Review Shining – Redefining Darkness

  • Label: Spinefarm
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Black Metal

So so … Niklas Kvarforth, der Mann, bei dem Genie und Wahnsinn so nah beisammen liegen wie bei wenigen Musikern der Black-Metal-Szene, zieht also aus, die Dunkelheit neu zu definieren. Eine nicht ganz bescheidene Zielsetzung. Aber gut: in Anbetracht der Tatsache, dass er mit Alben wie „V: Halmstadt“ oder „VII: Född Förlorare“ wahre Meisterwerke tiefschwarzer Tonkunst erschaffen hat, klingt dieser selbstgestellte Anspruch aus seinem Munde zumindest nicht ganz vermessen – wäre ein Album, das diese beiden Meisterwerke übertrifft wohl tatsächlich ein Meilenstein im Black Metal, über den noch viele Jahre geredet werden würde.

Allein wie das eben so ist mit dem Übertreffen von Meisterwerken, ist es keine leichte Aufgabe – auch nicht für einen Niklas Kvarforth, der daran mit „Redefining Darkness“, so viel sei an dieser Stelle vorweggenommen, um endlich Klartext zu reden, kläglich scheitert. Nicht, dass „Redefining Darkness“ an sich ein schlechtes Album wäre – mit den genannten Höhepunkten der SHINING-Historie hat das Album jedoch nur wenig zu tun. Oder besser gesagt: zu viel zu tun. Nur leider das Falsche.

Denn wo Kvarforth, nachdem er mit „V: Halmstadt“ den SHINING-Stil endgültig definiert und diesen auf „VI: Klagopsalmer“ ein erstes Mal etwas überreizt hatte, mit „VII: Född Förlorare“ Mut zu Neuerung und Weiterentwicklung bewiesen hatte, indem er sanfteren Klängen und Klargesangspassagen viel Raum bot, mangelt es „Redefining Darkness“ genau daran – am Mut zu Weiterentwicklung. Natürlich schreibt Kvarforth auch 2012 noch hochwertige Riffs, natürlich ist Kvarforth auch 2012 noch ein herausragender Sänger, und natürlich ist das Album allein auf Basis dieser Fakten besser als 80% der Veröffentlichungen im Black-Metal-Sektor. Verglichen mit den bisherigen SHINING-Werken jedoch gibt es nur wirklich wenig, was „Redefining Darkness“ herausheben würde.

Freilich, das ausschweifende Saxophon-Solo in „The Ghastly Silence“ ist schön, gewiss, auch ein „Han Som Hatar Människan“ ist kompositorisch auf höchstem Niveau, und klar, die typisch SHININGesken Clean-Passagen funktionieren auch in „Hail Darkness Hail“ noch sehr gut – doch bei einer Band wie SHINING muss man so etwas voraussetzen können. Punkten kann eine Band auf diesem Niveau – das ist nun einmal die Krux derer, die es weit nach oben geschafft haben – nur noch durch Superlative… eingängigere Gesangslinien, spannendere Kompositionen, prägnantere Riffs oder gänzlich unerwartete Elemente. Und an diesen mangelt es „Redefining Darkness“ gehörig: „Du, Mitt Knostverk“ fasst zu Beginn mit einer kompositorischen Entwicklung von fast schon primitivem Geknüppel hin zu einem emotionalen Cleanteil den Werdegang der Band recht prägnant, leider aber ebenso unspektakulär zusammen, auf das durch das Saxophon herausgehobene „The Ghastly Silence“ folgt mit „Han Som Hatar Människan“ ein SHINING-Song wie aus dem Lehrbuch, bevor „Hail Darkness Hail“ durch seinen erschreckend belanglos-kitschigen Text („Without you, there’s no light at the end of the tunnel“), wenig reizvolle Gesangslinien sowie einen feigen Fadeout-Schluss verärgert.
Das melancholische Klavierstück „Det Stora Grå“ hätte an dieser Stelle zwar einen schönen Abschluss dargestellt, befriedigend wäre das jedoch nicht gewesen. Insofern ist es tatsächlich eine positive Überraschung, dass auf dieses Stück mit „For The God Below“ ein weiterer Song folgt, welcher zudem erfrischend untypisch klingt: Leise tasten sich hier Akustikgitarren an einen knackigen Distortion-Part heran, welcher sich im Folgenden mit klar übersungenen Akustikpassagen und furiosen Gitarrensoli abwechselt.

Auch wenn Kvarforth im achtminütigen Finale wirklich alle Register zieht und sein songwriterisches Talent gekonnt zur Schau stellt, ist „Redefining Darkness“ am Ende eine Enttäuschung und weit davon entfernt, irgendetwas neu zu definieren: So abgedroschen wie vielleicht noch nie verlassen SHINING sich hier ganz auf ihre jahrelang etablierten Stärken, ohne diese jedoch über das auf den vorigen Alben dargebotene Maß auszuleuchten: Das innovativste an „Redefining Darkness“ bleibt das Artwork – was auch immer Kvarforth mit dem schwarzen Schlips zum Ausdruck bringen möchte.

Sicherlich hat auch das achte SHINING-Werk seine Stärken – an die Dunkelheit einer „IV: The Eerie Cold“, die Hoffnungslosigkeit einer „V: Halmstad“ oder die Traurigkeit einer „VII: Född Förlorare“ kann hier jedoch kein einziger Song heranreichen. Seinem vollmundigen Namen wird „Redefining Darkness“ damit, bei aller gebotenen Qualität, nicht gerecht.

Wertung: 7.5 / 10

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