Valborg - Der Alte

Review Valborg – Der Alte

Eine extreme Band wird mit dem Alter progressiver und ruhiger, aus Death-Doom wird Prog. So kennt man es, so hat man es unzählige Male erlebt. VALBORG beweisen, dass es auch andersherum geht: Nach immerhin 20 Jahren Bandkarriere klingen die Bonner auf ihrem nunmehr achten Album extremer, roher und brutaler denn je.

Diese Erkenntnis lässt auch nicht lange auf sich warten. Bereits der Opener „Asbach“ dürfte jeden in die Flucht schlagen, der nicht zufällig eine Vorliebe für völlig räudigen Metal hat: Kurz geistern hier ein paar Zerrgitarren scheinbar ziellos durch den Raum, ehe VALBORG mit vereinten Kräften den Presslufthammer anschmeißen. Ballerndes Riffing, fieseste Screams – „schön“ im eigentlichen Sinne ist hier wahrlich nichts. Progressiv auch nicht. Es ist herrlich.

Damit ist „Der Alte“ dann auch schon recht umfassend beschrieben: Zwar gehen VALBORG im Albumverlauf mal etwas ruhiger und unter Einsatz von Cleangitarren („Höhle Hölle“, „Der Alte“), mal etwas schneller („Hektor“) und mal eher doomig („Mutter des bösen Sterns“) zu Werke – der meist komplett durchgedrehte Schreigesang sorgt jedoch dafür, dass zu keiner Zeit „Wohlfühlatmosphäre“ aufkommen kann. Es sei denn, man fühlt sich in Stahlwerken, Schrottplätzen oder auf Großbaustellen besonders wohl.

Die Aggession und Härte der Songs wird durch ihre Prägnanz nochmal hervorgehoben: Lediglich der Titeltrack knackt die Vier-Minuten-Marke, viele aber bringen es nicht einmal auf drei. Das ist insbesondere insofern spannend, als VALBORG in der Vergangenheit durchaus auch mal acht, neun oder gar elf Minuten mit einem Song gefüllt haben. Nun hingegen passen in 37 Minuten Spielzeit stolze 13 Songs. Und das Verrückte daran ist: Für sich genommen klingt fast jeder von ihnen doomig und im besten Sinne zäh. Ob die für den nicht eingeweihten Hörer nicht zu identifizierenden „additional guitars“ von Markus Siegenhort (Lantlôs) den Song „Sehnsucht nach Unendlichkeit“ wirklich bereichern, sei mal dahingestellt – schlussendlich bedarf es für den unverkennbaren VALBORG-Stil aber auch keiner weiteren Zutaten.

Nochmal potenziert wird die Wirkung der brachialen Musik einerseits durch den extrem gelungenen, kraftvollen Sound, andererseits aber das Textwerk: Distanziert-dadaistische Verse wie „Auflösung des Erbauten – Strukturtod – Verflüssige“ könnten durchaus auch jenseits des Metal-Kontexts als moderne Lyrik Wertschätzung erfahren. Von Jan Buckard und Christian Kolf mal abgestumpft herausgeschrien, mal proklamierend rezitiert, entfalten sie jedoch jene beklemmende und zugleich faszinierende Wirkung, die VALBORG seit jeher so eigen macht.

Lieblich geht anders, so viel ist klar. Liebevoll jedoch ist die Musik von VALBORG – zumindest liebevoll gemacht. Und so ist auch das nunmehr achte Album des Bonner Trios ein mehr als hörenswertes Album geworden. Zumindest, wenn man zufällig eine Vorliebe für völlig räudigen Metal hat.

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Wertung: 9 / 10

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