Review Naglfar – Harvest

NAGLFAR sind einfach nicht totzukriegen. Seit nunmehr 15 Jahren Knüppeln sich die Schweden als einer der wohl populärsten Extrem-Metal-Acts durch die Szene und knallen einem stets höchst energiegeladene Scheiben vor den Latz. Auch auf der Bühne ist der Fünfer immer irgendwo unterwegs und machte sich über die Jahre als durchaus kompetenter Liveact einen Namen. Doch auch Kritiker haben immer was zu meckern: Spätestens seit dem 2003er Werk „Sheol“, das ein wesentlich breiteres musikalisches Spektrum abdeckte und so auch Anhänger außerhalb der Black Metal Szene gewinnen konnte, wird der Band am laufenden Bande der Ausverkauf und das ständige Kopieren alter Ideen vorgeworfen. Spätestens mit „Pariah“, dem ersten Silberling, auf dem Ex-Frontkeifer Jens Rydén nicht mehr zu hören war und durch den Bassisten Kristoffer Olivius, der bis dahin auch bei Setherial am Mikro stand, ersetzt wurde, spalteten sich einige alte Fans ab, denen die Musik zu frickelig und klinisch, aber auch zu einseitig wurde. Zugegeben, „Pariah“ war ein gewagtes Experiment, besonders aufgrund der sehr mechanisch wirkenden Produktion und dem neuartigen Gesang „Wraths“ sagte das Teil nicht jedem zu. Nun, zwei Jahre später, setzen NAGLFAR ihre Karriere mit „Harvest“ fort. Auch ich als einer derjenigen, denen „Pariah“ durchaus gefiel, war ich äußerst gespannt, was das neue Werk bringen würde und ich muss sagen, dass ich von Anfang an alles andere als enttäuscht war.

„Never change a running system“, so heißt es doch so schön und sichtlich ist auch das schwedische Quintett dieser Meinung. „Into The Black“ eröffnet urtypisch, zu 100% nach dem Schema NAGLFAR eben. Sofort fällt auf, dass sich die Produktion, ebenso wie das Riffing wieder viel mehr an „Sheol“ als an „Pariah“ orientiert. Zugunsten der Stimmung wurde das „Dreckige“ wieder ein wenig mehr eingebracht, was auch der Gesang deutlich unterstreicht. Kristoffers stimmliche Leistungen haben sich zweifellos markant verbessert und passen sich der Musik wesentlich besser an. Wie immer steht gitarrenbetonter, relativ melodischer Black Metal mit seinen diversen Anleihen aus dem Death Metal auf dem Programm, wobei man sich auf alte Strukturen beruft, ohne eine Revolution herbeizaubern zu wollen, was „Harvest“ ein weiteres Mal vom meiner Auffassung nach doch recht unkonventionellen „Pariah“ abhebt. Es wird weniger auf tremologezupfte Arpeggios als viel mehr auf die schon auf „Sheol“ reichlich vorhandenen simplen Powerchordfolgen und das sowieso stets präsente, gute alte Tapping gesetzt. Ein sehr guter Einstieg also, der auch durch seinen abermals eingängigen Refrain glänzt. „Breathe Through Me“ erinnerte mich da schon viel mehr an den Vorgänger, wiegt sich dann aber doch wieder etwas mehr in der alten Einfachheit. Sehr lecker auch wieder der etwas „andere“ Refrain, der diesen Titel auch zu etwas besonderem macht.

So geht es durch und durch, NAGLFAR bleiben sich selbst treu, machen in gewisser Hinsicht einen Schritt zurück, andererseits aber auch wieder einen nach vorn. Ein weiteres Mal wird dies von „The Mirrors Of My Soul“ bewiesen, wo mehr auf simples Riffing gesetzt wird (was im Vergleich zum vorigen Album eher einen Schritt zurück darstellt), was durch geschickte Tonabfolgen aber trotzdem sehr frisch und unverbraucht klingt (wo wir beim Schritt nach vorne wären). Außergewöhnlich übrigens auch der Einsatz von Synthesizern, wie er vorher noch nie da war, aber die Grundstimmung beim (großartigen, wenn nicht sogar auf dem Album besten) Titel „The Darkest Road“ durchaus aufbessert. Recht eigenartig, ist man das bei der Truppe doch eigentlich nicht gewohnt. Wie auch immer, gelungen finde ich das schon, nur sollte man aufpassen, dass es auf dem nächsten Album nicht überhand gewinnt, denn schon hier greift man an einigen Stellen arg tief in die Kiste der künstlichen Klänge, was bei einer Überdosis den Tod bedeuten könnte. Im gesunden Maße ist das allerdings okay und das überschreitet „Harvest“ zu keinem Zeitpunkt, wenn auch manchmal kurz davor.

Im Grunde wissen alle Songs auf voller Länge zu überzeugen. Ich als treuer NAGLFAR-Anhänger (übrigens gefallen mir ausnahmslos alle Alben, auch wenn die frühen Werke mit den heutigen kaum mehr zu vergleichen sind… Das mal nur am Rande) bin alles andere als enttäuscht und der Meinung, dass sich Naglfar seit „Pariah“ eindeutig weiterentwickelt haben, wenn auch indem sie einen kleinen Schritt zurück gemacht haben. Nunja, das mit dem Schritt vor und zurück habe ich ja ausführlichst erläutert. Für viele wird „Harvest“ ein weiteres Album aus der schwedischen Schmiede sein, das sich erneut auf uralte Ideen stützt und somit keinen großen Anklang finden, was ich auch nachvollziehen kann. Für die anderen wird es ein Album sein, das ein einfach gut funktionierendes Schema erneut aufgreift und perfektioniert. Für mich ist „Harvest“ zweifellos das beste aus der Trilogie der letzten vier Jahre, was natürlich auch eine gewisse Befürchtung mit sich bringt, die Luft könne in den nächsten Jahren irgendwann raus sein. Doch schon das 2007er-Scheibchen konnte mich vom Gegenteil überzeugen und die Messlatte erneut ein kleines Stück nach oben legen.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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