Interview mit Christos Antoniou von Septicflesh

SEPTICFLESH haben Symphonic Metal über die Jahrzehnte perfektioniert. Live ist diese Musik hingegen kaum umzusetzen. Nach fast 20 Jahren Bandgeschichte konnten SEPTICFLESH nun erstmalig live mit Chor und Orchester auftreten. Komponist Christos Antoniou über die Herausforderungen bei der Inszenierung, die Chancen auf eine Wiederholung und warum Mexiko-Stadt für dieses Live-Debüt der perfekte Ort war, um „Infernus Sinfonica MMXIX“ aufzunehmen.

Hallo und vielen Dank, dass du dir für dieses Interview Zeit genommen hast! Wie geht es euch in dieser seltsamen Corona-Zeit?
Hallo und vielen Dank auch für das Interview. Mir geht es gut, wir sind sehr beschäftigt mit der Arbeit an unserem neuen Album. Für uns hat sich nicht viel geändert, da wir einen Zeitplan für die neue Platte hatten. Es wird einige Verzögerungen geben, die natürlich auf das Virus zurückzuführen sind … vor allem was Shows und Tourneen betrifft.

In Mexiko habt ihr nun eine Show gespielt, wie sie viele Fans sicherlich schon immer sehen wollten. Diese kommt nun unter dem Titel „Infernus Sinfonoca MMXIX“ auf DVD heraus, sodass sie jeder sehen kann. Aber warum habt ihr den Auftritt nicht bei einem großen Festival, sondern vor so begrenztem Publikum gespielt?
Ein Festival kann zwar mehr Menschen erreichen, aber die Spielzeit ist begrenzt, wenn man nicht zu den Großen gehört. Die Show in Mexiko war ideal, wir mussten uns nur auf unsere Performance und technischen Aspekte konzentrieren. Es war auch hilfreich, dass wir keine Supportbands hatten. Alles war aufgebaut und bereit. Auf einem Festival hätte man andere Schwierigkeiten gehabt, weil man eben nicht allein ist.

Und warum habt ihr ausgerechnet Mexiko gewählt?
Es war einfach bei weitem das seriöseste und professionellste Angebot, das wir erhalten hatten. Das mexikanische Publikum ist verrückt und sehr energisch, und wir haben dort eine starke Fan-Base. All diese Faktoren spielten bei unserer Entscheidung eine große Rolle.

Bedeutet ein solch einmaliges Event nicht auch enorme Kosten und Risiken? Hat der Veranstalter die Finanzierung übernommen oder das Label oder ihr als Band?
Natürlich, und nicht nur für Proben, Orchester und Chöre. Dazu kommen ja noch die Kosten für die Ton- und Bildaufnahmen … wie du sehen kannst, sprechen wir hier von einer riesigen Produktion. Aber der Veranstalter glaubte daran, SEPTICFLESH auch, und wir sollten Recht behalten: Es waren fast sofort, als die Show angekündigt wurde, um die 2000 Karten weg. Die Nachfrage war riesig. Aber das Risiko der Show geht immer der Promoter ein, auch hier.

Wie viel Vorlaufzeit hatte die Show, wann hatte die Planung für die Veranstaltung begonnen?
Ungefähr ein Jahr vor der Show. Ich habe die Partituren für das Orchester und die Chöre vorbereitet und einige Dinge geändert, weil es etwas anders ist, ob wir in Prag aufnehmen oder ob es sich um eine Live-Show handelt. Ich musste die Partituren deswegen eigens für diese Veranstaltung aufbereiten. Ich musste auch einige Videos der Chöre ansehen und ich wusste, dass das Orchester die Stücke einen Monat vor der Show proben würde.

Wie habt ihr die Show geplant – wart ihr vorab vor Ort, um mit dem Orchester und den Chorleitern zu sprechen, oder habt ihr das online gemacht?
Alles lief über das Internet. Dabei hat es sehr geholfen, dass der Veranstalter ein Musiker ist und selbst Mitglied in dem Chor war. Das hat viele Probleme gelöst, da er wusste, wovon ich spreche. Er war dort mein Paar Augen und Ohren, das war sehr praktisch. Er hat auch sämtliche Treffen und Proben des Orchesters und der Chöre arrangiert.

Wie oft habt ihr dann tatsächlich zusammen mit den Orchestermusikern geprobt?
Als wir in Nordamerika auf Tournee waren, sind wir für eine Woche dorthin gefahren, um mit ihnen zu proben. Nachdem sie die Lieder bereits geprobt hatten, kannten sie sie und alles lief sehr gut.

© Stella Mouzi

Bislang hattet ihr nur im Studio mit Orchester gearbeitet, also wahrscheinlich noch nie mit einem Orchester zusammen live gespielt. Inwieweit unterscheidet sich das vom Spielen zu Samples, welche Schwierigkeiten hat das verursacht?
Es ist riesiger Unterschied. Bei Shows mit Laptop ist es ziemlich einfach: Der Schlagzeuger lässt den Klicktrack laufen und du musst eben gut proben und spielen. Mit einem echten Orchester im Rücken mussten wir hingegen mit In-Ears spielen, was nicht ideal war: Wir hatten nur wenige Tage, um uns daran zu gewöhnen. Aber es gab keinen anderen Weg. Man muss auch sehr sorgfältig auf den Dirigenten achten, damit die Band und das Orchester gemeinsam anfangen. Man muss wirklich klar hören und gut spielen, denn alles wird aufgezeichnet. Das war eine riesige Aufgabe, aber wenn man viel daran arbeitet, wird man vom Endergebnis belohnt.

Wenn man mit so viel Vorbereitung in eine Show geht – ist man dann nervöser als sonst?
Das war meine härteste Show überhaupt. Ich war wirklich nervös, weil ich in der Band für alles verantwortlich bin, was mit dem Orchester zu tun hat. Ich habe alle Entscheidungen darüber getroffen, welches Orchester wir nehmen, über die Proben, die Partituren, die Location … fast alles.

Wie hast du die Show empfunden, warst du selbst damit zufrieden oder hättest du dir etwas anderes vorgestellt?
Es war beeindruckend. Worte reichen nicht aus, um zu beschreiben, wie ich mich gefühlt habe. Das Einzige, was ich bedauere, ist, dass die ständige Angst, ob alles gut geht, es mir unmöglich gemacht hat, es zu 100 Prozent zu genießen. Aber die Emotionen waren so stark, dass ich es nicht beschreiben kann. Das war bei weitem unsere beste Show … bis zur nächsten!

Der Gitarrist von Septicflesh live.
© Afra Gethöffer / metal1.info

Wenn man einmal so eine Show gespielt hat, kann man dann zu Samples zurückkehren, ohne das Orchester zu vermissen?
So betrachte ich das gar nicht. Da muss man realistisch sein, selbst Metallica können nicht über einen längeren Zeitraum von einem Orchester begleitet werden. So ist es nun einmal.

Habt ihr dennoch vor, etwas Derartiges nach der Corona-Krise zu wiederholen oder war das wirklich ein einmaliges Ereignis?
Das ist definitiv unser Plan. Aber wir werden warten, bis sich der richtige Zeitpunkt ergibt – unter den passenden Umständen, am richtigen Ort und mit dem richtigen Veranstalter. Hoffentlich diesmal in Europa. Wir werden sehen!

Im Moment sind Konzerte aufgrund der Corona-Krise ohnehin nicht möglich. Wie stark trifft euch das als Band?
Wir hatten in gewisser Weise Glück, weil wir gerade dabei waren, das neue Material zu komponieren. Wir hatten in diesem Sommer nur drei Festivals auf dem Programm und sonst nichts. Aber natürlich sieht es nicht gut aus und wir sind ein wenig besorgt über die Situation. Aber im Moment geht es uns gut.

Viele Bands spielen derzeit Streaming-Shows. Ist das etwas, was ihr in Betracht ziehen würdet, oder ist das im Kontrast zu der bombastischen Orchestershow wirklich nichts, was ihr euch vorstellen könnt?
Im Moment haben wir so etwas nicht geplant. Aber man weiß ja nie. Wir konzentrieren uns jetzt erst einmal zu 100 Prozent auf unser neues Album.

Vielen Dank für das Interview! Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Ein positiver Aspekt der Corona-Krise:
Die Erde scheint zu genesen.
Ein Hobby von dir, das nichts mit Musik zu tun hat: boxen.
Moria und die Flüchtlingssituation: Komplexe Situation.
Dein Lieblingsalbum im Moment: Ich habe im Moment keins.
Das erste Getränk, das du in einer Bar bestellst: Whisky.
SEPTICFLESH in zehn Jahren: weiser.
Nochmals danke für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte gehören dir:
Vielen Dank für das Interview und Danke an unsere deutschen Fans, die die Band über all die Jahre unterstützt haben!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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