Konzertbericht: Slayer w/ Anthrax, Kvelertak

10.11.2015 München, Zenith

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Während die Booker, die für die letzten SLAYER-Touren verantwortlich waren, nicht immer ein glückliches Händchen hatten, was die Bands im Vorprogramm angeht, kann man sich dahingehend diesmal nicht beschweren: Mit der Thrash-Legende ANTHRAX, die wie SLAYER zu den „Big 4“ des Thrash Metal zählt, bekommen die Fans heute mehr als nur irgendeine Vorband. Unterstützt von den so jungen wie aufstrebenden KVELERTAK, denen man diese Chance von Herzen gönnt, ergibt das ein gewissenhaft geschnürtes Band-Package, für das sich der Ticketpreis allemal lohnt.

Kvelertak-logo

Wohl nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass auf die Tickets lediglich ein ohne weitere Erläuterung recht aussageloses „19:00“ gedruckt steht, ist das Zenith noch eher spärlich gefüllt, als KVELERTAK um 19:00 ihre Show beginnen – Einlass war nämlich, anders als von vielen vermutet, bereits um 17:30. Die Reaktionen der Anwesenden lassen erahnen, dass es nicht nur an dieser schlechten Informationspolitik liegt, dass noch nicht allzu viel los ist: Wenig überraschend passen KVELERTAK mit ihrem schwarzmetallen angehauchten Rock nicht ganz ins Beuteschema des typischen Slayer-Fans. Doch auch die äußeren Umstände spielen den Norwegern nicht unbedingt in die Karten: Als erste Vorband bekommen sie nicht nur eine lieblose Abmischung, die sich mit den drei Gitarren nur schwer verträgt, sondern auch nur einen Bruchteil der Leistung der PA zugesprochen – eine Unsitte, die wohl nie aussterben wird. Viel zu leise und insgesamt sehr matschig abgemischt ähneln sich die Songs der Norweger leider zu stark, als sie jemanden, der die Band nicht kennt, über die 45 Minuten hinweg unterhalten könnten. Und auch den (vornehmend jüngeren) Fans der Band dürften die kleinen Club-Shows der Vergangenheit lieber sein, wirken KVELERTAK bei aller musikalischen Souveränität auf der monströsen Bühne des Zenith doch etwas verloren.

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Um 20:00 erlischt das Licht für ANTHRAX – und gleich ist klar, welche Reputation diese Band bei den Fans von Slayer genießt: Mit fast schon frenetischem Jubel und „Anthrax!“-Sprechchören begrüßt das Publikum die New Yorker um Gitarrist und Bandkopf Scott Ian, die sich in München zuletzt 2012 im Vorprogramm von Motörhead blicken ließen. Seitdem hat sich die Band einmal mehr personell verändert: Für Rob Caggiano schwingt seit 2013 Jonathan Donais von Shadows Fall die Axt und auf dem Schlagzeughocker nimmt auf der Tour aufgrund der andauernden Handverletzung von Charlie Benante einmal mehr Jon Dette Platz. An der Schlagkraft der Thrasher hat sich jedoch an sich nichts geändert: Vor allem Fronter Joey Belladonna macht auch heute eine gute Figur und animiert das Publikum erfolgreich zum Mitmachen – bei Hits wie „Caugh In A Mosh“, „Among The Living“ oder dem Trust-Cover „Antisocial“ kein Wunder. Uneingeschränkte Freude stellt sich jedoch nicht ein: Zum Teil liegt das an der immer noch drastisch heruntergeregelten Lautstärke sowie dem immer noch extrem undifferenzierten, basslastigen Sound, der ANTHRAX einige Energie raubt. Zum Teil aber auch an ANTHRAX selbst: Wirklich zu überzeugen vermag nämlich weder das Material vom (noch) aktuellen Album „Worship Music“ noch der brandneue Song „Evil Twin“, der als Vorgeschmack auf das im Frühjahr 2016 erscheinende Album „For All Kings“ präsentiert wird. Am Ende ihrer 60 Minuten bekommen ANTHRAX dennoch einen satten Applaus – und das mit Recht.

  1. Caught In A Mosh
  2. Got the Time (Joe-Jackson-Cover)
  3. Madhouse
  4. Antisocial (Trust-Cover)
  5. Evil Twin
  6. Fight ‚Em ‚Til You Can’t
  7. Indians
  8. March Of The S.O.D. (Stormtroopers-Of-Death-Cover)
  9. In The End
  10. Among The Living
  11. — Long Live Rock ‚N‘ Roll (Outro, Rainbow Song)

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Bereits zum Anheizen der Fans haben sich SLAYER einen Spaß erlaubt: In Intro-Lautstärke erschallt AC/DCs „Thunderstruck“ im Saal – von den Fans erwartungsgemäß direkt in „Slayer“ umgedichtet. Als nach 30 Minuten Umbaupause schließlich um 21:30 der weiße, die Bühne verhüllende Vorhang fällt, ist klar, dass SLAYER schon allein durch die Produktion ihrer Show keinen Zweifel daran aufkommen lassen, wer heute der King im Ring ist: Vier metallene, invertierte Kreuze hängen von der Decke und ein riesiges Backdrop mit dem Artwork des aktuellen Albums „Repentless“ umspannt die gesamte Bühne. Der Clou ist aber, dass es, mit fluoreszierender Schwarzlicht-Farbe bemalt, auch bei dunkler Bühne für eine eindrucksvolle Kulisse sorgt.

Mit der Qualität des Sounds, der von der ersten Sekunde an (nicht nur im direkten Vergleich zu den am heutigen Abend gehörten Konzerten) klar definiert und brüllend laut aus der PA schallt, schießt auch die Stimmung des Publikums bereits bei den ersten Tönen von „Repentless“ in die Höhe: Egal, mit welchem Song SLAYER aufwarten, das Publikum feiert sie frenetisch ab. Bis auf die Tatsache, dass ausgerechnet „Christ Illusion“ im heutigen Set sträflicherweise gänzlich unberücksichtigt bleibt, lässt die Setlist der anderthalbstündigen Show keine Wünsche offen: Oldschool-Klassiker wie „Chemical Warfare“, „Black Magic“ und „Die By The Sword“ treffen auf moderne Kracher wie „Hate Worldwide“ oder „Repentless“. So routiniert und souverän SLAYER sich durch ihre Stücke spielen, so unerfahren, fast hilflos wirkt Front-Sympath Tom Araya zwischen den Songs: Von den seit Jahrzehnten unveränderten Ansagen wie der zu „Dead Skin Mask“ abgesehen, kommt er nicht darüber hinaus, sich mehrfach beim Publikum für dessen Anwesenheit zu bedanken. Danach herrscht immer wieder ratloses Schweigen,  das Araya (im Übrigen mittlerweile wieder ohne Rauschebart) mit seinem gewinnenden Grinsen dann irgendwie doch souverän überbrückt.

Nach „World Painted Blood“ verlässt die Band die Bühne nur kurz, bevor sie ohne große Starallüren und viel Theater direkt mit der Zugabe und „South Of Heaven“ weitermacht. Nach den obligatorischen „Reign In Blood“ und dem seit Jeff Hannemans Tod als Showabschluss etablierten „Angel Of Death“ ist schließlich ohne weitere Umschweife Schluss. Es ist aber ja auch alles gesagt.

    — Delusions of Saviour (Intro)

  1. Repentless
  2. Postmortem
  3. Hate Worldwide
  4. Disciple
  5. God Send Death
  6. War Ensemble
  7. When The Stillness Comes
  8. Vices
  9. Mandatory Suicide
  10. Chemical Warfare
  11. Die By The Sword
  12. Black Magic
  13. Implode
  14. Seasons In The Abyss
  15. Hell Awaits
  16. Dead Skin Mask
  17. World Painted Blood
  18. South Of Heaven
  19. Raining Blood
  20. Angel Of Death

Die Fans wollten SLAYER und sie haben SLAYER bekommen: Kompromisslos, energiegeladen und ohrenbetäubend laut. Einzig die Unsitte, die Vorbands im Vergleich zur Hauptband deutlich schwächer abzumischen, trübt die Stimmung im Vorfeld etwas, da sowohl der Auftritt der sympathischen Norweger KVELERTAK als auch der der dynamischen Thrash-Größe ANTHRAX merklich darunter leidet. Das müsste nicht sein, zumal SLAYER mit dieser Show auch ohne solche schmutzigen Tricks zweifelsfrei als die Band des Abends in Erinnerung geblieben wären.

An diesen Terminen habt ihr noch die Gelegenheit, euch das Tour-Package anzusehen:

12.11. – Berlin, Columbiahalle
13.11. – Bochum, RuhrCongress
14.11. – Ludwigsburg, Arena
16.11. – Frankfurt, Jahrhunderthalle

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