Interview mit Markus von Cretura

2016 war es für die norwegischen Symphonic-Metaller CRETURA endlich so weit: Nach kleineren Releases konnte man mit „Fall Of The Seventh Golden Star“ das erste Full-Length-Album auf die Hörerschaft loslassen. Aber worum genau geht es in den Texten des Albums eigentlich? Wie nimmt die Band selbst ihre Musik wahr und was haben CRETURA noch so alles geplant? Das und mehr erzählt uns Bandgründer, Gitarrist und Vokalist Markus.

cretura

Da dies unser erstes Gespräch ist, stell dich und die Band doch bitte kurz vor.
Mein Name ist Markus und bin für Gitarre und Growl-Vocals bei der norwegischen Metalband CRETURA zuständig.

Was für eine Geschichte steckt hinter dem Namen CRETURA?
Der Name ist vom lateinischen Wort „Creturus“ abgeleitet, was so viel wie „wachsen“ oder „sich entwickeln“ bedeutet. Nun wäre es natürlich schön, sagen zu können, dass dieser Name bewusst gewählt worden ist, tatsächlich war es aber rein unbeabsichtigt. Dennoch sind wir damit sehr zufrieden, weil wir finden, dass die Bedeutung des Namens hervorragend zu unserer Message passt.

Ihr selbst beschreibt eure Musik ja als „Symphonic Extreme Metal“. Fühlt ihr euch mehr mit Symphonic oder mit Extreme Metal verbunden, oder haben sie den gleichen Stellenwert?
Ich denke das hängt davon ab, wen in der Band du fragen würdest. Wir bringen eine Menge unterschiedlicher Musikgeschmäcker mit ein. Ich persönlich fühle mich definitiv mehr zum Extreme Metal hingezogen. Die Atmosphäre extremer Metal-Spielarten wie dem Black Metal ist etwas, das ich faszinierend finde und für mich als Songwriter ist es sehr interessant, dass es möglich ist, mit einer extremen musikalischen Ausdrucksweise eine derartige Atmosphäre zu kreieren.

In welchen Punkten siehst du die größten stilistischen Unterschiede zwischen CRETURA und anderen Bands aus den Bereichen Symphonic Metal und Extreme Metal?
Nun, ich habe in einem Review zu unserem Album gelesen, wie wir als „dritte Welle des norwegischen Black Metal“ bezeichnet worden sind. Und obwohl ich dem nicht zu einhundert Prozent zustimme, kann ich schon verstehen, warum jemand auf so einen Gedanken kommt. Seit ich 15 oder 16 war, bin ich ein Fan des Black-Metal-Genres. Und ich mag auch die verschiedenen Ausrichtungen, etwa die Primitivität wie bei Mayhem oder der Frühphase Burzums, ebenso wie das symphonische Zeug wie Dimmu Borgir oder auch das Progressive bei Bands wie Enslaved. Um zurück zur Frage zu kommen, ich würde sagen, es hat damit zu tun, dass wir im Gegensatz zur im Black Metal vorherrschenden Extremität eine Sängerin für den Großteil der Vocals verwenden, begleitet durch die symphonischen Elemente, die für eine bestimmte Atmosphäre und Klanglandschaft sorgen.

Cretura

Wo wir gerade bei anderen Bands waren, welche üben besonderen Einfluss auf eure Musik aus?
Um das zu beantworten, möchte ich eine witzige Geschichte erzählen: Als wir den Song „At The 11th Hour“ geschrieben haben, sprachen wir darüber, welche Struktur und Ausdrucksweise wir der Idee verpassen wollen, die wir anfangs hatten. Und ich weiß gar nicht mal mehr, ob es ein Scherz oder doch ernst gemeint war, aber es lief immer wieder darauf hinaus, dass es das Bastardkind einer Fehlgeburt zwischen Nightwish und Dimmu Borgir werden sollte. Damit im Hinterkopf würde ich auf jeden Fall sagen, dass Bands wie Mayhem, Epica und Cradle Of Filth große Einflüsse darstellen. Wenn wir uns inspirieren lassen, hören wir an diesem Punkt jedoch nicht auf. Um noch einige Namen mehr zu nennen: Tori Amos, Edvard Grieg, Danny Elfman, Michael Jackson und natürlich Hans Zimmer.

CRETURA begann nicht als Female-Fronted-Band. Was hat euch dazu bewogen, den ursprünglichen Stil zu verändern?

So ist es. Am Anfang waren wir zwei männliche Vokalisten, die beide Growls verwendeten. Ich denke, die Inspiration, das, was wir zunächst waren, umzukrempeln kam auf, als wir unsere jetzige Sängerin Sárá kennenlernten und dazu kamen, eine Show mit ihr zu spielen. Das war noch, bevor sie der Band beitrat. Ich und Schlagzeuger Michael trafen uns mit ihr, um zum Spaß ein paar Songcover zu machen und traten damit in einem örtlichen Club auf. Wir spielten drei Songs: Ozzy Osbournes „Diggin‘ Me Down“, Totos „Rosanna“ und die Murderdolls-Coverversion des Billy-Idol-Songs „White Wedding“. Wir waren sehr beeindruckt davon, dass Sárá diese drei Songs, so unterschiedlich sie auch waren, mit jeder Menge Power vorgetragen hat. Einige Tage später entschieden wir uns, sie zu fragen, ob sie der Band anstelle unseres vorherigen zweiten männlichen Vokalisten beitreten wolle. Danach veränderte sich die Musik natürlich, auch dadurch, dass nun die Tür für Gesangsmelodien offen stand. Der Rest ist Geschichte!

Machen wir weiter mit „Fall Of The Seventh Golden Star“, eurem vor kurzem veröffentlichten Debütalbum. Davor habt ihr eine Demo und eine EP veröffentlicht. Beschreib doch bitte das Gefühl, das nun mit der Veröffentlichung eurer ersten Full-Length-Platte einhergeht.
Es ist ein Gefühl, etwas erreicht zu haben, ein Gefühl der Weiterentwicklung und auch ein großes Gefühl von „Herausforderung angenommen“. Weißt du, oftmals haben Leute diese Auffassung, dass wenn Creturaeine Band bei einem Plattenlabel unterkommt, sie es auf einmal „geschafft hat“ und keinerlei Probleme mehr hat. In unserem Fall ist es so aber nicht. Wir hatten und haben noch immer jede Menge damit zu tun, unserem Album Promomaterial, Touren, Konzerte, Videos, Bilder und so weiter und so fort folgen zu lassen. Beim Label unterzukommen war für uns mehr eine Chance, uns selbst zu beweisen. Dass wir einen Platz haben in diesem Geschäft, das sich Musik nennt. Und bisher geht es uns damit gut und ich bin stolz darauf, mit CRETURA so weit gekommen zu sein.

Was sind die größten stilistischen Unterschiede zwischen dem Album und eurem vorherigen musikalischen Schaffen?
Einer der größten Unterschiede ist auf jeden Fall die veränderte Thematik in den Lyrics. Zuvor hatten wir viele Texte, die auf Fantasy, Fiktion und Horror bezogen waren. Nun schreiben wir bis zu einem gewissen Grad immer noch Fiktion, aber basierend auf realen historischen Begebenheiten, die wir so umändern, dass man sie bestimmten Personen zuordnen kann. Ein Beispiel hierzu: Niemand möchte sich vermutlich mit einem Charakter wie Kleopatra oder Hitler identifizieren. Aber Menschen können in Verbindung gebracht werden mit Gier, Macht und Achtlosigkeit, ob es ihnen passt oder nicht. Und genau dafür verwenden wir historische Ereignisse und Persönlichkeiten. Abgesehen davon ist es viel interessanter, sich mit der Literatur Dante Alighieris zu befassen, als sich zum 15ten Mal „Nightmare On Elm Street“ anzusehen (lacht).

Ich würde das Thema Lyrics gerne noch etwas vertiefen. Unterliegen diese Texte, wie du sie beschreibst, einem zusammenhängenden Konzept oder erzählt jeder Song seine eigene Geschichte?
Ja, es gibt ein zugrunde liegendes Konzept. Grundsätzlich geht es darum, wie die Menschheit selbst die Apokalypse über die Welt bringt. Um unsere Albumgeschichte zu verfassen, haben wir jede Menge unterschiedliche Literatur, historische Ereignisse und Folklore zurate gezogen. Die Bekanntesten davon sind: Die vier apokalyptischen Reiter aus der Bibel, die Göttliche Komödie Dante Alighieris und die Sámi-Folklore, in der es um die Sterne geht. Dennoch ist das Album kein vollständiges Konzeptalbum in dem Sinn, weil jede Songthematik sich nur in je einem Song finden lässt. Metaphorisch ausgedrückt könnte man sagen, dass jeder Song ein eigenes Bild abzeichnet und daraus, wenn man sie aneinanderreiht, ein großes Gemälde entsteht.

Und mit welchen Themen befassen sich die Songs ganz konkret und warum habt ihr sie ausgewählt?

Alle Thematiken, mit denen wir uns befassen, haben natürlich den Zweck, unserer Geschichte auf dem Album Leben einzuhauchen. Einige konkrete Themen sind die Pest, verschiedene Kriegsthematiken wie Bürgerkrieg oder der Erste Weltkrieg, das Mittelalter, Mount Purgatorium aus der Göttlichen Komödie, die Gemälde von Gustaf Doré, Religion, Suizid und am Ende der Tag der Abrechnung.

Wie würdest du die Atmosphäre des Albums beschreiben? Entspricht sie dem, wie ihr es euch gewünscht hattet, dass sie sich anfühlt?
Sie fühlt sich ziemlich gut an, finde ich. Die Atmosphäre baut recht genau auf dem extremen Konzept des Albums auf. Mal abgesehen vom Intro „Past, Present And Future“ und „Last Song Of The Earth“ gibt es nicht viele Verschnaufpausen in den Liedern. Ich würde die Atmosphäre gerne als akustische Darstellung eines mittelalterlichen Kriegsgemäldes bezeichnen.

Wie ist das bisherige Feedback zum Album denn so? Und was denkst du über negative Kritiken?
Um ganz ehrlich zu sein, war die Resonanz bisher ausschließlich positiv. Das Album bekam Reviews mit den Wertungen acht von zehn, neun von zehn, fünf von fünf und zehn von zehn, was unglaublich ist! Es macht mich sehr glücklich das zu sehen und lässt es mir auch leicht fallen, über dämliche YouTube-Kommentare zu lachen wie „verpisst euch und verschwindet zurück ins Grab!“, was so ziemlich der einzig negative Kommentar ist, den wir bisher bekommen haben.

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Werfen wir noch einen Blick auf eure Zukunftspläne. Gibt es bereits Ideen für ein weiteres Album und kannst du uns in diesem Fall schon etwas darüber erzählen?
Momentan sieht es so aus, dass 2016 und 2017 der Fokus auf der Promo für unser Debütalbum liegt, wir werden eine Menge live auftreten, auf Tour gehen und möglicherweise noch ein weiteres Musikvideo drehen. Ich sage nicht, dass es eine Idee für ein weiteres Album gibt, aber als einer der Haupt-Texter der Band kann ich sagen, dass ich in letzter Zeit durch das Beobachten des aktuellen Standes und der Entwicklung der Menschheit jede Menge Inspiration und Ideen bekommen habe.

Und wie sehen eure weiteren Tourpläne aus?
Wir haben grade den zweiten Teil unserer großen Europatour hinter uns gebracht und den Release-Gig unseres Albums und machen nun eine kleine Sommerpause. Im Anschluss steht der dritte Teil der Tour an, nun als „Fall Of The Golden Star“-Tour bezeichnet, welcher im Oktober beginnen wird. Danach werden wir unsere allerersten Shows in Großbritannien absolvieren. Wie es danach weitergeht, können wir jetzt noch nicht sagen, weil hinter den Kulissen eine ganze Menge passiert. Was ich aber sagen will, ist, dass wir hart daran arbeiten, einen unserer Wünsche, eine Skandinavien-Tour, wahr werden zu lassen. Also Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland, haltet euch bereit!

Zum Abschluss des Interviews würde ich gerne ein kleines Brainstorming machen. Nenne bitte den ersten Gedanken, der dir zu diesen Begriffen kommt.
Norwegischer Black Metal: Mayhem performen ihr „De Mysteriis Dom Sathanas“-Album vollständig… ich hab bereits Tickets!
Gorgoroth:………Satan……
Dein Lieblingsalbum 2016 bisher: 2016 ist noch jung… das muss noch herausgefunden werden!
Religion: Denk mit deinem Kopf und für dich selbst, nicht für andere.
Natur: Freiheit, vernachlässigt, in Gefahr.
Der Herr Der Ringe: Die beste Filmtrilogie, die je gemacht worden ist. Die Hobbit-Filme hasse ich allerdings.

Damit wären wir am Ende. Ich überlasse die letzten Worte dir, gibt es etwas, das du unseren Lesern und euren Fans noch mit auf den Weg geben möchtest?

Ja, vielen Dank für das Interview, danke an alle, die es lesen. Bitte unterstützt eure lokale Musikszene, Musikmagazine und so weiter. Und bleibt bei CRETURA 2016 und 2017 am Ball!

Publiziert am von Pascal Weber

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