Und sonst so … März 2019

Metal ist eines der der lebendigsten Genres, die es gibt. In der Folge ist es bei der mittlerweile enormen Zahl an Veröffentlichungen schier unmöglich geworden, sämtliche Alben in ausführlichen Reviews vorzustellen. In unserer Rubrik „Und sonst so …“ kommen deswegen in Form von Kurz-Kritiken ein paar der Alben zur Sprache, die trotz Zeitmangel und Überangebot nicht unter den Teppich fallen sollten.


Bryan Adams - Shine A Light

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Knapp vier Jahrzehnte hat die Karriere von BRYAN ADAMS überdauert. Neben Klassikern wie „Summer Of ’69“ wurde der Sänger oftmals für seine schmalzige Seite belächelt, konnte damit aber im Mainstream beachtliche Erfolge erzielen. Sein neuestes Werk „Shine A Light“ geht den Weg des erfolgsversprechenden Pop-Rocks weiter, Adams‘ Stimme hat immer noch dieses markante Kratzen und so entstehen interessante Titel wie das vom Blues geprägte „Driving Under The Influence Of Love“, aber auch fade Pop-Nummern wie „That’s How Strong Our Love Is“ mit Jennifer Lopez. Für einen Meilenstein mag das freilich nicht mehr ausreichen, seine treue Fangemeinde kann aber zufrieden sein. Ob es allerdings die akustische Version von „Whiskey In The Jar“ gebraucht hätte, das sei in Frage gestellt.

[Christian Denner]


Beorn's Hall - In His Granite Realm

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Ihrem dritten Album „In His Granite Realm“ wollen BEORN’S HALL eine von Trauer und Dunkelheit geprägte Atmosphäre verleihen, bedingt durch den Unfalltod eines Freundes und Gründungsmitgliedes der Band im letzten Sommer. Der Grundtenor beruht dabei immer noch auf dem Black Metal der späten 80er/frühen 90er, bindet aber verschiedene andere Einflüsse ein. So werden neben akustischen Parts auch Death-Metal-Growls, Clean-Vocals und Ambient-Einschübe von Rognvaldr und Vulcan in Szene gesetzt. Insgesamt wirkt der neue Longplayer im Vergleich zum Vorgänger „Estuary“ sehr entschleunigt, leidet aber an ähnlichen Mankos. Die undifferenzierte Produktion lässt das Schlagzeug kraftlos klingen und die ansehnlichen Melodien untergehen. BEORN’S HALL lassen somit auch 2019 leider viel von ihrem vorhandenen Potential ungenutzt.

[Christian Denner]


Bonnie Tyler - Between The Earth And The Stars

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Nach dem durchwachsenen 2013er Album „Rocks And Honey“ hat sich BONNIE TYLER für ihr mittlerweile 17. Studio-Release „Between The Earth And The Stars“ auf ihre erfreulich rockige Seite besonnen. In „Battle Of The Sexes“ liefert sich die Waliserin ein hochkarätiges Gesangsduell mit Rod Stewart, während Francis Rossi (Status Quo) bei „Someone’s Rockin‘ Your Heart“ Elemente des Hard Rock einbringt. Dieses Niveau kann trotz hochkarätiger Songwriter wie Chris Norman (ex-Smokie) oder Barry Gibb (Bee Gees) nicht durchgängig gehalten werden. Vor allem die Balladen entpuppen sich als langweilige Filler („Seven Waves Away“, „Older“). Die von Country und Bläsereinsatz durchzogene Rockmusik bietet dennoch einige interessante Songs. Darüber hinaus kann die mittlerweile 67-jährige Sängerin ihre erdige Röhre oftmals gut in Szene setzen.

[Christian Denner]


Besta - Eterno Rancor

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BESTA zeigen eindrucksvoll, dass Grindcore eben nicht gleich Grindcore ist, nicht alle Bands dort gleich klingen und dementsprechend eben auch qualitativ massive Unterschiede bestehen. Und BESTA bewegen sich diesbezüglich ganz oben an der Spitze. Was die Portugiesen auf „Eterno Rancor“ innerhalb von 20 Minuten für ein wütendes, geradezu punkig-rotziges Gehämmere abliefern, ist einfach nur beeindruckend. Dass zu Grindcore aber nicht nur Blastbeats, sondern eben auch viel Groove gehört, verdeutlicht die Band in Songs wie “Sincronismo do Mal” oder dem Albumhighlight “Oficio da Mentira”. Schade, dass Grindcore-Alben meistens so kurz sind. Trotz stolzer 15 Songs hätte „Eterno Rancor“ gern noch gute 10 Minuten länger sein dürfen.

[Simon Bodesheim]


Moon Tooth - Crux

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„Crux“ ist ein modernes, Mastodon-beeinflusstes Progressive-Metal-Album. Klingt die Platte beim kurzen Reinhören zunächst noch faszinierend, dürfte letztlich beim Hörer doch eher eine distanzierte Wertschätzung übrigbleiben. Denn in Bezug aufs Instrumentale ist das zwar alles mitreißend und beeindruckend – vor allem was Schlagzeuger Ray Marté hier teilweise für Grooves und Drumpatterns liefert, lässt einen staunen. Doch abturnend ist dagegen leider vor allem der Gesang. Nicht weil er technisch schlecht wäre – im Gegenteil. Auch Sänger John Carbones Stimme klingt professionell und trainiert. Aber seine Gesangsmelodien führen nirgendwo hin. Man muss nicht zwangsläufig Mitsing-Hooks bieten, aber hier entsteht der Eindruck, dass der Gesang einfach nur da ist, um da zu sein, darüber hinaus scheint er aber keinerlei Funktion für die Musik erfüllen. Schade, denn mit ausgeklügelteren Melodien hätte das ein Top-Album und der nächste Hit im Progressive Metal werden können. Hörenswert ist das dank der starken Instrumentalfraktion aber dennoch.

[Simon Bodesheim]


Frosthelm - Pyrrhic

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“Pyrrhic” ist in etwa das Album, das man sich eigentlich von Skeletonwitch gewünscht hat, nachdem sich angedeutet hatte, dass diese mehr in die Melodic-Black-Metal-Richtung gehen würden. Während “Devouring Radiant Light” aber eher langweilte, holt “Pyrrhic” den Hörer deutlich mehr ab. FROSTHELMs Black Metal ist zwar melodisch, aber auch gleichermaßen kalt und rasend, was sie nicht zuletzt durch die Fusion mit energiegeladenen Thrash-Metal-Riffs erreichen. Mit einer Spielzeit von 39 Minuten übertreibt die Band es auch nicht in Bezug auf die Länge, sodass das Album von Anfang bis Ende spannend bleibt. Einzig die seltsam dumpfe, unfertig wirkende Produktion hätte ruhig etwas mehr Konturen haben dürfen.

[Simon Bodesheim]


Ashen Horde - Fallen Cathedrals

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Die Grundidee von „Fallen Cathedrals“ ist gut, die Umsetzung noch nicht so großartig, wie sie sein könnte. Mastermind Trevor Portz versucht sich mit seinem Soloprojekt ASHEN HORDE an progressivem Black Metal und hat dabei auch zahlreiche tolle Ideen auf Platte gebrannt. Den gutturalen Gesang hat dieses Mal nicht Portz selbst, sondern Stevie Boiser (Equipoise, Inferi) übernommen. Was der Musik bisher noch fehlt, sind wirklich wiedererkennbare Momente. Zwar hat Portz einen außergewöhnlichen Stil entwickelt und weiß darin auch, was er tut. Dennoch dürfte die Platte beim Hörer mehr objektive Bewunderung als subjektive Liebe hervorrufen. Und mal ehrlich, die ganze optische Aufmachung passt auch überhaupt nicht zum progressiven Charakter der Musik.

[Simon Bodesheim]


Nostromo - Narrenschiff (EP)

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NOSTROMO spielen ihren Grindcore mit deutlicher Betonung auf “-core”. In Sachen Riffs sind die Schweizer vielen ihrer Genrekollegen klar überlegen. Tracks wie “Superbia” oder “As Quasars Collide” räumen einfach nur alles aus dem Weg. Ein Meisterwerk ist ihre neue EP “Narrenschiff” zwar nicht geworden, denn selbst bei den nur sechs Songs zünden leider nicht alle gleichermaßen. Dennoch: Wer brachialen, nicht ganz so stark von Death Metal beeinflussten Grindcore mag, sollte unbedingt diese EP hier auschecken.

[Simon Bodesheim]


Equipoise - Demiurgus

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EQUIPOISE haben mit “Demiurgus” ein wahnsinnig anstrengendes, aber lohnenswertes Album geschaffen. Für die Band hat Komponist Nick Padovani einige fähige (Gast-)Musiker um sich geschart, um Technical Death Metal im Stile von Bands wie Obscura oder Beyond Creation (deren Bassist Hugo Doyon-Karout auch hier seinen famosen Fretless-Bass beisteuert) zu spielen. Mit dabei sind etwa Chason Westmoreland, der schon bei Abigail Williams, The Faceless und Hate Eternal spielte sowie Sänger Stevie Boiser, der gerade erst mit Ashen Horde ein Album aufgenommen hatte und außerdem der neue Sänger von Inferi ist. Mit ein oder zwei Durchläufen ist es hier nicht getan, denn auf “Demiurgus” gibt es viel zu entdecken. Wenngleich das Album – wie so viele andere Tech-Death-Alben auch – stellenweise an seiner eigenen Verspieltheit krankt, sind Padovanis Kompositionen selbst in den ausschweifenderen Momenten stets überraschend auf die Kernwirkung der Musik fokussiert.

[Simon Bodesheim]


Brymir - Wings Of Fire

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Derart epischen und rasanten Melodic Death Metal hat man bisher sonst nur bei Wintersun gehört, welche auch mehr als offensichtlich der größte Einfluss BRYMIRs sein dürften. Die Songs sind eingängig, mit einer ordentlichen Prise Pathos gewürzt und schlagen die ganz großen Töne an. Prätentiös und kitschig wohl für die einen, werden andere sicherlich große Freude an den opulenten Tracks haben. Auch wenn nicht jedes Stück auf “Wings Of Fire” richtig zündet, gibt es hier genug Hitmaterial. Seltsam, dass die Finnen den großen Durchbruch noch nicht so recht geschafft zu haben scheinen und immer noch eher als Geheimtipp gelten.

[Simon Bodesheim]


Nordjevel - Necrogenesis

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NORDJEVEL waren 2016 einer der größten Überraschungs-Newcomer im Black Metal. Ihr phänomenal starkes Debüt und die nachfolgende EP „Krigsmakt“ vereinten von norwegischer Kälte und Trostlosigkeit geprägte Melodien mit rasantem Black Metal im Stile Dark Funerals. Dann kam auch noch die Nachricht, dass Weltklasse-Drummer Dominator Dark Funeral den Rücken gekehrt hatte, um NORDJEVEL fest beizutreten und damit Session-Drummer Fredrik Widigs (Marduk) zu ersetzen. Ist „Necrogenesis“ also entsprechend gut geworden? Definitiv. Aber dennoch lässt es leider etwas enttäuscht zurück. Verschwunden sind jene Melodien und die Stimmung, die man beim Debüt noch so ins Herz geschlossen hatte. Stattdessen wenden sich NORDJEVEL hier klassischeren Black-Metal-Riffs zu, wie sie durch Bands wie Marduk, Immortal oder Gorgoroth etabliert wurden. Das ist zwar auch cool, aber es raubt der Band irgendwo auch ihren unverkennbaren Charakter. Dazu kommt, dass die Musiker noch nicht so ganz auf Dominators Schlagzeugspiel klarzukommen scheinen. Stellenweise wirkt es so, als würde jeder Musiker seine Parts für sich spielen und nicht auf seine Bandkollegen achten. Dass außerdem Bandgründer und Hauptkomponist Nord seiner eigenen Schöpfung während der Albumaufnahmen den Rücken kehrte, ist wohl auch kein gutes Zeichen. Mit dem ihn ersetzenden ex-Morbid-Angel-Gitarrist Destructhor sind NORDJEVEL anno 2019 – also nur vier Jahre nach ihrer Gründung – bereits eine komplett andere Band als noch zu Beginn bei ihrem Debütalbum. Lediglich Sänger Doedsadmiral ist noch vom Original-Line-up verblieben. Man darf der Zukunft der Band daher eher skeptisch entgegensehen.

[Simon Bodesheim]


Noisem - Cease To Exist

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Alben wie “Cease To Exist” lassen das Herz eines jeden Grindcore-Fans höher schlagen. Mit einer ordentlichen Portion Death Metal hämmern die US-Amerikaner dem Hörer rasantes Gedresche in die Gehörgänge. Auch wenn ein solches Album mit Sicherheit nicht in die Musikgeschichte eingehen wird, wohl nicht einmal in die des Grindcore, bekommt man hier kompakte 21 Minuten feinsten Ballerspaß serviert. Das ist weder neu noch sonst irgendwie außergewöhnlich, aber dankbarer Fansservice für Freunde dieses Genres.

[Simon Bodesheim]


W.I.L.D - The Domination Chronicles

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W.I.L.Ds (kurz für “Wake Initiated Lucid Dream”) letztes Album “Purgatorius” konnte mit zwar nicht sonderlich kreativem, aber sehr gut gemachtem Groove/Death Metal überzeugen. Auf “The Domination Chronicles” zeigt sich die Band noch mal ein ganzes Stück professioneller: Die kleineren Unsauberkeiten in der Produktion sind hier nicht mehr auffindbar. Stattdessen hat man es hier mit einem modernen Sound zu tun, der sich merklich an Vorbildern wie Lamb of God oder DevilDriver orientiert, nur eben mit deutlich höherem Death-Metal-Anteil. Leider hat sich die Band dazu entschlossen, im Schnitt längere Songs zu schreiben, was deren Flow leider nicht sonderlich guttut. Denn tatsächlich wirken einige der Stücke nach etwa drei Minuten abgeschlossen, dann hängen W.I.L.D aber doch immer noch einen neuen Teil hinten an und ziehen sie dadurch unnötig in die Länge. Das ist ein wenig schade, aber auch so stellt „The Domination Chronicles“ ein sehr gelungenes Album dar.

[Simon Bodesheim]


American Football - American Football

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Es gibt Alben, die man in genau der richtigen Stimmung hören muss. Das dritte, selbstbetitelte Album der Emo-/Post-Rock-Pioniere AMERICAN FOOTBALL ist so ein Album. Noch mehr als zuvor setzt die Band ganz auf Atmosphäre und erzeugt eine durchgängige, dem Shoegaze entlehnte verträumte Stimmung. Voll und warm produziert perlen minimalistische Rhythmen und verhallte Gitarren unter einer spiegelglatten Oberfläche, sodass sich der der melancholisch-schöne Eindruck des Albums erst nach und nach erschließt. Hier präsentiert sich eine Band, die ihren Sound gefunden hat.

[Bernhard]


Maulgruppe - Tiere in Tschernobyl

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Die schiere Existenz von MAULGRUPPE ist ein weiterer Beweis für die Umtriebigkeit von Jens Rachut. Mit diesem neuen Drei-Personen-Projekt fügt der legendäre Punk-Sänger seiner riesigen Diskografie ein weiteres Kapitel hinzu. Auf „Tiere in Tschernobyl“ geht es wie gewohnt punkig und textlich kryptisch-politisch zu. Dabei spielen allerdings Synthesizer eine wichtige Rolle, die nicht nur für elektronische Elemente sorgen, sondern schon fast an Rave erinnern. Diese Kombination funktioniert tadellos und steht in dieser Form – zusammen mit Rachuts quäkendem Gesang – gänzlich für sich.

[Bernhard]


Razzia - Am Rande von Berlin

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RAZZIA sind eine Punklegende, Punkt. Mit „Am Rande von Berlin“ veröffentlicht die Band aus Hamburg ihr erstes Album in Originalbesetzung seit 1991. Eingängige Punk-Nummern, die nicht an melancholischen, fast schon post-punkigen Melodien sparen, treffen auf ruhige Momente. Diese ergänzen zudem die textliche Stimmung: Auch auf ihrem 9. Album verzichtet die Band auf stumpfe Parolen und ist dabei dennoch hochpolitisch. Leider raubt die insgesamt etwas zu drucklos geratene Produktion sowie die Länge den durchweg intelligenten Songs ein wenig die Energie.

[Bernhard]


Publiziert am von Christian Denner, Simon Bodesheim und

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