Review Slayer – Repentless

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Thrash Metal

Wenn es sich die stets betont coolen Herren King und Araya auch nie haben anmerken lassen, dürften die letzten doch die bewegtesten Jahre in ihrer nunmehr 34-jährigen Karriere mit SLAYER gewesen sein: 2011 zunächst der langfristige Ausfall von Gitarrist Jeff Hanneman nach einer durch einen Spinnenbiss herbeigeführten Infektionskrankheit, 2013 dann, statt einer Rückkehr, sein für Außenstehende überraschender Tod an alkoholbedingter Leberzirrhose. Interims-Gitarrist Gary Holt (Exodus) stieg ein, quasi zeitgleich flog Schlagzeuger Dave Lombardo raus und wurde einmal mehr durch Paul Bostaph (ehemals Exodus) ersetzt, der ja mit SLAYER seit jeher in einer Art On-Off-Beziehung lebt. Doch SLAYER wären – und das kann man so positiv wie negativ sehen – nicht SLAYER, hätte sie dieses Chaos ernstlich aus dem Tritt gebracht: Zwar mussten sich die Fans seit „World Painted Blood“ (2009) zum ersten Mal in der Geschichte der Band ganze sechs Jahre gedulden – daran, dass es ein zwölftes SLAYER-Album geben werde, bestanden jedoch nie Zweifel.

Das Werk, nach fast 20-jähriger Treue zu American Recordings/Universal nun das erste unter den Fittichen von Nuclear Blast Records, hört auf den einzigartigen Namen „Repentless“. Einzigartig, weil es sich dabei um eine Wortneuschöpfung handelt, die, von „repent“, der Reue, abgeleitet, wohl gleichbedeutend mit „remorseless“ „reulos“ bedeuten soll. Und in der Tat: SLAYER bereuen auf „Repentless“ offensichtlich nur wenig von alledem, was sie in den vergangenen 34 Jahren gemacht haben – sonst wäre es reichlich inkonsequent, genau damit weiterzumachen.

Zwar klingt das Intro „Delusions Of Saviour“ zunächst noch so brav, dass es auch am Anfang eines Metallica-Albums stehen könnte, mit den ersten Tönen des Titeltracks ist man dann jedoch eindeutig bei SLAYER angekommen: Ein flottes Riff, furioses Schlagzeugspiel und ein Araya, dem man Altersmilde zumindest der Stimme nach beim besten Willen nicht nachsagen kann. Mit „Take Control“ legen SLAYER gleich mächtig nach: Die Kombination aus Raserei und lauerndem Midtempo funktioniert bestens und lässt die Nackenmuskeln zucken.
Midtempo ist generell ein gutes Stichwort: Während SLAYER auf „World Painted Blood“ noch voll auf Geschwindigkeit und Brutalität gesetzt hatten, bewegen sie sich auf „Repentless“ überraschend oft in gemäßigteren Tempi. Im Anschluss an das griffig-groovende „Vices“ drosseln SLAYER das Tempo konsequent weiter und ziehen es erst in „Cheasing Death“ wieder an. So gelungen „Cast The First Stone“, vor allem aber „When The Stillness Comes“ (zumindest nach dem eigentlich überflüssigen Cleangitarren-Intro) auch sein mögen – dass bei „Implode“ schließlich wieder richtig Griffbrett-Meter gemacht werden, tut dem Album so gut wie dem Hörer.
Von dieser Ausnahme abgesehen, sucht man Raserei und fetzige Riffs in der zweiten Albumhälfte mehr oder weniger vergeblich. Zusammen mit ein paar eher belanglosen Nummern gegen Ende des Albums sorgt das dafür, dass „Repentless“ am Ende länger wirkt, als es mit seinen knapp 42 Minuten Spielzeit ist.
Dass das Album trotzdem bis zum Schluss Spaß macht, liegt auch an Produzent Terry Date, der aus den Stücken soundtechnisch alles herausgeholt hat: Nicht nur im Vergleich zur von Rick Rubin soundtechnisch ziemlich verhunzten „World Painted Blood“ klingt „Repentless“ frisch, kraftvoll und – vor allem was das Schlagzeug angeht – extrem lebendig. Sollte der Produzentenwechsel mit dem Labelwechsel in Zusammenhang stehen, hat sich dieser schon allein deswegen rentiert.

SLAYER machen mit „Repentless“ vieles, aber nicht alles richtig: Wie schon das Cover andeutet, ist das zwölfte Werk – vielleicht mehr noch als „Christ Illusion“ – mit seinen vielen Midtempo-Nummern klar am klassischen 80er-Jahre-SLAYER-Stil orientiert, weiß dabei aber mit einem zeitgemäßen Sound zu begeistern. Das alles täuscht aber nicht darüber hinweg, dass sich das Album bei mehrfachem Hören eher abnutzt, als zu wachsen. Dass hier Jeff Hannemans Riffs fehlen, ist natürlich reine Spekulation – verglichen mit dem stilistisch ähnlichen Hitfeuerwerk „Christ Illusion“ wirkt „Repentless“ aber bisweilen eher ziel- als zeitlos. Und doch muss man SLAYER am Ende ein Kompliment machen: Schlussendlich ist „Repentless“ nämlich bei aller Kritik ein hörenswertes SLAYER-Album geworden – unter den gegebenen Umständen und selbst mit 34 Jahren Erfahrung keine Selbstverständlichkeit.

Wertung: 7.5 / 10

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