Review Metallica – Hardwired…To Self-Destruct

  • Label: Blackened
  • Veröffentlicht: 2016
  • Spielart: Heavy Metal

In den letzten Jahren rankten sich diverse Mythen um sich möglicherweise in Arbeit befindende Alben von Bands, die schon lange keine neue Musik mehr produziert hatten. Zwischen Tool und System Of A Down fanden dort auch METALLICA ihren Platz. Nicht zuletzt durch die äußerst skurrile Berichterstattung – man erinnere sich an die Geschichte von Kirk Hammetts verlorenem iPhone, auf dem angeblich 250 Riffs exklusiv (!) gespeichert gewesen sein sollen – glaubten viele schon nicht mehr, dass die Metal-Veteranen überhaupt an etwas Neuem arbeiteten. Und dann kam sie ganz plötzlich aus dem Nichts, die Albumankündigung zu „Hardwired…To Self-Destruct“. Ein Doppelalbum soll es werden. Mit dabei: das Coverartwork und der erste Song. Von einem Moment auf den nächsten schien wieder alles möglich.

Nun, drei Monate später, ist es tatsächlich da. Nach einer ohnehin mehr als umfangreichen Promokampagne samt spektakulärer Release-Aktion, bei der die Band im Zwei-Stunden-Takt alle zwölf Songs zusammen mit einem jeweils eigenen Musikvideo bis zum Releasedatum hochgeladen hatte.

Die ersten vorab veröffentlichten Tracks versprachen viel und versetzten die Fans in Freude. Mit dem Titeltrack, der genau dort ansetzt, wo ihr letztes Album mit „My Apocalypse“ aufhörte, dem eingängigen, kraftvollen Albumhighlight „Moth Into Flame“ und dem nicht minder schiebenden „Atlas, Rise!“ samt Iron-Maiden-Gedächtnischorus bot die Band gleich drei waschechte Thrash-Songs an, die eine Brücke zwischen ihren alten Werken und „Death Magnetic“ schlugen. Auch der arg unschöne Sound von letzterem wurde nun durch einen zeitgemäßen, hochwertigeren ausgetauscht.
Leider stellen besagte drei Songs jedoch bereits die qualitativen Höhepunkte des Albums dar. Nicht, dass „Hardwired…To Self-Destruct“ schlecht wäre, jedoch vermag keiner der neun anderen Songs auf ähnliche Weise zu überzeugen. Stilistisch entscheiden sich METALLICA auf ihrem neuen Werk die erste CD klar von der zweiten zu trennen. Wo die drei flotteren Thrash-Nummern allesamt auf der ersten Scheibe ihren Platz finden, da dominieren klassische, langsamere Heavy-Metal-Biester im „Load“-/„ReLoad“-Stil die zweite. Wer mit der Diskographie der Truppe vertraut ist, kann nun schon ahnen, welche der beiden CDs die gelungenere ist.

Als hätten sie nichts aus den Fanreaktionen vergangener Tage gelernt, reproduzieren METALLICA bei einigen Songs genau die gleichen Fehler, die schon „Load“ und „ReLoad“ zu einem Vergnügen mit gemischten Gefühlen machten. Zwar stehen den Thrashern auch melodischere Seiten ziemlich gut, nicht zuletzt dank des noch immer fabelhaften, unverwechselbaren Gesangs von James Hetfield, ihre zahlreichen Midtempo-Nummern wollen aber teilweise einfach nicht in Fahrt kommen. Misslungene Stücke wie das vollkommen identitätslose „Now That We’re Dead“ oder das seltsam schleppende „Am I Savage?“ langweilen eher mit banalen Riffs und Gesangslinien. Auch etwas solidere Stücke wie „Confusion“ oder „ManUNkind“ wissen zwar zu unterhalten, zu wirklicher Begeisterung fehlt dann aber doch einiges.
Das ist auch zu großen Teilen den mal wieder übertriebenen Songlängen geschuldet. Statt auf den Punkt und dann zum Ende zu kommen, verheddert sich die Band des Öfteren in nicht enden wollenden Riffketten. Ob dies dem Ausschluss von Leadgitarrist Kirk Hammett aus dem Songwritingprozess zu verdanken ist, darüber kann nur spekuliert werden.
Doch neben den genannten Problemen funktionieren dennoch die meisten der Songs ziemlich gut. „Dream No More“ channelt sowohl musikalisch als auch textlich das sich um den Chtulhu-Mythos drehende „The Thing That Should Not Be“ von ihrem Meisterwerk „Master Of Puppets“ und macht dabei als Hommage-Fortsetzungs-Hybrid eine äußerst gute Figur. „Halo On Fire“ und das Lemmy-Tribute-Lied „Murder One“ können mit schönen Gesangsmelodien punkten. Das enorm gefällige „Here Comes Revenge“ zeigt dann auch noch mal mustergültig die düstere Seite METALLICAs und das rasante „Spit Out The Bone“ beendet das Album angemessen mit einem letzten, saftigen Energieschub.

Mit „Hardwired…To Self-Destruct“ ist der Metal-Legende METALLICA ein mehr als solides Album gelungen, das jedoch in Sachen Qualität nicht an das grandiose Vorgängerwerk „Death Magnetic“ und erst recht nicht an die Alben aus den 80ern anschließen kann. Neben einigen sehr feinen Stücken finden leider auch ein paar wenige Blindgänger Platz auf dem Album und verbauen diesem das Potential, eine größere Nummer zu werden. Wenn außerdem das das Ergebnis aus acht Jahren Arbeit und, laut Lars Ulrich, 600 musikalischen Ideen sein soll, wohingegen ihre Big-Four-Kollegen von Megadeth, Anthrax und Slayer in weitaus weniger Zeit vergleichbar gute Alben zustande brachten, dann sollten sich METALLICA fürs nächste Mal vielleicht doch wieder einen engeren Zeitrahmen setzen. Unter diesen Bedingungen scheinen sie besser zu funktionieren.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

4 Kommentare zu “Metallica – Hardwired…To Self-Destruct

  1. Ach, „All Nightmare Long“ auf dem Vorgänger war auch eine Verneigung vor dem Cthulhu-Mythos. Wenn auch nicht direkt an Lovecraft oder eine seiner Geschichten sondern an Frank Belknap Longs „The Hounds of Tindalos“.

  2. Ich mag zwei Songs, die den Titeltrack und „Dream No More“. „Moth into Flame“ fand ich am schwächsten. Alles in allem zu schwach, als dass ich es mir kaufen würde. Etwa auf demselben Level, auf dem „Death Magnetic“ auch schon war. Da habe ich die Aufregung um das Album auch schon nicht verstanden. Es hilft sicher nicht, dass ich von vorneherein kein großer Fan der Band bin. Daher muss mich ein Album von Metallica schon sehr überzeugen. Metallica sind die ersten fünf Alben + „Live Shit: Binge & Purge“ und für zwischendurch die Coverscheibe. Ich sehe keinen Grund dafür, mir „Death Magnetic“ oder „Hardwired“ anzuhören, wenn ich stattdessen auch die „Metallica“ oder „Master of Puppets“ auflegen kann, die mich einfach um so viel mehr überzeugt haben. Back to the Roots? Aufgewärmt, bestenfalls. Dass es in altbekannte Richtungen geht, oder zumindest die Fühler dahin ausstreckt, mag nett sein, sorgt aber noch nicht für ein Meisterwerk. Mit 6/10 Punkten wäre die Scheibe großzügig bewertet.

    1. Hallo Donn Gorden,

      danke für dein Feedback! Welche Punkte siehst du denn ganz anders? Fandest du das Album deutlich besser, oder deutlich schlechter als von mir beschrieben?
      Aber ja, du hast Recht. Letztlich ist das alles immer subjektiv. ;)

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