Konzertbericht: Steven Wilson

30.10.2013 Alter Schlachthof, Dresden

steven wilson tourflyer

STEVEN WILSON scheint Gefallen am Touren gefunden zu haben, denn seit der Veröffentlichung seines dritten Solo-Albums „The Raven That Refused To Sing“ ist der Mann so viel unterwegs wie nie zuvor. Nachdem bereits im März einige Konzerte in Deutschland auf dem Programm standen und zudem diverse Festival gespielt wurden, ist der Maestro gegenwärtig erneut auf deutschen Bühnen zu erleben.

Progressive Rock an einem Mittwochabend? Kein Problem für STEVEN WILSON, der den Alten Schlachthof in Dresden auch unter der Woche problemlos ausverkauft bekommt. 900 Gäste finden sich ein, um den Porcupine-Tree-Chef zu sehen, und nach einem knapp halbstündigen Intro-Film (dieser zeigt lediglich einen Menschen, der vor einer Hauswand steht und an dem Passanten vorbeilaufen) betritt der Meastro, bewaffnet mit einer Akustikgitarre, die Bühne.
Mit dem Porcupine-Tree-Song „Trains“ eröffnet Steven Wilson das heutige Konzert ganz allein, was äußerst passend wirkt, ist er doch der unumstrittene Star des Abends. Allerdings gebührt auch seinen Mitstreitern ein großes Lob, denn was die Herren Beggs (Bass, Chapmanstick), Govan (Gitarre), Holzman (Keyboard), Travis (Blasinstrumente) und Wackermann (Schlagzeug) abliefern, ist Güteklasse A.

_IGP2970Wie es diesen großartigen Musikern gebührt, ist der Sound am heutigen Abend absolut perfekt – klar und zugleich druckvoll, in den heftigeren Momenten geradezu erdrückend, unterstützt das (Sound-)Gewand den musikalischen Inhalt des Abends.
Und dieser kann sich bei STEVEN WILSON ja bekanntlich sehen bzw. hören lassen. Nach ruhigem Beginn gibt man mit „Luminol“ mehr Gas und der restlichen Band gleichzeitig die Chance, zu glänzen. Dies tun die Musiker mit offensichtlicher Freude und in gegenseitiger Harmonie. Es ist unglaublich angenehm zu sehen, wie diese hochbegabten Menschen sich scheinbar komplett in ihren Soli bzw. ihren Parts verlieren, dann kurz hochsehen, Augenkontakt herstellen und wieder zueinanderfinden. Dadurch erhalten die teilweise hochkomplexen Arrangements ein wenig das Flair einer lässigen Jam-Session, was den Spaß für die Zuschauer nur noch steigert.

Den Spaß der Zuschauer zu steigern scheint auch eines der Ziele des Bandchefs am heutigen Abend zu sein, denn selten hat man Steven Wilson so gesprächig gesehen, selten seine durchaus vorhandenen Fähigkeiten als lockerer Entertainer genießen können.
So gibt der Meister kleine Anekdoten zum Besten, berichtet von dem musikalischen Vokabular, das er sich mit Gitarrist Guthrie Govan gebastelt hat, um effektiv miteinander kommunizieren zu können und plaudert auch so einfach ein wenig aus dem Nähkästchen oder erläutert die Geschichte des Melotrons, inklusive der Ankündigung eines schriftlichen Tests dazu, nach der Show.

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Die Setlist hingegen enthält primär die üblichen Verdächtigen – „Drive Home“, „The Watchmaker“ und „Postcard“ bilden die erste Hälfte des Abends, welche von einem knapp 15 Minuten langen, neuen Song beschlossen wird. Dieser wird an jedem Abend unter einem anderen Titel aufgeführt, heute trägt er den Namen „The Hand Cannot Erase“.
Interessanterweise bittet Steven Wilson vor diesem Song darum, ihn nicht mitzuschneiden und online zu stellen, damit alle Konzertbesucher überrascht werden können. Die restliche Show darf hingegen gern gefilmt und bei Youtube eingestellt werden, so der Meister – interessante und sympathische Ansage, aufgrund deren ich an dieser Stelle auch nicht näher auf den Song eingehen möchte.

Nach der ersten Hälfte fällt der bereits bekannte Vorhang, welcher im Folgenden als Projektions- und Schattenspielfläche dient. „The Watchmaker“ eröffnet den zweiten Teil des Abends, der mit „Index“, „Raider II“ und „The Raven That Refused To Sing“ eine spannende Mischung aus alten und neuen Songs enthält, die zwischen zerbrechlich-schönen Melodien und majestätisch-bedrohlichen Arrangements alternieren.
Als Zugabe bekommen die Anwesenden mit „Happy Returns“ einen weiteren neuen, bisher unaufgenommenen Song zu hören, ehe mit „Radioactive Toy“ der älteste aller STEVEN-WILSON-Songs den Abend beschließt.

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Mit seiner Musik verzaubert STEVEN WILSON alle Anwesenden, in Kombination mit der anspruchsvollen Lichtshow und den Videoinstallationen kann einem schon mal der Atem wegbleiben. Das Spiel mit der Lautstärke- und Geschwindigkeitsdynamik zeichnet das Material der Band aus, in der jeder der beteiligten Musiker ein wahres Genie an seinem Instrument ist. Dazu bekam man eine tolle Mischung aus Klassikern, neuen Songs und unveröffentlichtem bzw. unaufgenommenem Material geboten – was will man mehr? STEVEN WILSON unterstreicht erneut eindrucksvoll, was für ein Ausnahmekünstler er ist.

01. Trains (Porcupine Tree song)
02. Luminol
03. Postcard
04. The Holy Drinker
05. Drive Home
06. The Hand Cannot Erase (neuer Song)
07. The Watchmaker
08. Index
09. Sectarian
10. Harmony Korine
11. Raider II
12. The Raven That Refused to Sing
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13. Happy Returns (neuer Song)
14. Radioactive Toy

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