Review Solbrud – Levende I Brønshøj Vandtårn

  • Label: Eisenwald
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Spätestens jetzt, da Konzerthäuser pandemiebedingt nicht bespielt werden können, entdecken viele Bands den Reiz extravaganter Locations und streamen aus Feld und Flur. Doch natürlich gab es dergleichen auch schon „vor Corona“ – Kirchenkonzerte etwa, oder das Prophecy Fest in der Balver Höhle. Die Black Metaller SOLBRUD haben der Liste ausgefallener Locations 2019 eine weitere hinzugefügt: den Wasserturm von Brønshøj bei Kopenhagen.

Inmitten dieses 34 Meter hohen Kolosses aus Stahl und Beton bauten die Dänen für zwei Shows ihr Equipment auf, um in der Kälte und Dunkelheit des imposanten Gebäudes ein 70-Minuten-Set zu performen. Das Ganze wurde in Form eines Audio- und Videomitschnittes dokumentiert, der nun als Live-Album und -DVD über Eisenwald Records erscheint. Was die Location aber wirklich besonders macht, offenbart sich bei den ersten Drum-Schlägen, die „Levende I Brønshøj Vandtårn“ eröffnen: Die Gewölbe des Turms erzeugen einen Nachhall von bis zu 15 (!) Sekunden – auf Reverb-Effekte konnten die SOLBRUD-Gitarristen diesmal also getrost verzichten.

Während diese spezifische Eigenschaft den Turm für viele Musikstile komplett unbrauchbar gemacht hätte, erweist er sich für SOLBRUD als schlichtweg perfekt: Der schon auf den Alben der Dänen sehr schrammelige (Depressive) Black Metal mit Doom-Metal-Einschlagwirkt dank des natürlichen Halls nochmal eine Ecke verwaschener – aber eben auch noch dichter und intensiver. Nicht zuletzt, weil auch der Gesang durch die extreme Hallfahne nochmal eindringlicher klingt. Wenn SOLBRUD zwischendurch den Clean-Kanal ihrer Verstärker bemühen („Klippemennesket“) und doomig-melancholische Gitarrenklänge durch den Turm wabern lassen („Sjæleskrig“), wird die intensive Atmosphäre der Show selbst in der Retrospektive greifbar. Zu verdanken ist das wohl nicht zuletzt den beteiligten Produzenten Marcus Ferreira Larsen (Mix) und Flemming Rasmussen (Master; ja, der von Metallica!).

In der Video-Version trägt die gelungene Inszenierung des Auftritts nochmal ordentlich zur Stimmung bei. Dabei setzen SOLBRUD auf viel Nebel und nur eine schummrige, monochrome Beleuchtung. Das ist zwar nicht unbedingt „indiviruell“, schlussendlich aber ja auch gerade deswegen ein seit jeher so beliebtes Stilmittel, weil es eben immer wieder funktioniert. Respekt verdient allerdings das Filmteam, dem es gelungen ist, in diesem düsteren Setting trotzdem brauchbares Material aufzunehmen. So kann sich auch die Bewegtbild-Version der Show – den aus filmerischer Sicht absolut widrigen Bedingungen zum Trotz – definitiv sehen lassen.

„Levende I Brønshøj Vandtårn“ ist alles in allem nicht gerade leichte Kost: So schroff und kalt wie sich der Brønshøj-Wasserturm im Video und den bemerkenswerten Artwork-Fotos des Albums präsentiert, klingt auch die Musik von SOLBRUD in seinem Inneren. Dass der Applaus des Publikums nach den letzten bedrückenden Klängen des rund 70-minütigen Sets nicht nur euphorisch, sondern auch erleichtert klingt, überrascht also nicht. Dass man diese Emotionen auch am heimischen Abspielgerät noch nachvollziehen kann, ist der Ritterschlag für jede Live-Platte.

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Wertung: 9 / 10

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