Artwork ERSHETU

Review Ershetu – Yomi

Bereits ein Jahr nach seinem Debüt „Xibalba“ meldet sich das Projekt ERSHETU mit dem Nachfolgewerk „Yomi“ zurück. Dass es sich dabei nicht mehr um das französisch-norwegische Projekt von Blut-aus-Nord-Mastermind Vindsval und Solefald– sowie Borknagar-Sänger Lars Are Nedland handelt, ist ein Dämpfer: Die Zusammenarbeit der beiden Musiker hatte Verbesserungspotenzial und die Umsetzung dieses Potenzials wäre interessant geworden. Mit dem Fortgang von Nedland wird diese faktisch aber nicht mehr stattfinden.

Stattdessen ist ERSHETU nunmehr ein weiteres Nebenprojekt von Vindsval – eines, das nach der Maya-Mythologie nun die Folklore der japanischen Shinto-Religion beleuchtet. Erneut mit den Lyrics von Void und den Kompositionen von Sacr ausgestattet, schickt sich „Yomi“ hoffentlich an, die musikalisch träge Vorhersehbarkeit des Vorgängeralbums zu minimieren.

Der Opener „Ketsurui“ ist ein guter, da stimmungsvoller Start in die Dreiviertelstunde Spielzeit; einnehmendes Riffing trifft auf epische Mehrstimmigkeit und asiatische Klänge, alles läuft in einem Finale zusammen – dieser Kniff, mit dem Opener zu begeistern, ist ERSHETU schon auf dem Debüt gelungen, daher bleibt abzuwarten, was die restlichen fünf Tracks zu bieten haben.

„Jikoku“ besticht mit ähnlicher Dynamik, wagt aber mehr Brüche. Die sich abwechselnden Tempo- und Motivwechsel brechen das Songkonstrukt zugunsten von mehr Abwechslung auf, ohne dabei an Kraft zu verlieren. Apropos an Kraft verlieren: „Sekiryō“ verliert sich im Mittelteil in einer beinah schon transzendenten Schwere, die von repetitiven Riffs und (erstaunlicherweise noch immer nicht abgenutzt wirkenden) Mehrstimmigkeit getragen wird. Das Anziehen des Tempos zum Ende des Songs erfolgt wohldosiert, die dauerhafte Begleitung von traditionellen japanischen Saiteninstrumenten (beziehungsweise deren Klang) erschafft eine einnehmende Dichte, die nochmals eine Steigerung zu den vorangegangenen guten Tracks ist.

Mit „Abikyōkan“ verlassen ERSHETU ihre Komfortzone, indem sie auf ein längeres, atmosphärisches Intro und einen (im positiven Sinne) schleppenden Mittelteil einen tragenden Gitarren-Lead folgen lassen, der die vorangegangen Parts vereint; eine gute Rahmenbildung und ein weiterer Beweis dafür, dass das Projekt aus den Fehlern des Debüts gelernt hat. Gleiche Aussage gilt für den vorletzten Song „Kagutsuchi“, dessen ansteckende Energie zunächst ohne Blastbeats auskommt und von einer Straight-Forward-Attitüde lebt, die Hard-Rock-Fans Glückstränen in die Augen treiben dürfte.

Obwohl sich personell weder Sänger, Songwriter noch Texter geändert haben, ist „Yomi“ aus einem anderen Guss als „Xibalba“. Natürlich sind die Komponenten die gleichen geblieben, aber ihre Umsetzung und Aneinanderreihung sind eindringlicher und einnehmender, homogener und greifbarer. Dieses Album hat eine Seele.

Überraschenderweise ist der Fortgang von Nedland kein Verlust für ERSHETU, sondern im Gegenteil, das Projekt erwacht aus seinem Dämmerschlaf. Die wohlplatzierten und eingängigen Arrangements, der hohe Detailgrad in den einzelnen Übergängen und die Strahlkraft der in die Songs eingewobenen traditionellen japanischen Musik machen aus „Yomi“ in Gänze einen Überraschungshit.

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Wertung: 8 / 10

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