend“-Tour nicht, wie andere Rockgrößen, mehrfach hintereinander ein Programm ab, sondern haben für die zwei Shows in jeder Stadt zwei grundverschiedene Setlists mitgebracht. Neu ist auch das Stagedesign: Statt nur eines V-förmigen Auslegers besteht die Bühne diesmal aus einem einzigen, gigantischen Ring, der mit seinem dunklen, rutschfesten Belag an eine Carrera-Bahn erinnert.

Vielleicht hatten MAMMOTH WVH (um Eddie Van Halens Sohn Wolfgang) und ARCHITECTS diese Assoziation auch – jedenfalls laufen Musiker beider Bands eifrig im Kreis, verzweifelt darum bemüht, der riesigen Bühne und damit des Publikums Herr zu werden. So richtig gelingt das keiner von beiden: MAMMOTH WVH nicht, weil ihr Rock zwar gut gemacht, aber alles andere als spannend ist, und ARCHITECTS nicht, weil der Band eindeutig das Spektakel fehlt, das ihre Headliner-Shows so mitreißend wirken lässt. Dass der sonst durchaus modebewusst auftretende Sam Carter heute im Deutschland-Trikot antritt, ist sicher nett gemeint, gibt dem Ganzen dann aber doch eher Fanfest-Charakter als zusätzliche Tiefe. Ob sich die Bands mit diesen sicher teuer erkauften Shows einen Gefallen tun, sei mal dahingestellt – dass METALLICA überhaupt Vorbands auf ihre Bühne lassen und nicht nur Klavierspielerinnen auf eine B-Stage stellen, muss man ihnen trotzdem hoch anrechnen.

  1. Seeing Red
  2. Giving Blood
  3. Deep Fake
  4. Impermanence
  5. Black Lungs
  6. Curse
  7. Royal Beggars
  8. Doomsday
  9. Meteor
  10. When We Were Young
  11. Animals

Dass man diese Bühne meistern kann, beweisen METALLICA von Minute eins: Obwohl nur zu viert, beherrschen METALLICA ihre Bühne von der ersten Sekunde an mit beeindruckender Souveränität. Klar, das hat auch damit zu tun, dass für Lars im Verlauf der Show an allen vier „Ecken“ des Kreises für ein paar Songs ein Drumkit aus dem Bühnenboden emporgefahren wird. Wie insbesondere James’ Charisma aber selbst vom gegenüberliegenden Punkt der Bühne aus mitzureißen vermag, sucht seinesgleichen.

Die stärksten Momente kreieren zunächst trotzdem die Fans – durch ohrenbetäubendes Mitsingen der Intro-Hymne „The Ecstasy Of Gold“, in „Memory Remains“ oder – natürlich – „Nothing Else Matters“. Zwar kommt Kirk dabei heute sogar ohne einen seiner zuletzt fast Slapstick-artigen Hänger durch, und auch sonst klingen METALLICA erfreulich gut aufeinander eingespielt – irgendwie wirkt alles aber doch arg routiniert. Das ändert sich mit besagtem „Nothing Else Matters“. Dass ausgerechnet hier die ersten Regentropfen fallen, schreit ja fast nach Plattitüden wie „der Himmel weint vor Rührung“. Doch eher das Gegenteil ist der Fall: Hier rührt der Himmel etwas, und zwar alles kräftig um.

Bald zucken grelle Blitze am Himmel, dann schüttet es wie aus Kübeln. Doch METALLICA verziehen nicht eine Miene und spielen davon, dass um sie herum die Welt untergeht, unberührt weiter. Und genau darin liegt der Zauber: Als hätte der Regen METALLICA gezeigt, worum es eigentlich geht, wirkt die Band auf einmal viel präsenter, zu 100 % im Hier und Jetzt. Diese Show ist nicht mehr Routine, diese Show ist ein Fight. Und METALLICA nehmen den Kampf an. Dass Kirks Knie zuvor Probleme gemacht hatte? Vergessen. Dass James sich am Ringfinger verletzt hat, dass das Blut nur so auf die Gitarre tropft – egal. Wie eine Einheit, als Band, aber auch mit den Fans, die nahezu alle auf ihren Plätzen ausharren, geht es nun auf und davon: Full speed or nothing? METALLICA meinen es so, und nothing, also Abbruch, kommt diesen Männern nicht in den Sinn.

Ein paar humorige Kommentare von Hetflield reichen als Kit zwischen den Hits, vor allem aber zwischen Band und Fans: Das trockene „A bit late“ etwa, als er, schon triefnass, vom Roadie doch noch eine Regenjacke ausgehändigt bekommt. Oder auch: „It’s just water!“ Denn der Satz kommt heute eben nicht aus dem Mund des Rockstars, der auf einer schützenden Bühne im Trockenen steht, während die Fans langsam durchweichen. Den Satz sagt ein Gleicher unter Gleichen. Und auch Lars Ulrichs Abschiedsworte wirken nicht wie Gefasel: „München – ich bin kalt. Thank you for sharing this once-in-a-lifetime experience.“

  1. Whiplash
  2. For Whom The Bell Tolls
  3. Of Wolf And Man
  4. The Memory Remains
  5. Lux Æterna
  6. Too Far Gone?
  7. Fade To Black
  8. Shadows Follow
  9. Orion
  10. Nothing Else Matters
  11. Sad But True
  12. The Day That Never Comes
  13. Hardwired
  14. Fuel
  15. Seek & Destroy
  16. Master Of Puppets

Nur Hits, perfekter Sound und eine Band, die so gut zusammenspielt wie lange nicht gesehen – dass der heutige Abend besser werden würde als ihre letzte München-Show, war schnell klar. Dass ausgerechnet ein Gewitter mit Starkregen die letzten paar Prozent aus den Routiniers herauskitzeln würde, war aber nicht abzusehen. Strahlend bedankt sich Kirk am Ende – nicht bei den Fans, sondern für den Regen: „München, thank you for the rain!“ Man nimmt es ihm ab: In einem Business, das auf Routinen gebaut ist, war dieser Abend vielleicht der belebende Schwall kaltes Wasser ins Gesicht. Apropos Routine: Ins Olympiastadion München werden METALLICA so schnell wohl nicht zurückkehren können: Von Herbst 2025 bis voraussichtlich Frühjahr 2027 muss das Stadion für umfassende Sanierungsmaßnahmen komplett geschlossen werden.

Weiter zur zweiten Show:

Metallica w/ Five Finger Death Punch, Ice Nine Kills

Publiziert am von

Fotos von: Moritz Grütz und Aris Tzikas (Gastredakteur)

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