Review Heaven Shall Burn – Wanderer

Nachdem ihr Heimatverein Carl Zeiss Jena erst einmal, auch dank des Engagemenst der Band, vor der Insolvenz gerettet ist und ihr Bandname auf deren Trikots prangt, ist Deutschlands momentan wohl erfolgreichste Metalband nun auch musikalisch zurück. Nachdem ihr letztes Album „VETO“ sich bis auf Platz Zwei der deutschen Albumcharts vorschieben konnte, folgt jetzt mit „Wanderer“ der nächste Streich von HEAVEN SHALL BURN.

Was dem Hörer schon nach wenigen Takten der Openers „The Loss Of Fury“ auffällt, ist der deutlich transparentere Sound, den „Wanderer“ im Vergleich zu seinem Vorgänger verpasst bekommen hat. Denn wo „VETO“ unheimlich kompakt und brachial daher kam, haben HEAVEN SHALL BURN auf ihrem neuen Album einen offeneren Sound gewählt, der die bandtypische Aggression und Intensität jedoch in keinster Weise beeinträchtigt.
Doch kaum hat man sich an dieser Neuerung erfreut, springen einem schon die nächsten neuen Aspekte entgegen. So sind vermehrt elektronische Elemente in der Musik zu hören („The Loss Of Fury“, „Bring The War Home“), die allerdings anders als bei früheren Verwendungen (z.B. „Combat“ vom „Invictus“-Album) den Song nicht nur um ein wenig Klangteppich erweitern, sondern im Gegenteil den Track ganz klar prägen. Das mag Puristen sauer aufstoßen, aber selbst diese kommen nicht umhin zuzugestehen, dass es HEAVEN SHALL BURN gelungen ist, diese Elemente stimmig in ihren Sound zu integrieren.

Dabei hat sich auch dieser in den letzten Jahren, besonders aber auf „Wanderer“, gewandelt. Vom ursprünglichen Standard-Metalcore ist nicht mehr allzu viel übrig, auch wenn es mit „Downshifter“ einen klassischen HSB-Song gibt. Ansonsten hat man sich auf der neuen Platte stärker an Death und Thrash orientiert, sodass im Ergebniss de facto ein Melodic-Death-Metal-Album steht. Exemplarisch dafür steht „Passage Of The Crane“, der vielleicht beste Song auf „Wanderer“, der mit einem sich immer weiter steigenden Beginn, einem grandiosen Spannungsbogen und Spoken-Word-Passagen begeistert und dabei rohe Brutalität und wunderschöne Melodien ganz natürlich miteinander verbindet.

Zudem dringend erwähnenswert sind die Gäste auf „Wanderer“, da auch diese Beleg für die Weiterentwicklung HEAVEN SHALL BURNs sind. Der nachvollziehbarere der beiden ist dabei sicher George „Corpsegrinder“ Fisher von Cannibal Corpse, der „Prey To God“ veredelt, wobei der Song in seiner Eigenschaft als Death-Metal-Abrissbirne auch perfekt zu ihm passt. Deutlich unerwarteter hingegen ist der Auftritt von Aðalbjörn Tryggvason von Solstafir, der das abschließende My-Dying-Bride-Cover „Cry Of Mankind“ mit seiner einzigartigen Stimme zu etwas Besonderem macht.

Mit „Wanderer“ entwickeln sich die Thüringer nicht weiter, das neue Album ist ein Evolutionssprung, der trotzdem nachvollziehbar bleibt. Und genau hier liegt das Erfolgsgeheimnis der Scheibe – es ist eine mächtige Erweiterung des Bandsounds, ohne damit die Fans vor den Kopf zu stoßen. Mit dieser Platte in der Tasche werden HEAVEN SHALL BURN auch weiterhin als Headliner der größten deutschen Festivals nicht zu verdrängen sein.

Wertung: 9 / 10

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7 Kommentare zu “Heaven Shall Burn – Wanderer

  1. Hmm, so richtig warm werde ich da auch nach einem Dutzend Durchläufen nicht. Die Platte ist schon nicht schlecht, mir fehlt es insgesamt aber schon etwas an Geschwindigkeit und Aggressivität. Vereinzelt bricht die alte Qualität wie von „Voice Of The Voiceless“ oder „Combat“ durch, insgesamt hätte ich mir aber mehr Prügelei gewünscht. 7 oder maximal 7.5 von mir ;)

  2. Herrlich, Fanatiker der reinen Lehre am frühen Morgen.

    Nehmen wir den Kontext eines Songs, nennen wir ihn „Smoke on the Water“. Die meisten Leser dieser Seite werden den ungefähren Kontext zur Entstehung dieses englischen Volksliedes kennen.
    Der Song ist geil, bleibt geil und wird immer geil sein. (11/10)
    Who cares about the context? So what?

    1. @ Markus: Hallo! Vielen Dank für den Hinweis, das ist uns tatsächlich durchgegangen. Wir bitten diesen Lapsus zu entschuldigen – selbstverständlich haben wir den Text nun entsprechend angepasst! Beste Grüße

    2. Ich finde diesen Fehler katastrophal…
      Wie kann man eine Wertung ernst nehmen, wenn man Kontext und Geschichte des Genres nicht ordentlich kennt und so das Album gar nicht richtig einordnen kann?!
      Und selbst wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, muss man nur den Beipackzettel des Labels (ordentlich) lesen, um solch eine Information zu bekommen!

      1. @ M.: Hallo! Dass soetwas nicht passieren sollte, ist genauso klar, wie es unvermeidlich ist, dass eben auch mal was durchrutscht. Wie bereits im Kommentar zum ersten Hinweis angemerkt, haben wir den Lapsus natürlich korrigiert. Was das Nichterkennen eines Coversongs jedoch mit „Kontext“ und „Geschichte des Genres“ zu tun haben soll, beziehungsweise warum du die Wertung für das Album aufgrund dieser Ungenauigkeit nicht erst nehmen kannst, erschließt sich mir jedoch nicht ganz ;)

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