Seuche schreibt … – Teil 7

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Was mich musikalisch so geprägt hat (I)

Es lebe die Liste! Weil ich, nein, weil JEDER Listen mag, präsentiere ich mit dem siebten und achten Teil meiner Kolumne 50 Alben (zeitweise Songs oder Gesamtwerke), von denen ich der Meinung bin, dass sie mich über all die Jahre, die ich auf dieser Erde ziellos herumstolper, entscheidend geprägt haben. Dabei möchte ich unterstrichen wissen, es geht hier nicht um meine 50 Lieblingsalben, schon gar nicht um die meiner Meinung nach 50 allgemeingültig wichtigsten Werke der Musikgeschichte. Der Schwerpunkt liegt auf Musik, die, unabhängig von meinen heutigen Hörgewohnheiten, bestimmte Assoziationen bei mir auslöst und bestimmte Wegpunkte in meinem Leben markiert. Du kennst es doch, Du hörst ein Stück und hast dieses Gefühl im Bauch, vielleicht beklemmend, oft schwer nostalgisch? Einen Geruch in der Nase vielleicht, etwas schwer zu Beschreibendes, was auch nur Du selbst in diesem Moment verstehst, höchstens noch eine Person, die damals mit Dir gewesen ist. Genau DAS! Keine Top 50. Deshalb wirst Du hier Zeug wie GOETHES ERBEN und DISMAL EUPHONY finden, aber nicht die Kracher von TURBONEGRO, EVIL INVADERS, MIDNIGHT und so weiter. Zu jedem Werk liefer ich einen kurzen Kommentar, mal eine kleine Anekdote, manchmal nur Querverweise. Gründe für die Nennung dürften manchmal dann doch etwas privaterer Natur sein, also mal nicht zu neugierig! In der Regel gilt ohnehin, irgendwie hat doch eh alles immer irgendwie mit Weibern zu tun, nä?!

Soweit vorhanden, haben wir für euch die Reviews zu den entsprechenden Seiten über das Cover-Artwork verlinkt (A.d.Red.).

 


type-o-negative-bloody-kissesType O Negative – Bloody Kisses Auch schon von dannen gezogen, der Pete. Leider nie live gesehen. „Black No.1“ ist halt ein Hit, ob ausgelutscht oder nicht, aber wenn ich den höre, bin ich schlagartig wieder irgendwo weit unter 20, saufe billigen Rotwein aus der Flasche und sehe die Welt wie einen schweren Hammer auf mich nieder… ja ne, hat sich ja richtig viel geändert bis heute…

gorgoroth-destroyer Gorgoroth – Destroyer Hätte auch „Pentagram“ oder „Under The Sign Of Hell“ nennen können, aber die „Destroyer“ war der kakophone Höhepunkt. Mit dem Album endete allerdings auch mein Interesse an GORGOROTH, ich habe kein einziges späteres Album auf der Kette.

razzia-tag-ohne-schattenRazzia – Tag ohne Schatten Deutschpunk-Geschichte! Ein Hit jagt den nächsten. Haben mal „Neonazi“ in Ostberlin gecovert. Kam aber nicht viel mehr nach als „Ihr seid scheiße“. Und so ein kleiner blonder Langhaarspacken stand zwei Stunden später neben mir und versuchte wechselweise Zingultus und mich zum Faustkampf zu bewegen, weil wir halt scheiße seien. Wollte dann aber irgendwie doch auf einmal nicht mehr.

amorphis-the-karelian-isthmus Amorphis – The Karelian Isthmus Ich habe nie viel Death Metal gehört, auf meinem Weg in immer härtere musikalische Gefilde war er nur ein kurzer Zwischenstopp, bis ich über Jahre fast nur Black Metal hörte. Ist heute anders und die „The Karelian Isthmus“, die ich ´94 rum in einem Second-Hand-Laden gefunden habe, ist mir bis heute durch ihre intensive und düstere Aura bedeutend viel wert.

shadow-reichenstein-werewolf-orderShadow Reichenstein – Werewolf Order Dass ich großer Fan von Horrorpunk bin, dürfte durchgedrungen sein. Neben den ganzen „ohh ohh ohh“-Kapellen stechen SHADOW REICHENSTEIN aber durch ihre kühle Mischung aus altem Goth, Punk und 80er Wave heraus. Live im Tommyhaus vor Jahren mit einem engen Freund, legendäre Nacht!

mayhem-morbid-splitMayhem – Funeral Fog (Track) MAYHEM sind schwierig, zumindest in diesem Zusammenhang. Fraglos eine der nun wirklich wichtigsten Black-Metal-Bands war sie im Kreis der anderen „wichtigen“ Bands nie mein Favorit. Klar, „De Mysteriis Dom Sathanas“ ist pechschwarz, habe aber echt lange gebraucht mit dem Album. Die hier genannte „Funeral Fog“-Version ist auf der Bootleg-Split mit Morbid zu finden, der Song für sich auf dieser Aufnahme ist das Dunkelste, was MAYHEM hervorgebracht haben.

nirvana-nevermindNirvana – Nevermind 1991. Also, ich kriege jetzt auch nicht mehr alles zusammen aus der Zeit. Chronologisches Durcheinander. Scorpions habe ich da schon gehört, Slime müsste ich da schon gekannt haben. „Smells Like Teen Spirit“ hat mich da in so einer Dorfjugenddisco echt aus den Socken gehauen. Draußen haben sich die Skins, Türken und Russen gegenseitig aus den Socken gehauen.

deathspell-omega-si-monumentumDeathspell Omega – Si Monumentum Würde auch in meiner Top 50 stehen, vermutlich auch Top 20. Ich verstehe ja die Faszination dieser Okkult-Welle nicht, für mich war das Thema mit 16/17 abgefrühstückt. DEATHSPELL OMEGA gehen dem aber zu ihrem Vorteil mit großem Ernst, kitschfrei und auf musikalisch sehr hohem Niveau nach. Wie auch immer, wenn man fast eine Stunde lang immer wieder eine Minute zurückspult, um nur ein Riff zu hören… weißt Bescheid?

iron-maiden-the-number-of-the-beastIron Maiden – The Number Of The Beast Ich behaupte mal, nach „Highway To Hell“ und „Crazy World“ dürfte „The Number Of The Beast“ der tatsächliche Einstieg für mich in harte Musik gewesen sein. E-Gitarren, Solos, teuflische Optik und Inhalt, alles dabei. Ich stand irgendwo in einer fremden Wohnung, zwölf Jahre alt, irgendwer legte diese Scheibe auf. Das Cover, die Musik, ich dürfte mit offenem Mund dagestanden haben, Kinnlade in den Kniekehlen, Ohren schlackernd und… für den Rest meines Lebens in den Bann gezogen. Ich habe gerade eben mal nachgeforscht, meine vollmundige Ansage, ich hätte Maiden ´92 live gesehen, scheint eine infame Falschaussage zu sein. Es war scheinbar ´93 und zwar in Hannover. Allerdings, und das weiß ich mit Bestimmtheit, ich war so ziemlich der Jüngste in der Halle, hab vor lauter Headbanging und Begeisterung Eddies Auftritt verpasst und es war Bruces vorläufig letzte Tour mit IRON MAIDEN. In einem sehr hässlichen weißen Unterhemd.

emperor-in-the-nightside-eclipseEmperor – In The Nightside Eclipse Querverweis zu Ulver und Enslaved. Ein über mich einbrechendes Inferno. Ein bedrohliches Intro, dann… es war einer jener Momente, die immer seltener werden sollten, wo man schlicht und einfach sprachlos und vollkommen überfahren dasteht und nicht weiß, was hier gerade abgeht. Inferno halt. Diese Epik, dieser eiskalte Sound, dieses weltfremde Gekeife… Ansonsten sind mir EMPEROR zu verfrickelt, war nie mein Fall, aber dieses Werk ist ewig!

slimeSlime – Slime Die Selbstbetitelte ist zwar nicht die Platte mit den meisten „Hits“, kann gut sein, dass „Alle gegen Alle“ öfters routiert, aber es war die erste Scheibe der Hamburger Punks, die mir im zarten Alter von vielleicht elf um die Ohren flog. Und da kann sowas wie „Bullenschweine“ und „Deutschland“ schon mal ein Schlag in die Fresse sein, wenn man höchstens Scorpions, AC/DC oder Roxette kennt.

arcturus-aspera-hiems-symfoniaArcturus – Aspera Hiems Symfonia Ohne Frage großartige Band, auch die Nachfolger sind toll. „Aspera Hiems Symfonia“ steht in dieser Liste als Stellvertreter für diese ganz eigene temporäre Strömung von dünnen Gitarren und massivem Keyboardeinsatz. Was für viele Trolls „Drep De Kristne“ ist, war für mich immer „Aspera…“. Oder Covenants „In Times Before The Light“.

scorpions-crazy-worldScorpions – Crazy World Mein SCORPIONS-Favorit ist ganz klar, neben den beiden relevanten Live-Alben, „Lovedrive“. „Crazy World“ dürfte aber meine wirklich erste Metal-Scheibe, na gut, Hard-Rock-Platte gewesen sein. Mit elf auf Vinyl zum Geburtstag. Hätte ich doch die Zeichen der Zeit gesehen und fortan nur Vinyl gekauft, was hätte ich für Raritäten abgestaubt. Erste CD zu meiner ersten Stereoanlage: Metallica: „…And Justice For All“. Metallica haben mir nie was gegeben.

dornenreich-bitter-ists-dem-tod-zu-dienenDornenreich – Bitter ist’s dem Tod zu dienen „Her von welken Nächten“: Ein von der Band nie wieder überschrittener Höhepunkt, meiner bescheidenen Meinung nach. Mir entwischen hin und wieder ein paar lästerliche Bemerkungen zu DORNENREICH, die allerdings alle mehr mit Augenzwinkern zu verstehen sind. Habe sie vor Jahren mit Geige und E-Gitarre live gesehen, fand es gar fürchterlich, was aber nichts daran ändert, dass die Jungs bis einschließlich „Her von welken Nächten“ Großes geschaffen haben und bei mir auch nicht selten im CD-Player landeten. „Bitter ist’s…“ ist allerdings im Rahmen dieser Liste das entscheidendere Werk.

wearetheend-rehears-hell-jesus-bitchesWeAreTheEnd – Rehears-Hell/Jesus Bitches Kennt kein Mensch, oder? Raues Proberaum-Geböller, irgendwo zwischen einem schlechten Trip und totalem Wahnsinn. Weiß auch gar nicht, was ich dazu schreiben soll, ein Kollege hat die Kassette damals angeschleppt, seiner Meinung nach „die beste deutsche Black-Metal-Band“. Ob und warum, scheißegal, das ist kratziger Psycholärm, jenseits von Gut und Böse. Und hatte seine, ähm, Ohrwürmer, die lange widerhallten. „Poor But Pure“…

bethlehem-dictius-te-necareBethlehem – Dictus Te Necare Bis heute eine der brutalsten Gesangsleistungen überhaupt, oder? Und im Gegensatz zu Silencer erfriert einem ein jegliches Grinsen auf den Lippen, aber sofort. Ich weiß noch, wie das Album lief, durchlief, endete und ich da saß, fix und fertig mit den Nerven. Wie nach über 40 km Dauerlauf, mit der Psyche. Querverweis zu Emperor in Sachen Gesang, man sitzt da und ist sprachlos.

blumen-am-arsch-der-hoelleBlumen am Arsch der Hölle – Blumen am Arsch der Hölle Ich weiß noch, dass ich, nachdem ich die erste Slime das erste Mal gehört hatte, ein Tapesampler-Päckchen bekommen habe. Was auch immer auf dem ersten drauf war, Boskops, Razzia, das weiß ich noch, aber auf der anderen Kassette waren eben dieses Album + ein Konzert von Dackelblut. Fand ich als Jungspund da noch Sachen wie „Auch Killer müssen waschen gehen“ einfach nur lustig, komme ich wohl irgendwie nicht drum herum, zuzugeben, dass hier in Sachen Texte texten starke Einflüsse zu finden sind.

acds-highway-to-hellAC/DC – Highway To Hell Eine erste Berührung mit (vermeintlich) satanischer Musik als junger Knirps. Gut, zu der Zeit war aber auch wirklich alles mit Tod und Teufel ein Magnet, dauerte ja auch nicht mehr lange, bis ich die „The Number Of The Beast“ in den zarten Klauen hielt. Überdies unbestritten ein Klassiker und scheiß auf Hölle, ein phantastisches Album, Song für Song.

vond-selvmordVond – Selvmord Als Mortiis noch mit zwei langen Silikonklauenfingern auf sein Casio hackte. Ich mag die Zeit, „Crypt Of The Wizard“ als Höhepunkt. Die „Selvmord“ versetzt mich bis heute in unschöne und dunkle Kapitel meines Lebens. Merkwürdige Erinnerungen, eins von DEN Alben, aus welchem Grund ich diese Auflistung erstellt habe. Nebenbei, alles andere unter dem Namen VOND ist wohl hoffentlich ein schlechter Scherz…

toxoplasmaToxoplasma – Toxoplasma „Alkohol und Captagon. Valium und Valeron. Codein und Ephedrin. Und zur Not törnt auch Benzin“. Erinnerungen an ganz früher werden wach.

absu-barathrum-vitriolAbsu – Barathrum: V.I.T.R.I.O.L. Kann gut sein, dass ich das Album schon besaß, noch bevor ich auf Black Metal aufmerksam wurde. Weiß ich nicht mehr. Klassischer „Geiles Cover!!!“-Kauf. Habe es auch immer eher unter Death Metal verordnet. Großartiges Intro, sehr düster alles. Bis heute für mich ein Inbegriff okkulter Dunkelheit.

burzum-hvis-lyset-tar-ossBurzum – Hvis Lyset Tar Oss Klar, „darf“ man ja heute nicht mehr laut sagen. Aber ob es gefällt oder nicht, in Sachen atmosphärischer Black Metal ein Meilenstein außer Konkurrenz. Die lief auch einfach so oft rauf und runter und bewegt mich heute noch in Sachen Nostalgie. Standardwerk. Ganz amüsant, wenn man im ersten Song über CD vorspult, ergibt sich eine geradezu lächerliche Zirkusmelodie.

ferris-mc-audiobiographieFerris MC – Audiobiographie Hip Hop. Mir fällt jetzt eigentlich kein Genre ein, mit dem man sich in Metal-Kreisen mehr disqualifizieren könnte. Schuld war mein Bruder, wir haben uns früher zu Weihnachten gegenseitig Mixtapes geschenkt, ich habe ihm da Rock/Metal-Zeugs kopiert, er mir Hip Hop. FERRIS MC mochte ich, auch heute noch. Absolute Beginner, alte Sachen von Sammy Deluxe, taugt mir.

dismal-euphony-soria-moria-slottDismal Euphony – Soria Moria Slott Stellvertretend für eine ganze Reihe oft mehr, selten weniger kitschiger Truppen aus der Sparte „Keyboard und Frauengeplärre“. Ich mochte Theatre of Tragedy, die ersten beiden, Siebenbürgen („Loreia“) und auch dieses Machwerk steht irgendwo in dieser Runde. Unverschämter Sound, aber genau das macht die Stimmung wohl aus. Was man nicht alles mal gehört hat… Eine der Sängerinnen ist wohl später an einer Überdosis gestorben.

goethes-erben-leben-im-niemandslandGoethes Erben – Leben im Niemandsland Ja nun, würde heute nicht mehr unter meinen Favoriten landen, aber ich würde es auf keinen Fall in die Sparte Jugendsünden sortieren. Ich habe auch CDs von Body Count und Ugly Kid Joe hier stehen. Wer meine Art zu Schreiben aus „Letharg“-Zeiten kennt, wird die Verknüpfung erkennen. Das Live-Album hier hat seine Atmosphäre und steht parallel zu „Die satanischen Verse“ von Das Ich, Relatives Menschsein und wohl auch Lacrimosa, was ich heute wirklich kaum noch aus dem Schrank hole… aber in der Vergangenheit rauf und runter gehört habe.

Die nächsten 25 Alben seiner Liste stellt Seuche im kommenden achten Teil dieser Kolumne vor.


SeucheSeuche. Jahrgang ’80, Biertrinker, Punker, 24/7-Musik-Konsument, loses Mundwerk, „hat Maiden ’92 live gesehen“. Fronter bei FÄULNIS, Basser bei BLACKSHORE. Für Metal1.info schreibt er an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen über Musik, die Szene und was ihm sonst so durch den Kopf geht – wie er es selbst auf den Punkt bringt „bissig, zynisch und eben nicht auf Eierkuchen aus“.

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Publiziert am von Seuche

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