Konzertbericht: Amon Amarth w/ Arch Enemy, Hypocrisy

15.11.2019 Zenith, München

Bereits seit dem 03. Mai 2019 steht „Berserker“, das nunmehr elfte Studioalbum von AMON AMARTH, in den Plattenläden. Jetzt folgt endlich die „Berserker World Tour“. Innerhalb eines Monats stehen nicht weniger als 24 Konzerte an. Als Support gibt es mit ARCH ENEMY und HYPOCRISY Bands, die alleine schon ganze Hallen füllen. Alle drei Bands zusammen versprechen also einen hervorragenden Abend – die Erwartungen an diese Tour und deren Konzerte jedenfalls sind groß.

Bereits zu Beginn der Shows ist das Zenith in München bis auf den letzten Quadratmeter aufgefüllt. Kein Wunder: das Konzert war bereits Wochen vorher ausverkauft. Das macht es für Peter Tägtgren und HYPOCRISY umso angenehmer: Frenetisch werden sie auf der Bühne begrüßt. Auch wenn es seit dem 2013er „End of Disclosure“ noch kein neues Material von HYPOCRISY gab, können die Klassiker restlos überzeugen. Schon der Einstieg mit „Fractured Millenium“ ist sehr gut gewählt, das abgedunkelte Bühnenlicht kreiert die passende Atmosphäre und der Sound lässt kaum Wünsche offen: Der Bass ist wuchtig, die Gitarren sind präsent und auch Peters Gesang kommt klar und deutlich aus der Anlage. Es folgen unter anderem „Fire In The Sky“ und „The Final Chapter“. Nach nur sieben Liedern ist mit „Roswell 47“ dann aber leider auch schon Schluss. Überraschend ist, dass vom erwähnten  „End Of Disclosure“ kein Track dabei war. Bei nur 30 Minuten Spielzeit muss man eben Abstriche machen – die ihnen zur Verfügung stehende Zeit wissen HYPOCRISY aber perfekt zu nutzen.

  1. Fractured Millennium
  2. Adjusting The Sun
  3. Fire In The Sky
  4. Warpath
  5. Eraser
  6. The Final Chapter
  7. Roswell 47

Nach einer kurzen Umbaupause thront das markante Schlagzeug von Daniel Erlandsson auf der Bühne. Der lässt nicht lange auf sich warten und unter dem Intro „Set Flame To The Night“ begeben sich ARCH ENEMY nach und nach auf die Bühne. Die Begrüßung durch das Publikum steht der von Hypocrisy in nichts nach. Nachdem das Intro verklungen ist, gelingt mit „The World Is Yours“ ein rasanter Einstieg. Alissa performt in gewohnt agil und springt über die Bühne. Amott und Loomis spielen routiniert und sicher diverse Soli – genre auch Rücken an Rücken. Das wirkt gut und stimmig zumal die Setlist einiges zu bieten hat: Da wäre ein starkes „War Eternal“, ein massives „My Apocalypse“ und ein an alte Tage erinnerndes „Ravenous“. Insgesamt bedient sich ARCH ENEMY aus dem kompletten Portfolio. Allerdings: Wie bereits zum Wackenauftritt von 2016, der auch auf der „As The Stages Burn“ Live-DVD zu sehen und zu hören ist, lässt Alissa die Instrumentalpassage von „My Apocalypse“ wieder vom Publikum übernehmen. Das funktioniert gut und ein stimmgewaltiger Chor vor Ort leistet das durchaus, aber es bleibt der Eindruck, dass alles genauso ist wie auf genanntem Live-Album und wirkt damit etwas gestellt. So schade es ist, aber wer „As The Stages Burn“ kennt, der kennt ab diesem Moment schon das ganze Konzert, dessen Ablauf, ja sogar manche Ansagen der Frontfrau, die denen von damals Wort für Wort gleichen.

Der gesamte Auftritt von ARCH ENEMY ist an diesem Abend zweifellos technisch sehr gut, die Band hat „ihr“ Publikum gut im Griff und weiß wie man eine gute und routinierte Show bestreitet. Die Interaktion mit dem Publikum gelingt ARCH ENEMY erneut hervorragend und mit – wie könnte es anders sein – einem gewaltigen „Nemesis“, ohne das kein ARCH ENEMY Gig komplett ist, klingt dieser aus. Nach dem rasanten und wiederum beeindruckenden Finale verabschiedet sich das Quintett zu „Enter The Machine“ von der Bühne.

  1. Set Flame To The Night
  2. The World Is Yours
  3. War Eternal
  4. My Apocalypse
  5. You Will Know My Name
  6. Ravenous
  7. The Eagle Flies Alone
  8. First Day in Hell
  9. Saturnine
  10. As The Pages Burn
  11. Avalanche
  12. Nemesis
  13. Enter The Machine

Der Umbau nimmt Zeit in Anspruch und lässt bereits vorab vermuten, dass die Bühnendeko von AMON AMARTH alles andere als simpel sein wird. Ein übergoßer Banner mit der Aufschrift Berserker verhüllt die Bühne. Als er endlich fällt, erscheint ein übergroßer Wikingerhelm als Drumriser hinter dem das aktuelle Bandlogo mit den gespiegelten -Runen prangt.

Der Auftritt beginnt mit „Raven’s Flight“ vom neuen Album und geht damit in die Vollen. „Runes To My Memory“ nimmt die Geschwindigkeit etwas zurück, doch mit „Death In Fire“ ändert sich das schnell wieder. Was früher immer Zugabe war, ist jetzt auf den dritten Platz der Setlist vorgerückt und funktioniert nach wie vor als Hook für das Publikum. Das altbewährte Stück setzen die Schweden hervorragend in Szene, indem auf den Seiten der Bühne Runen brennen und Kaskaden von Feuersäulen über das Publikum stoßen. Der Einstieg gelingt und überzeugt von der ersten Minuten an. Die Inszenierung ist aufwendig und abwechslungsreich. In den Augenpartien des Wikingerhelms befinden sich Bildschirme, die den jeweiligen Song untermauern: mal sind es wild blickende Augen, mal die besagten schwelenden Runen, zu „Fafner’s Gold“ ein Goldregen und zu „Twilight Of The Thundergod“ zucken beispielswiese Blitze darüber.

Vor „Guardians Of Asgard“ wird die Bühne dunkel und lediglich Wallgren’s Schlagzeug bleibt durch wenige Spotlights sichtbar, während es zeitgleich zum Solo des Drummers langsam in die Höhe gefahren wird. Als die Lichter wieder die komplette Bühne erhellen, stehen links und rechts des Schlagzeugs riesenhafte Statuen. Das aufwendige Bühnenbild zieht sich durch die gesamte Show von AMON AMARTH und so darf auch der Schaukampf zweier Nordmänner zum Auftakt von „The Way Of The Vikings“ oder Loki vor „Deceiver Of The Gods“ nicht fehlen.

Die Inszenierung selbst ist aber auch die Crux: Während sie am Anfang stimmig wirkt und überwältigt, wird sie gegen Ende fast zu viel und droht ins Kitschige zu kippen: Johan Hegg schwingt den überdimensionierten Mjöllnir unter Getöse und Funkenhagel gegen eine riesige Midgardschlange, die dem Coverartwork von „Twilight Of The Thundergod“ nachempfunden ist. Das macht das Konzert aber keinesfalls zu einem schlechten – ganz im Gegenteil: AMON AMARTH bieten eine Show, die ihresgleichen sucht und beweisen, dass auch die neuen Songs wunderbar in eine Setlist gegossen werden können und sich in die Riege bestehender Tracks einreihen. „Shield Wall“ beispielsweise kristallisiert sich aufgrund des eingehenden Refrains als sehr publikumstauglich heraus. „Crack The Sky“ funktioniert ebenfalls hervorragend auf der Bühne und „Fafner’s Gold“ ist live grandios.

  1. Raven’s Flight
  2. Runes To My Memory
  3. Death In Fire
  4. Deceiver Of The Gods
  5. First Kill
  6. Fafner’s Gold
  7. Crack The Sky
  8. The Way Of Vikings
  9. Prediction Of Warfare
  10. Shield Wall
  11. Guardians Of Asgaard
  12. Raise Your Horns
  13. The Pursuit of Vikings
  14. Twilight of the Thunder God

AMON AMARTH sind an diesem Abend der Kontrast zu ARCH ENEMY: Johan Hegg erscheint authentisch, freut sich über sein Publikum. Die ganze Band hat Spaß an der Musik und der Auftritt wirkt nicht wie einstudiertes Programm, sondern vielmehr wie eine einzige große Freude darüber, an diesem Abend genau auf dieser Bühne und vor diesem Publikum zu stehen. AMON AMARTH bestreiten einen hervorragenden Auftakt zur „Berserker World Tour“, schrammen aber mit beinahe überzogener Präsentation hart am Kitsch vorbei. Die Setlist ist bedacht ausgewählt und vereint Neues hervorragend mit Bestehendem – der gesamte Auftritt wirkt wie aus einem Guss und macht damit sowohl der Band als auch dem Publikum von Anfang bis Ende Spaß. Dass ARCH ENEMY und HYPOCRISY den Abend eröffnen, erweist sich als gekonnter Kniff und beschert den Fans alles in Allem ein Konzert, das wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird.

 

Publiziert am von

Fotos von: Andreas Brückner

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