Konzertbericht: Soulfly w/ Incite, Lody Kong

14.10.2012 München, Backstage Halle


SOULFLY? Cool!
INCITE – aha.
LODY KONG … bitte wer?

Im Tourname „Maximum Cavalera Tour“ liegt dann des Rätsels Lösung – handelt es sich doch bei INCITE und LODY KONG um die Bands der (Stief-)Söhne von Altmeister Max Cavalera. Ein sympathisches Konzept, so eine Familientour, mag man nun vielleicht denken…. Die Wahrheit sieht leider etwas anders aus.

Denn als LODY KONG um kurz vor 20:00 die Bretter entern, ist schnell klar, dass es eben nicht reicht, eine Thrash-Koryphäe zum Vater zu haben, um selbst auch etwas Sehenswertes auf die Bühne zu bringen. Neben dem absolut belanglosen Metal, den die Junges um die Cavalera-Nachkommen Igor (Gesang) und Zyon (Schlagzeug) spielen, ist es dabei überraschenderweise vor allem das schlichtweg unerträgliche Geschrei, welches hier von der ersten Minute an die Laune verdirbt – und das gehörig: Irgendwo in der Grauzone zwischen Grunzen, Krächzen und Jaulen beheimatet, hat man hier schnell das Gefühl, einem Punk-Konzert beizuwohnen… keinem sonderlich guten jedoch. Das Publikum, so zu dieser Zeit überhaupt bereits anwesend, scheint das nicht anders zu sehen, so dass sich die Reihen während LODY KONG zusehens leeren – und das mit Recht.
Nach knapp 30 Minuten ist der Spuk dann auch wieder vorbei und die Jungspunde verabschieden sich vom Münchner Publikum – hoffentlich, um sich ein wenig Gedanken über ihr Tun zu machen, bevor sie die bayerische Landeshauptstadt das nächste Mal beehren.

Weiter geht es nur wenig später mit INCITE – einem weiteren Cavalera-Projekt. Der Band, welche Soulfly bereits auf deren 2010er-Tour begleitet hatte, kann man zumindest mangelnde Professionalität nicht vorwerfen – weiß doch gerade Max Cavaleras Stiefsohn Richie das Publikum recht gekonnt auf seine Seite zu ziehen. Dieses Talent ist hier auch unabdingbar, ist das, was INCITE musikalisch bieten, doch mehr als dürftig: Mit dem Besten was übrig bleibt, wenn Lamb Of God und Hatebreed Songs schreiben, bastelt die Formation belanglose Riff-Konstrukte, die weder grooven, noch anderweitig zu beeindrucken wissen – bekommt man hier doch wirklich nichts geboten, das man andernorts nicht schon hunderte Male in besser gehört hätte.
Das mittlerweile für einen Sonntag sogar in ansehnlicher Zahl vertretene Publikum gibt sich damit jedoch zufrieden und feiert INCITE mitunter gar mit Moshipts. Schön.

Spätestens hier stellt sich dennoch die Frage, ob man für den stolzen Eintrittspreis von 28€ nicht mehr erwarten darf als zwei vollkommen austauschbare und qualitativ nicht überzeugende Vorbands. Gewiss, es muss nicht immer eine Mega-Tour mit vier oder fünf Formationen sein – ein gut geschnürtes Package aus zwei, drei bekannteren Bands wäre trotzdem zur Abwechslung mal eine feine Sache.

So liegt es nun allein an SOULFLY, den Fans das Gefühl zu geben, die knapp dreißig Euro gut investiert zu haben – keine leichte Aufgabe. Mit „World Scum“ vom aktuellen Album „Enslaved“ gehen die Brasilianer diesbezüglich auch gleich in die Offensive – werden dabei jedoch von der Technik sogleich mächtig ausgebremst: Statt brachialer Riffs hört man zunächst nur Schlagzeug, Bass und Gesang. Die Ursache, dass wohl beide Wireless-Sender der Gitarren ausgeschaltet sind, ist rasch gefunden – bis sich der Stagemanager bequemt, diese anzuschalten, ist der Song jedoch dennoch bereits halb vorbei. Aus dem Kracher wird so ein klassischer Rohrkrepierer – und die Angst, dass dies symptomatisch für den ganzen Abend sein könnte, greift um sich. Front-Sympath Cavalera, heute mit roten, stellenweise fast gepflegt wirkenden Haaren und (vielleicht aufgrund des vorangegangenen Off-Days) deutlich fitter als bei seinem letzten München-Gastspiel lässt sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen – ohne eine Mine zu verziehen, wird der Fauxpas überspielt.
Dass SOULFLY heute Großes vor haben, lassen die nächsten Songs erkennen: Mit „Blood Fire War Hate“, „Refuse / Resist“, „Execution Style“ und dem „Dark Ages“-Evergreen „Frontlines“ legen die Brasilianer einen recht vielseitig zusammengestellten Start hin und springen dabei munter durch knapp 20 Jahre Thrash-Historie. Kein Zufall, wie sich herausstellt – verkündet Max doch bald, dass zur Feier von 15 Jahren SOULFLY heute ein bunt gemischtes Set mit Stücken aller Alben dargeboten wird.
Und in der Tat: Auf „Seek’n’Strike“ von „3“ folgt „Primitive“-Opener und -Hit „Back To The Primitive“, bevor man mit „Defeat U“ („Prophecy“) und „Intervention“ („Enslaved“) den Zickzack-Kurs durch die Diskographie komplettiert: So langsam kommt Schwung in die Bude – mit dem kurzen Anspielen des Black Sabbath-Klassikers „Iron Man“ verschafft man sich zudem weitere Sympathiepunkte.
Und dann ist er da: der Spirit, den ein SOULFLY-Konzert braucht: Das Medley „Arise“ / „Dead Embryonic Cells“, gefolgt von den nicht minder legendären „Troops Of Doom“ und „Territory“, schickt den Hörer auf eine Zeitreise in die Kindertage des Thrash Metals. Per se nichts Besonderes, diese Songs auf einem SOULFLY-Konzert zu hören, stimmt bei diesem Song-Block hier und heute einfach alles: Der Sound ist mittlerweile eingepegelt, die Band, inklusive Bass-Neuzugang Tony Campos, vermittelt pure Spielfreude, und der Meister wirkt von seinen Kompositionen selbst wie verzaubert.
Spätestens an diesem Punkt ist das Eis gebrochen: Über das Gelingen seiner Ansage „Ich liebe Deutschland“ freut sich Cavalera mindestens genauso wie das Publikum, welches im Gegenzug bei „Plata O Plomo“, sowie dem anschließend angespielten Pantera-Klassiker „Walk“, beherzt mitsingt.
Diese Stimmung kann auch das als finaler Song angekündigte „Revengeance“ nicht mehr toppen – obwohl (oder weil) SOULFLY bei diesem Song von Richie und Igor Cavalera am Gesang, sowie Zyon am Schlagzeug unterstützt werden.

Dass damit wirklich Schluss ist, hätte Max Cavalera sowieso niemand geglaubt – und so machen die Brasilianer kein großes Geheimnis aus der Zugabe „Roots Bloody Roots“ und hängen den Song direkt an, ohne sich lange bitten zu lassen. Kaum ist diese Pflichtübung zu aller Zufriedenheit absolviert, packen die Brasilianer noch ein Medley aus den beiden SOULFLY-Klassikern „Jumpdafuckup“ und „Eye For An Eye“ obendrauf – und ehe man sich’s versieht, sind 75 Minuten Spielzeit auch schon an ihrem Ende angelangt.

Sicherlich, ein wenig vermisst man die Tribal-Jams und Flamenko-Gitarren schon, mit denen SOULFLY früher ihr Set auflockerten – daran, dass diese Zeiten vorbei sind, sollte man sich jedoch mittlerweile gewöhnt haben. SOULFLY 2012 steht zu 100 Prozent für Thrash Metal – doch auch das ist gut so. Und auch, wenn man sich heute eigentlich beide Vorbands hätte sparen können und 28€ ein wirklich stattlicher Preis sind – am Ende dürfte heute wohl keiner der Anwesenden das Gefühl gehabt haben, Zeit oder Geld verschwendet zu haben.

Setlist SOULFLY:
Intro: Resistance
01. World Scum
02. Blood Fire War Hate
03. Refuse / Resist (Sepultura)
04. Execution Style
05. Frontlines
06. Seek’n’Strike
07. Back to the Primitive
08. Defeat U
09. Intervention / Iron Man (Black Sabbath-Snippet)
10. Arise / Dead Embryonic Cells (Sepultura)
11. Troops Of Doom (Sepultura)
12. Territory (Sepultura)
13. Plata O Plomo / Walk (Pantera-Snippet)
14. Revengeance
Intro: Itsari (Sepultura)
15. Roots Bloody Roots (Sepultura)

16. Jumpdafuckup / Eye For An Eye / The Trooper (Iron Maiden-Snippet)

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Fotos von: Moritz Grütz

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