Review Europe – Live At Sweden Rock. 30th Anniversary Show

  • Label: earMUSIC, Edel
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Hard Rock

EUROPE sind vielleicht die am meisten unterschätzte Hard-Rock-Combo, die es gibt. Von vielen abgetan als „die mit dem Keyboard-Intro“ wird die Band immer noch zu oft auf „Final Countdown“ reduziert. Dass EUROPE aber eine Menge starke Hard-Rock-Songs geschrieben haben und es ihnen auf geradezu überraschende Weise gelungen ist, in Würde zu altern und sich dabei ganz nebenbei neu zu erfinden, wird oft vergessen. Dabei klingt die Band seit dem Comeback-Album „Start From The Dark“ (2004) moderner, erwachsener und schwerer. Auf dem diesjährigen Sweden Rock haben die Schweden ihren 30. Geburtstag mit einer ganz besonderen Show gefeiert, die jetzt unter dem Titel „Live At Sweden Rock. 30th Anniversary Show“ auf DVD, Bluray und Doppel-CD veröffentlicht wurde. Als Bonusmaterial gibt es 17 Minuten Interview und fünf Minuten Behind The Scenes.

Während der zweieinhalb Konzertstunden wurden insgesamt 28 Songs aufgeführt, die aus allen Schaffensphasen der Band stammen. Natürlich gibt es die großen Hits der Frühwerke, wie „Seven Doors Hotel“ zu hören, ebenso die Hits „Final Countdown“ und „Rock The Night“. Aber auch neueres Material ist in angemessener Menge eingestreut, sodass das Comeback-Album mit „Start From The Dark“ genauso bedient wird wie die aktuelleren Releases mit „Last Look At Eden“, „Riches To Rags“ oder „Love Is Not The Enemy“. In der Mitte gibt es gar ein kleines Akustik-Set, das die Songs „Drink And Smile“ und „Open Your Heart“ umfasst. Je eine Coverversion von Thin Lizzy und UFO – jeweils mit deren (Ex-)Gitarrist als Gast – runden das Set ab.

Die Band macht auf „Live At Sweden Rock“ durchgehend eine sehr gute Figur, die kleinen Verspieler und Probleme, die in dem Interviewpart der DVD erwähnt werden, fallen nur bei sehr genauem Hinsehen auf. Lediglich Sänger Joey Tempest hat zwischenzeitlich Schwierigkeiten, den Druck in den Refrains der neueren Songs zu halten („Always The Pretenders“), aber das ist angesichts seiner sonst souveränen Leistung fast schon Makulatur. Überhaupt ist Tempest das Zentrum der Show: Er hechtet über die Bühne, tänzelt, posiert und lacht in die Kamera, als wären wir noch Mitte der 80er.

Auch von der technischen Seite her präsentieren EUROPE eine äußerst saubere Produktion. Der Vorteil daran, eine DVD auf einem Festival aufzunehmen ist ja in der Regel die hervorragende Versorgung mit Kameras und Licht. Beide Vorteile spielt die Band auf „Live At Sweden Rock“ deutlich aus und nutzt verschiedene Kameraperspektiven und besonders intensiv die Lichtanlage der großen Bühne: Lichterdom, Farbwechsel, Spotlights und Symbole durch Licht – alles dabei. Der Kameraführung gelingt es zudem, einzelne Bandmitglieder immer wieder dann einzufangen, wenn sie im Verhältnis zu den Lichteffekten besonders vorteilhaft stehen. Auch den Schnitt muss man loben, der angenehm unhektisch geraten ist und auch mal längere Zeit einen Musiker fixiert.

Etwas am Gesamteindruck der DVD zerrt aber das Publikum. Man mag es angesichts der gelungenen Performance der Band kaum glauben, aber das Publikum wirkt nicht so, als ob es Spaß hätte. Reaktionen sind lediglich in den vordersten Reihen zu entdecken, der Rest steht den größten Teil der Zeit einfach still da und schaut zu. Applaudiert wird allerdings heftig. Wer weiß, vielleicht warteten die Festivalbesucher auch die ganze Zeit auf „Final Countdown“ – hier liegen dann wohl die Nachteile davon, DVDs auf einem Festival aufzunehmen. Allerdings bemühen sich EUROPE auch nicht zu sehr darum, das Publikum mitzunehmen. Ansagen sind entweder herausgeschnitten worden oder es gab nie welche. Aufforderungen zum Mitsingen gibt es genau einmal, nämlich beim Smash-Hit „Rock The Night“.

Trotz dieses Nachteils bleibt „Live At Sweden Rock“ wohl die ultimative EUROPE-Dröhnung. Die lange und gut gemischte Setlist, die großartige Performance und die stimmungsvollen Lichteffekte machen diese DVD zu einem Pflichtkauf für Fans des gepflegten Hard Rocks. Und wenn als letzter Song „Final Countdown“ erklingt, geht einem einmal mehr auf, was für ein Fremdkörper die Nummer im Oeuvre dieser großartigen Band ist …

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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