Review Shining – VII: Född Förlorare

  • Label: Spinefarm
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Black Metal

Dass Genie und Wahnsinn oft nahe beieinander liegen, ist keine neue Erkenntnis. Ein gutes Beispiel dafür sind seit jeher die Schweden SHINING: Während man mit skandalträchtigen Live-Auftritten und nun auch noch im ersten offiziellen Musikvideo der Bandgeschichte (zum Opener des neuen Albums)  als Drogen, Sex und (Auto)aggression glorifizierende Spinner-Band darzustellen versucht, ist das künstlerische Schaffen von Bandkopf Kvarforth auch auf seinem siebten Studioalbum nichts weniger als das krasse Gegenteil: Liebe- und kunstvoll ausgefeilt bis ins kleinste Detail, sind die Werke von einer kompositorischen Genialität, die ihresgleichen sucht – und damit jeden nahezu jeden Wahnsinn rechtfertigt.

„VII: Född Förlorare“, „Geborener Verlierer“, lautet der Titel des neuen Werkes, dessen Artwork – das vielleicht ausdrucksstärkste der bisherigen Diskographie – die in den Worten liegende Tristess besser wohl nicht auf den Punkt bringen könnte. Und doch ist Album Nummer sieben nicht bloß ein weiteres düsteres, melancholisches Black Metal Album. Aber wer hätte das von Kvarforth auch erwartet?

Wagten SHINING bereits auf „VI: Klagopsalmer“ eine gewisse Verspieltheit, gaben sich in den Stücken Raum für Klargesang und virtuose Soli, um das traditionelle SHINING-Kompositionsmuster aus harten Riffs und eingeworfenen, melancholischen Cleanparts aufzulockern, gehen die Schweden nun noch einen Schritt weiter und öffnen sich für weitere Veränderungen: Sound, Gesang, Komposition – es gibt fast keinen Bereich, in dem SHINING nicht Feintuning betrieben haben: So klingt „VII: Född Förlorare“ vielschichtiger und abwechslungsreicher, jedoch zugleich stimmiger als sein Vorgänger: Dezent eingesetzte Effekte zur klanglichen Untermauerung der Riffs, viel Klargesang und einmal mehr viele virtuose Soli des absolut unterbewerteten Gitarristen Huss sorgen für Tiefgang und Abwechslung. Was SHINING anno 2011 zu bieten haben, klingt vielleicht nicht mehr so kalt und düster wie früher – jedoch nicht minder mitreißend. Denn gerade, weil „VII“ weder so böse klingt wie „Angst“, noch so grooved-rockig wie „Halmstadt“, hat „Född Förlorare“ einen ganz eigenen Charakter – ohne dabei freilich die typischen SHINING-Trademarks verloren zu haben.

Beginnt das Album mit „Förtvivlan, Min Arvedel“ noch relativ klassisch mit der bandtypischen Kombination aus getragenem Riffing und einem perlenden Akustik-Part, zieht Kvarforth im weiteren Verlauf von erweiterter Instrumentierung (Cello, Piano, Geige, Bratsche, Mellotron…) über ausladende Gitarrensoli bis hin zu fast schon pop-rockigen Gesangslinien („Tillsammans Är Vi Alt“), an denen wohl die von Kvarforth verehrten Seigmen nicht unschuldig sind, alle Register.

Ein Coversong darf auch dieses Mal natürlich nicht fehlen: War es auf „VI: Klagopsalmer“ noch der Hit „Ohm“ von ebenjenen Seigmen, fiel die Wahl diesmal auf das Stück „I Nattens Timma“ der schwedischen Prog/Artrock-Band Landberk, welches sich sogar als melancholische Piano-Ballade perfekt in den Album-Fluss integriert: Nicht zuletzt des gefühlvollen Gesangs von Album-Gast Peter Bjärgo (Arcana) wegen ein absoluter Höhepunkt des Albums. Wer bis dahin immer noch nicht überzeugt ist, für den haben SHINING mit „FFF“ schlussendlich noch ein letztes Ass im Ärmel: Einen fast schon lehrbuchtauglichen Siebenminüter, welcher eigentlich alle Kernelemente des Albums in sich vereint und so wohl als Paradebeispiel eines aktuellen SHINING-Songs gelten darf. Dass Kvarforth die Nummer seiner unlängst verstorbenen Mutter widmet, ist vielleicht nur eine Randnotiz – sicher aber keine, die den Mann hinter dem Mythos Kvarforth unsympathischer macht.

Beeindruckend an „VII: Född Förlorare“ ist weniger seine Vielseitigkeit als solche, als vielmehr die Tatsache, dass das Gesamtwerk trotzdem von vorne bis hinten stimmig und – nach dem dahingehend etwas schwächelnden „VI: Klagopsalmer“, atmosphärisch wieder mitreißt: Ohne einen einzigen Durchhänger, dafür aber mit unzählbaren Höhepunkten, weiß „VII: Född Förlorare“ über 40 Minuten hinweg schlichtweg zu begeistern.

Wertung: 9 / 10

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