Review Warbringer – Woe To The Vanquished

  • Label: Napalm
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Thrash Metal

Was war denn da los? Im Oktober 2013 brachten WARBRINGER mit „IV: Empires Collapse“ ein überaus mächtiges Album heraus, das zwar durch seine Abkehr vom bandtypischen Stil mittels Einfluss thrash-fremder Elemente unterm Strich kein Favorit von Genre- und Band-Anhängern wurde, aber trotz allem wieder zeigte, was für eine kraftvolle und nun auch vielseitige Combo der Fünfer aus Ventura ist. Doch schon ein gutes halbes Jahr später war das ohnehin nie für seine Beständigkeit bekannt gewesene Bandgefüge erneut zerrissen und Sänger John Kevill stand vor einem personellen Scherbenhaufen, den vermutlich nur er selbst als einziges durchgängig seit Anfang der Band aktives Mitglied noch rekonstruieren kann, ohne den Überblick zu verlieren. Immerhin Gitarrist und Gründungsmitglied Adam Carroll war nach zwischenzeitlichem Ausstieg wieder an Bord – dennoch: Die Zukunft schien ungewiss, in den folgenden Monaten drehte sich das Line-up-Karussell weiter und die Liste der Aushilfsmusiker auf der Bühne wuchs. Mit dem 2015 zurückgekehrten Drummer Carlos Cruz, dem bei Auditions als Sieger hervorgegangenen Gitarristen Chase Becker und dem Bonded-By-Blood-Bassisten Jessie Sanchez sowie einem neuen Label-Deal mit Napalm Records in der Tasche konnte die Truppe schließlich die fünfte Full-Length „Woe To The Vanquished“ vorlegen.

Der ist freilich nichts anzumerken von den Problemen der vorangegangenen Jahre. Als unbedarfter Hörer erlebt man WARBRINGER in Top-Form, mit allen Stärken und keinen bemerkbaren Schwächen. Wer die Bandkrise mitbekommen hatte, könnte höchstens in die brachiale Erbarmungslosigkeit, mit der das Quintett die erste Albumhälfte darbietet, hineininterpretieren, dass Kevill & Co. ihren angestauten Frust von der Seele spielen und shouten – und dabei all den Stress der Vergangenheit in positive Energie umwandeln. Energie, von der es auf „Woe To The Vanquished“ wahrlich mehr als genug zu spüren gibt: Der Opener „Silhouettes“ donnert nach einem kurzen Wind-Intro – der Ruhe vor dem Sturm – los, Cruz tobt sich an den Fellen aus, bietet alles vom typischen Thrash-Beat über Doublebass-Teppiche bis hin zu Blast-Parts, die Saitenfraktion agiert schlagkräftig wie eine Axt und doch präzise wie ein Seziermesser und Kevills Vocals aus dem Genre-Lehrbuch sorgen für den letzten Biss. Der Stürmer „Shellfire“ kann dabei als wahre Achterbahnfahrt durch Tempi, Rhythmen und Griffbrett-Variationen betrachtet werden.

Neben typischen Elementen wie an Slayer erinnernde Stampf-Parts mit Ride-Becken-Begleitung und Gitarrensolo-Duelle oder Gang-Shouts (etwa im Midtempo-Rocker „Remain Violent“) behalten WARBRINGER trotz Rückbesinnung auf ihr Kerngeschäft ein unüberhörbares Maß an stilistischer Offenheit bei – wenn sie zum Beispiel ihre Blast-Passagen, die nun fester Bestandteil des Bandsounds geworden zu sein scheinen, nicht nur mit frostigem Tremolo-Picking, sondern auch sanften Akustikgitarren begleiten („Woe To The Vanquished“) oder durch melodische Soli in Kombination mit diskreten Keyboards, Doublebass und 4/4-Takt die Herzen der Power-Metal-Fraktion höher schlagen lassen („Spectral Asylum“).

Es ist letzterer Track sowie vor allem der epische, elfminütige Rausschmeißer „When The Guns Fell Silent“, welche die zweite Albumhälfte düsterer und schwerer, jedoch nicht minder kraftvoll wirken lassen. WARBRINGER arbeiten hier mit heimsuchenden Riffs, gesprochenen Passagen, Breaks sowie einem stärkeren, doch weiterhin dezenten Einsatz von Akustik- und Clean-Gitarren. Damit stellen die Kalifornier Storytelling und Atmosphäre in den Vordergrund und verweisen die ungezügelte, rohe Kraft in die zweite Reihe – wo sie mit den ebenso wilden wie abwechslungsreichen Nummern „Descending Blade“ und „Divinity Of Flesh“ noch immer prominent vertreten ist.

Die Redewendung, dass in jeder Krise eine Chance stecke, ist längst zur Floskel verkommen. Nichtsdestoweniger haben WARBRINGER ihre Chance genutzt: Was für eine Rückmeldung, was für eine Wiederauferstehung nach einem absoluten Tiefpunkt „Woe To The Vanquished“ darstellt, kann man nicht genug betonen. Die fünfte Platte der US-Amerikaner stellt nicht nur in der bandeigenen Diskografie ein Highlight dar, sondern zeigt, dass man sich um die Zukunft des Thrash Metals keine Sorgen machen muss, solange es Gruppen wie WARBRINGER gibt, die den Spagat zwischen traditionellen Trademarks und innovativen Elementen nunmehr mit Bravour meistern.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert