Konzertbericht: Amenra w/ The Devil´s Trade

25.09.2021 Leipzig, Peterskirche

In der Corona-Zeit muss man kreativ sein. Das haben auch AMENRA gelernt, die ursprünglich im September ihr aktuelles Werk „De Doorn“ auf Tour vorstellen wollten. Aufgrund der anhaltenden Beschränkungen waren die Belgier jedoch gezwungen, etwas umzuplanen und haben kurzerhand eine Akustik-Tour mit geringerem Ticketkontingent und ganz speziellen Locations auf die Beine gestellt. In Leipzig konnte mit Hilfe des Konzertveranstalters Swansea Concerts die Peterskirche als Örtlichkeit gebucht werden, die eine fantastische Akustik und zudem aufgrund der nicht mehr vorhandenen festen Bestuhlung im Kirchenschiff viel Flexibilität bietet.

Pünktlich zum Einlass um 19.35 Uhr tummeln sich bereits einige der nach Kontingenterhöhung am Ende etwa 500 Besucher vor der beeindruckenden Front der Peterskirche, um sich einen guten Sitzplatz zu ergattern. Nach Kontrolle der 3G-Regeln am Eingang können auch schon die Plätze eingenommen und ein Abend voller Emotionen bestritten werden.

Als Support für den Abend fungiert Dávid Makó aka THE DEVIL´S TRADE, der mit Hilfe seiner sonoren Stimme das erste Mal an diesem Abend die außergewöhnlichen klanglichen Möglichkeiten der Konzertlocation unter Beweis stellt. Zu Beginn versteckt sich Dávid zu „Pusztinai Nagy Hegy Alatt“ noch hinter dem Klangkörper seines Banjos, doch macht er im weiteren Verlauf seines Sets und den Ankündigungen der Songs mehrfach deutlich, dass er über einen sehr feinen und dunklen Sinn für Humor verfügt und die anwesenden Hörer auch ohne weitere Musiker verzücken kann. Die Setlist fokussiert sich auf das letzte Album „The Call Of The Iron Peak“ (2020) und wird durch ältere Songs sowie eine Interpretation eines ungarischen Volkslieds abgerundet. Der Sänger begleitet dabei seine mit tiefer, rauer und melancholischer Stimme gesungenen Texte abwechselnd mit einer elektrisch verstärkten Akustikgitarre oder besagtem Banjo und wird durch einen Spot im Rücken einfach, aber dennoch sehr effektiv in Szene gesetzt. So entsteht eine intensive Atmosphäre und eine Performance irgendwo zwischen Intimität, Hoffnung und Verzweiflung, die mit beachtlichem Applaus des Publikums bedacht wird.

  1. Pusztinai Nagy Hegy Alatt
  2. Dead Sister
  3. 12 To Die 6 To Rise
  4.  No One Here
  5. No Arrival

Nach einer kurzen Pause verdunkelt sich der Innenraum der Peterskirche erneut und es ist Zeit für eine der seltenen und berührenden Akustik-Shows von AMENRA. Zu „Plus Près De Toi“ begeben sich die Belgier nach einander auf ihre Plätze und das Publikum, das sich bis eben noch ausgelassen miteinander unterhielt, ist schlagartig still und im Bann der Musik. Mit „Diaken“ und „Razoreater“ folgen weitere Songs, die in ihrer jeweiligen Albumversion vom Wechsel von ruhigen Passagen zu brachialen Sludge-Ausbrüchen leben, aber auch rein akustisch ihre ganz eigene Schönheit und Eigenständigkeit offenbaren. Sänger Colin van Eeckhout verleiht den Liedern dabei mit seiner sanften, fast schon zerbrechlichen Stimme eine emotionale Vielschichtigkeit, die durch die weitere Instrumentierung auf überwältigende Art und Weise unterstützt wird und die Anwesenden die gesamte Dauer des Auftritts fesselt. Während der einzelnen Songs herrscht in der gesamten Peterskirche seitens des Publikums absolute Ruhe, die lediglich in den kurzen Pausen zwischen den Songs durch begeisterten Applaus unterbrochen wird. Auch die Setlist ist wohl durchdacht und vereint mit „Voor Immer“ und „De Evenmens“ Songs des neuen Albums mit Klassikern der Band wie „The Dying Of Light“ und „To Go On.: And Live With. Out“. Zusätzlich werden mit „Song To The Siren“ (Tim Buckley) und Kathleen (Townes van Zandt) zwei Coverversionen dargeboten, denen AMENRA ihren eigenen Stempel aufdrücken.

Neben der musikalischen Klasse und dem erhabenen Ambiente der Peterskirche, begeistert auch die optische Darbietung des Auftritts. Die Band hat ihre Plätze auf der Vierung der Kirche innerhalb eines Kreises eingenommen, sodass ein intimer Rahmen entsteht, in dem die Musiker agieren können. Als einziges Bühnenbild wurde ein großer Aufbau eines Pfahls, neben dem Tripod eines der Symbole von AMENRA, installiert, der in weißes Licht getaucht wird. Die dynamische Komponente während des Auftritts stellt dadurch die verwendete Lichttechnik dar, die die jeweilige Stimmung innerhalb der Lieder treffend unterstützt. Wenn beispielsweise im Verlaufe des Songs „A Solitary Reign“ die achtsame Ruhe der vertonten Hoffnung weicht, wird auch die anfängliche düstere Atmosphäre durch einen Lichtschein durchbrochen, indem die einzelnen Spots die Band mit einem Lichtkegel umhüllen. Nach etwa 90 Minuten endet dieses ganz besondere Erlebnis unter tosendem Applaus und lässt ausnahmslos glückliche Gesichter zurück.

  1. Plus près de toi
  2. Diaken
  3. Razoreater
  4. Song to the Siren (Tim Buckley Cover)
  5. The Dying Of Light
  6. Wear My Crown
  7. Voor immer
  8. Kathleen (Townes Van Zandt Cover)
  9. De evenmens
  10. A Solitary Reign
  11. To Go On.: And Live With. Out
  12. The Longest Night
  13. Deemoed

AMENRA schaffen es mit ihrer Akustikshow, das Publikum genau wie bei ihren vollverstärkten Auftritten mitzureißen und in ihre ganz eigene inhaltliche und emotionale Welt zu entführen. Die Songs werden dabei durch ein subtiles Rearrangement reduziert und verlieren dennoch nichts von ihrer Klasse. Gerade nach einer so langen Konzertpause wird durch solche Auftritte deutlich, dass das Erlebnis eines Livekonzerts unersetzlich ist.

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