Interview mit Sotiris Vayenas von Septicflesh

Bei eingefleischten Metalheads haben Bands, die den Begriff „Symphonic“ in der Stilbezeichnung tragen, gemeinhin einen schweren Stand. Anders ist das bei SEPTICFLESH: Mit ihrem so außergewöhnlichen wie charakteristischen Sound haben sich die Griechen über die Jahre einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet. Ein Gespräch mit Gitarrist Sotiris Vayenas über die Komplexität der Album-Aufnahmen, das Konzept hinter „Titan“ und die Schwierigkeit, symphonischen Metal live adäquat umzusetzen.

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Ihr wart gerade für ein paar Wochen mit Fleshgod Apocalypse, Necronomicon und Black Crown Initiate auf Tour durch die USA und Kanada. War die Tour erfolgreich und gibt es Anekdoten zu berichten?
Ja … gleich den ersten Gig mussten wir ohne unser Eqipment, unsere Kostüme, Stage-Designs und all das bestreiten, weil die Fluglinie unser Gepäck nicht pünktlich in die USA gebracht hat. Aber auch das hat uns nicht aufgehalten und am Ende wurde die Tour ein echter Erfolg. Wir haben eine schnell wachsende Fanschar in den USA, das lässt sich sehr vielversprechend an.

Titan“ ist jetzt seit zwei Monaten veröffentlicht. Wie lässt sich das Feedback bis dato zusammenfassen?
Wir mussten große Erwartungen erfüllen, da “The Great Mass” ein sehr erfolgreicher Release war. Es ist zwar noch etwas früh, um ein Resumee zu ziehen, aber viele Fans haben bereits ihren Enthusiasmus über “Titan” kund getan und die Reviews in den Magazinen sind fantastisch.

Septicflesh-TitanWenn du dir selbst das Album heute anhörst, bist du damit noch vollauf zufrieden oder gibt es Aspekte, die du aus heutiger Sicht anders machen würdest?
Das Album stellt unsere bisher beste Veröffentlichung dar. Wir haben sehr hart daran gearbeitet, und das für eine lange Zeit, um zu diesem Resultat zu kommen. Insofern gibt es nichts, was ich jetzt noch ändern wollen würde.

Schreibt ihr erst die Metal-Passagen und arrangiert das Orchester basierend um dieses Gerüst oder wie entsteht ein typischer SEPTICFLESH-Song?
Der Trick ist, dass es kein Standard-Verfahren zum Schreiben eines SEPTICFLESH-Songs gibt. Manche Stücke entstehen ganz traditionell aus Riff-Idee, andere entstehen als Symphonien und werden dann “metallisiert”. Wie du dir vorstellen kannst, ist das nicht immer einfach, ein solches Puzzle zusammenzufügen, aber der Prozess ist dafür eine große Herausforderung und hilft einem, Denkmuster zu durchbrechen. Alle vier Musiker von SEPTICFLESH komponieren, insofern kommen viele Ideen zusammen, mit denen wir dann arbeiten. Das Resulat ist also durch das gegenseitige Feedback gestärkt, was das Material schrittweise stärker werden lässt.

Das Album ist zu großen Teilen in eurem eigenen Studio entstanden. Wie wichtig ist es für euch, bei den Aufnahmen kein Zeitlimit zu haben?
Es ist wichtig, nichts zu überstürzen, vor allem, wenn du eine so vielschichtige Musik machst: Alle Bestandteile fordern ihre Aufmerksamkeit, all die beteiligten Musiker müssen möglichst effizient eingesetzt werden. Das ist wie die Inszenierung eines Theaterstückes mit vielen verschiedenen Charakteren, während man sich als Regisseur zugleich auf die Story als solche fokussieren muss. Neben den Metal-Aufnahmen fanden ja in einem anderen Studio noch die Orchester-Aufnahmen statt – der Einfachheit für das Orchester wegen in Prag. Insofern gab es natürlich diesbezüglich auch ein Zeit-Limit.SepticFleshBand

Wie eben erwähnt habt ihr für die Orchester-Parts einmal mehr mit dem Prager Philharmonie-Orchester gearbeitet. Sind eure Alben für das Orchester reine Session-Jobs oder geht die Beziehung mittlerweile darüber hinaus?
Natürlich sind sie in erster Linie Profimusiker, insofern ist es für sie Alltag, den Anweisungen verschiedener Komponisten Folge zu leisten und für jede Aufnahme ihre beste Performance abzurufen. Es war aber nun schon das dritte Mal, dass wir mit ihnen zusammengearbeitet haben – so etwas schweißt natürlich zusammen.

Ich könnte mir vorstellen, dass ein Aufnahmeprozess, der so viele Musiker involviert, eine Album-Produktion extrem kostenintensiv macht. Stellt das in Zeiten generell eher niedriger CD-Verkaufszahlen ein Problem dar?
Da wir für den Löwenanteil der Aufnahmen die
Devasoundz-Studios, die Christos und Fotis betreiben, nutzen konnten, hatten wir einen größeren Anteil des Budgets für das Orchester übrig. Auch eine gute Vorbereitung, bevor man Orchester-Aufnahmen angeht, ist absolut notwendig, um die Kosten niedrig zu halten. Hier ist es natürlich ein großes Plus für uns, dass wir mit Christos einen diplomierten klassischen Komponisten in unseren Reihen haben.

Live müsst ihr auf viele Sound-Samples zurückgreifen, um eure Songs wie auf dem Album klingen zu lassen. Wie stehst du generell zum Thema Live-Samples?
Leider ist der Einsatz von Samples im Moment dir einzige bezahlbare und zugleich klanglich vertretbare Möglichkeit für uns. Ein echtes Orchester in den Live-Einsatz zu bringen, kostet Unsummen, die wir einfach nicht zur Verfügung haben. Auch ein Keyboarder anstelle der Samples würde die gesamte Atmosphäre der Songs ändern und würde den Stücken nicht Genüge tun.SEpticflesh (2)

Dimmu Borgir oder auch Satyricon haben zuletzt einige Shows mit vollem Orchester gespielt. Wäre das für dich eine Art Lebenstraum?
Unser Budget liegt leider auf einem ganz anderen Level als das der von dir genannten Bands. Aber natürlich wäre es phantastisch, eines Tages eine Special Show mit Orchester und Chor spielen zu können.

Wie die Musik so sind auch eure Visualisierungen sehr detailverliebt. Wie viel Zeit investiert ihr in die Visualisierung eines SEPTICFLESH-Albums und woher zieht ihr die Inspirationen dazu?
Der visuelle Aspekt ist uns in der Tat sehr wichtig. Wir behandeln Vision, Sound und Texte als eine Einheit, die das Gesamtkunstwerk SEPTICFLESH bildet. Wir wollen, dass unsere Hörer komplett in unsere “düstere Welt” abtauchen können. Seth, unser Sänger und Bassist, ist ein sehr bekannter Künstler – er hat schon Artworks für viele Bands wie Moonspell, Paradise Lost oder auch Belphegor entworfen. Insofern war er die offensichtlichste Wahl, als es darum ging, wer das Cover und Layout für “Titan” entwerfen soll. Er hat daran monatelang in seinem Studio gearbeitet. Er hat uns das Artwork immer wieder in verschiedenen Enstehungsphasen gezeigt und wir haben lange darüber diskutiert, um auch die Symbolik und die Inhalte der Texte des Albums einzubringen – es war also ein langer Prozess zum finalen Cover.

Der Albumtitel „Titan“ weist ja eine offensichtliche Anspielung auf die Sagenwelt der griechischen Antike auf. Worum geht es auf dem Album konkret und wie wichtig sind die Texte für das Verständnis des Gesamtwerkes?
Wie schon gesagt sind die Texte ein Teil der konzeptionellen “Dreifaltigkeit” – insofern sind sie wirklich wichtig. Auf “Titan” werden einige sehr verschiedene Themen behandelt. Jeder Song kann als eigene Geschichte verstanden werden
. Trotzdem gibt es Elemente, die die verschiedenen Stücke auf unterschiedliche Weisen verbinden. So kann beispielsweise “Prometheus”, der Titan, der den Menschen das geheime Wissen um das Feuer verraten hat, in Bezug zum Song “Burn” gesetzt werden, der vom Feuer des Wissens handelt. Das menschliche Geschlecht ist die Verbindung, die (im Titelsong) den Willen der Titanen in die Zukunft trägt, indem sie Terraforming auf dem Saturn-Mond Titan betreibt und ihn so besiedelbar macht. “Ground Zero” erschafft die post-apokalyptische Umgebung für den letzten Song des Albums, “The First Immortal”. Neben den Texten selbst habe ich im Booklet des Albums für jeden Song einen Prolog geschrieben, um all jenen, die tiefer in die Bedeutung der Texte eintauchen wollen, noch etwas an die Hand zu geben. 

SOM 286LP V2.inddLetztes Jahr habt ihr eure Frühwerke mit neuem Layout und Sound wiederveröffenlticht. War das eine Labelentscheidung oder war es euch als Musikern ein Bedürfnis, diese Werke zu überarbeiten?
In der Vergangenheit gab es viele Beschwerden seitens unserer Fans darüber, dass die Alben unserer Diskographie vor dem “Sumerian Daemons” nirgends mehr erhältlich waren.

Dass dieser große Teil unserer SEPTICFLESH-Mystic-Places-Of-Dawn-Reissuemusikalischen Geschichte nicht mehr zugäglich war, hat uns traurig gemacht. Insofern hat es uns sehr gefreut, dass Season Of Mist es geschafft haben, von unserem vorigen Label Holy Records grünes Licht für einen Re-Release zu bekommen und die Alben neu aufgelegt haben.

Mögt ihr die Alben persönlich noch und wie ist andererseits das Feedback zu den Re-Releases ausgefallen?
Ich bin immernoch sehr stolz auf diese
SOM 287LP.inddAlben, und die Reaktion der Fans auf die Neuauflagen war auch gut.

Vielen Dank für das Interview!
Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:

Fußball-Weltmeisterschaft: Goooool
Prometheus: Inspiration
Deutschland: Bier
Griechenland: Mythos
SEPTICFLESH in zehn Jahren:
Untote träumen weiter
Ein 2014er-Album, das du unseren Lesern ans Herz legen möchtest:
Triptykon – Melana Chasmata; Mayhem – Esoteric Warfare; Behemoth – The Satanist; Insomnium – Shadows Of The Dying Sun; Vader – Tibi Et Igni

Die letzten Worte gehören dir:
Während Titanen auf der Erde marschieren

Septicflesh Titan promotional photo

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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