Interview mit Sotiris Vayenas von Septicflesh

Mit „Communion“ haben die griechischen Symphonic-Black-Metaller SEPTICFLESH ein eindruckvolles Comeback-Album abgeliefert. Im Interview erklärt Sotiris Vayenas, was zur Auflösung, aber auch zur Reunion geführt hat, und was „Communion“ so stark macht.

Warum habt ihr euch 2003 dazu entschlossen, SEPTICFLESH aufzulösen?
Wir merkten, dass wir eine Veränderung brauchen, verschiedene Wege ausprobieren und unser Hauptaugenmerk auf unser Leben außerhalb von SEPTICFLESH legen wollten. Wir mussten als Individuen wachsen. Nach der Veröffentlichung von „Sumerian Daemons“ war es einfach zeit für einen Wechsel. Des weiteren hatten wir zu der Zeit diverse Meinungsverschiedenheiten mit dem Label, hatten das Gefühl, nicht in jedem Punkt das zu bekommen, was wir verdienten. Zu alledem kam noch, dass wir unterschiedlicher Meinung über die musikalische Zukunft der Band waren. Wir konnten uns nicht einigen, und, da in SEPTICFLESH jeder einbezogen ist uns keiner außen vor gelassen wird, entschieden wir uns am Ende, dass es wohl besser sei, das Kapitel abzuschließen und etwas neues auszuprobieren.

Was brachte euch zurück auf den Weg, an dessen Ende die SEPTICFLESH-Reunion stand?
Wir waren so lange weg. SEPTICFLESH war über so viele Jahre hinweg Teil unseres Lebens bis wir entschieden, die Band aufzulösen. Als wir diese Gemeinschaft verloren, spürten wir eine Leere in uns und so begann jeder, das Loch, das die Band in unserer Seele hinterlassen hatte, mit anderen Projekten zu füllen – was uns auch recht erfolgreich gelang: Seth arbeitete weiter an seiner Karriere als Künstler, Christos fertigte Artworks für Computerspiele, darüber hinaus waren wir alle auch in musikalischen Projekten aktiv.

Warum habt ihr nicht einfach mit diesen anderen Projekten weitergemacht?
Was auch immer wir machten – es war nicht damit vergleichbar, Teil von SEPTICFLESH zu sein. Es besteht eine gewisse Magie in unserer Band – dieser Zauber kann nur heraufbeschworen werden, wenn wir alle zusammen sind. Es besteht einfach eine besondere Atmosphäre, wenn wir alle zusammen Musik erschaffen. Daraus entsteht dann die besondere Stimmung in unseren Songs. SEPTICFLESH ist mehr als nur die Summe der einzelnen Bestandteile oder Mitglieder.

Was hat euch schließlich dazu veranlasst, SEPTICFLESH wieder ins Leben zu rufen?
Die Leute, die der Band folgten, waren uns immer sehr wichtig. Unsere Fans gaben SEPTICFLESH nie auf. Sie schrieben uns unzählige Briefe und Emails oder sprachen uns persönlich an, immer und immer wieder fragten sie, ob die Band zurückkehren würde. Wir fühlten uns verpflichtet, ihnen etwas zurückzugeben. Unsere Fans spielten also eine große Rolle bei der Entscheidung zur Reunion.

Wer machte den ersten Schritt auf dem Weg zur Reunion?
Die anderen drei stehen sich auch privat viel näher, schon allein, weil sie in der gleichen Stadt leben. Seth und Christos sind sogar Brüder und haben sogar ihre Wohnungen im gleichen Gebäude. Sie fingen an, miteinander eine mögliche Reunion zu diskutieren. In all der Zeit habe ich nie aufgehört, Songs zu schreiben, weil ich das einfach gerne tue. Somit war es am ende nur ein Telephonat mit Seth, der mir sagte, sie wollten, dass ich zurückkäme, um SEPTICFLESH erneut zu starten. Ich fühlte mich sonderbar berührt und gleichzeitig sehr glücklich, da ich immer traurig über die Auflösung der Band gewesen war.

War es einfach, wieder zusammenzufinden?
Es begann mit vielen Diskussionen. Es gab damals genug gute Gründe, die Band auf Eis zu legen, und nun brauchten wir bessere um weiterzumachen. Wir haben also erst einmal über unsere musikalische Ausrichtung und all die für das Zusammenarbeiten und Bestehen der Band grundlegenden Dinge. Als wir erkannten, dass es eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten zwischen uns gab, spürten wir, dass wir den Fans das liefern können, was sie verdient haben. „Communion“ ist der Beweis dafür und die ersten Reaktionen sind überwältigend. Wir hatten die richtigen Gründe und haben einfach das richtige getan, um zurückzukehren.

„Communion“ klingt, als ob die Mitglieder von SEPICFLESH alle ihre musikalischen Erfahrungen eingebracht haben, um einen modernen und doch zugleich klassischen Sound zu bekommen?
In der Tat haben wir wie eine Musik-Destille gearbeitet, vergleichbar mit dem Entstehungsprozess eines guten Whiskys: alle nicht wirklich perfekten Elemente wurden herausgefiltert und nur die besten Zutaten wurden benutzt. Wir sind mit unseren Projekten viele verschiedene Wege gegangen und haben all das Herumexperimentieren vorher schon mal gemacht. Jetzt wussten wir genau, wo wir standen und was wir zu tun hatten. Dieses Album ist das Werk der gesamten Band, jeder von uns hat dazu beigetragen.

Schließt das auch Drummer Fotis Benardo, der erst 2003 zur Band kam?
Ja, Fotis hat uns viel geholfen mit seiner Wesensart und Einstellung. Er ist ein Katalysator für SEPTICFLESH, der mit vielen Ideen, nicht nur auf sein Drumming bezogen, sondern auch auf Melodien, einen neuen und aufregenden Einfluss ausübt.

Habt ihr bei „Communion“ viel Zeit mit den Arrangements verbracht?
Jeder Song erforderte viel Anstrengung, aber eine, die sich lohnt. Wir haben viele verschiedene Versionen ausprobiert, bis wir schließlich ganz zufrieden waren. Wir benutzen alle unsere Heimstudios um jede Schwachstelle, die wir finden konnten, auszumerzen. Christos hat sich in all den Jahren auch klassisches Orchester konzentriert, deshalb kam er mit unzähligen Ideen, die sich auf spezielle Instrumente für bestimmte Passagen oder sogar nur Momente bezogen. Wir haben uns über jedes kleinste Detail Gedanken gemacht und haben alles bis zur letzten Sekunde ausgefeilt.

Die Orchestrierung auf diesem Album ist sehr ausgeprägt – wurde damit ein Traum Realität?
Endlich konnten wir ein komplettes Orchester benutzen, ein Ziel, das wir uns von Anfang an gesteckt hatten. Hör dir einfach „Mythos“ auf unserem Debüt „Mystic Places Of Dawn“ von 1994 an: schon dort kannst du hören, dass wir klassische Elemente benutzt haben. Mit einem kompletten Orchester und einem großen Chor haben wir einen Sound erreicht, den du auf elektronischem Wege nie erreichen wirst. Kombiniert mit den Auf-die-Fresse-Gitarren ergibt das eine sehr kraftvolle Wirkung. Erstaunlich genug, dass einige der düstersten Momente auf „Communion“ vom Orchester kommen.

Es gibt aber auch einige sehr harte Momente auf „Communion“, würdest du da zustimmen?
Wir haben das von Tag eins an zum Thema gemacht, dass wir immernoch extreme Parts in unserer Musik haben wollen, weil wir alle nicht alt und zart geworden sind. Der Drang und das Bedürfnis nach rauer Energie steckt immernoch in uns. SEPTICFLESH drückt alle Arten von Emotionen aus, die in uns stecken und das sind ganz bestimmt nicht nur ruhige. Manchmal bin ich wirklich verdammt überrascht was da aus uns herauskommt, wenn wir Musik machen.

Textlich hatte SEPTICFLESH immer eine Tendenz zu großen Konzepten. Wurde dieses Prinzip fortgeführt?
„Communion“ ist kein Konzeptalbum, das sich um ein Thema dreht – ich hatte zu viele Ideen, um sie in ein Konzept zu packen. Natürlich gibt es einige Themen, die mehrfach angeschnitten werden und es zieht sich ein roter Faden durch das gesamte Album. Aus unserer Vergangenheit ist eine Verbundenheit zu occulten Themen bestehen geblieben und ich habe die Stimmung der früheren Texte beibehalten. Es gibt wieder Ausschweifungen in die Alten Zeiten und ich beziehe mich auf starke Persönlichkeiten, die die Menschheit beeinflusst haben, so wie Lucifer, der der Menschheit das Licht gab.

Wie passt der Albumtitel „Communion“ [„Gemeinschaft“ – A. d. Red.] zu diesen Themen?
Neben der wiedergefundenen Verbindung zwischen den Mitgliedern dieser Band, spielt „Communion“ auf das Zusammenwirken in Anwesenheit von nich-menschlichen Wesen. Dies beinhaltet fremdartige und zum teil furchterregende Gefühle. Manche nennen diese Wesen Dämonen, andere halten sie für göttliche Kreaturen, während wieder andere sie für Aliens halten. Meiner Meinung nach beschreibt all dies ein und das selbe Phänomen. Das Individuum projeziert seinen eigenen Glauben in eine Erfahrung.

Beziehen sich alle Songs auf eine übernatürliche Welt?
Nicht alle unserer Songs sind so tiefschürfend. Manchmal erzäheln wir auch einfach eine Erzählung, die aus der Geschichte, den Mythen aus der Vergangenheit und der reichen Kultur unserer Heimat Griechenland herrührt. Auch meinem Lieblingsautor H.P. Lovecraft habe ich auf diesem Album mit dem Song „Lovecraft’s Death“ Tribut gezollt. Ein Song wie „Sunlight/Moonlight“ hingegen bezieht sich auf persönliche Erfahrungen. Gleichzeitig versuche ich immer, dem Hörer viel Freiraum zu lassen, den er mit eigenen Interpretationen füllen kann. Ich will dem Hörer nicht meine eigenen Ideen aufzwingen. Sie sollten die Möglichkeit haben, ihren eigenen Zugang zu den Texten zu finden, wenn sie dies wollen.

Warum kehren SEPTICFLESH zurück ins Leben, indem sie sofort auf eine ausgedehnte Tour durch ganz Europa gehen?
Weil die Leute uns wieder auf die Bühne holen wollten, geben wir ihnen nun eine Gelegenheit, uns nach so vielen Jahren live zu sehen. Wir werden unsere Rückkehr mit den Fans feiern, statt nur ein neues Album für sie aufzunehmen. Diese Tour bringt uns auch an unsere Grenzen. Wenn eine Band zuviele Konzerte spielt, gehen sich die Leute, die daran Teilhaben, auf die Nerven. Auf der anderen Seite gibt es viele wertvolle Momente, wenn wir interessante Leute auf der Tour treffen zum Beispiel. Das wird uns über die Erschöpfung hinweghelfen.

Ist „Communion“ und die Tour als einmalige Angelegenheit aufzufassen, oder ist SEPTICFLESH nun ganz zurück?
Wir sind schon einmal gestorben; Wir wollen nicht wieder sterben. SEPTICFLESH sind wirklich zurück, wir alle sind uns dessen so sicher, wie man sich nur sein kann. Das ist der Grund, warum wir uns die Zeit genommen haben und stundenlang diskutiert haben. So lange man uns will, werden wir von jetzt an mit dieser Band weitermachen. Versprochen.

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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