Konzertbericht: Heaven Shall Burn /w Local Support

27.05.2022 - 28.05.2022 Schweinfurt, Alter Stattbahnhof / Salzburg, Rockhouse (Saal)

Während andere Bands vergleichbarer Größe allenfalls noch zu Jubiläen auf Clubtour gehen, haben HEAVEN SHALL BURN dieses Format fest in ihr Repertoire aufgenommen: Bereits 2016 waren die Thüringer auf „Wanderer Club Tour“ – nach der großen „The Final March Tour 2018“, einer Bandpause und einer Pandemie ging es dann im November 2021 mit der „Record Release Club Tour“ zu „Of Truth & Sacrifice“ weiter. Als Warm-up für die Festivalsaison sowie die auf Anfang 2023 verschobene Tour mit Trivium wagen sich HEAVEN SHALL BURN nun nochmals in die schwitzigen Clubs.

Unter dem Titel „Neuland Exkursion 2022“ geht es diesmal in ferne Länder, in denen es die Band noch nie zu sehen gab (Bremen und Mecklenburg-Vorpommern) und „Clubs, in denen wir bisher nicht zu sehen waren“, wie die Band die Tour kommentierte. So ganz stimmt das allerdings nicht – denn wie Fronter Marcus Bischoff später selbst in einer Ansage feststellen wird, war die Band sehr wohl schon im Salzburger Rockhouse zu sehen (2006 mit der „Hell On Earth“-Tour). Sei’s drum: Da der Südwesten Deutschlands leer ausgegangen ist, ist die Samstagsshow in Salzburg für Fans aus einem großen Einzugsgebiet eine valide Alternative.

Als zweites Konzept dieser Mini-Tour haben HEAVEN SHALL BURN keine feste Vorband dabei, sondern bieten an jedem der fünf Abende einer von je einem der HSB-Musiker handverlesenen lokalen Band die Gelegenheit, sich einem vergleichsweise großen Publikum vorzustellen. [MG]

Autumn Kids, Schweinfurt am 27.05.2022
AUTUMN KIDS im Alten Stattbahnhof (Schweinfurt); ©Andi Brückner / Metal1.info

Den Opener für Schweinfurt durfte Gitarrist Alexander Dietz bestimmen, der dementsprechend nun ein Experte im fränkischen Underground-Metal sein dürfte. Seine Wahl fiel auf die Hardcore-Kombo AUTUMN KIDS, die im Alten Stattbahnhof schnell unter Beweis stellen, dass Alex hier ein gutes Händchen hatte: Die Bamberger erweisen sich nicht nur extrem dankbar für diese „unvorstellbare“ Chance, als Opener für eine ihrer Lieblingsbands auftreten zu dürfen – sondern präsentieren sich auch entsprechend motiviert. Mit patent gemachtem, melodischem Hardcore, authentischem Auftreten und spürbarer Freude an der Musik haben AUTUMN KIDS das Publikum schnell auf ihrer Seite. Von den euphorischen Reaktionen bis hin zur Wall Of Death weiter angestachelt laufen die Bamberger zu Höchstform auf. Die Zeit zwischen den Songs nutzt Frontmann Davis immer wieder für persönliche Ansagen – zur Entstehung oder dem Thema eines Songs, aber auch zu Themen wie dem Ukraine-Krieg, Rassismus oder „Mental Health“. Auch damit kann man beim Publikum von HEAVEN SHALL BURN eigentlich nur punkten. So erweisen sich AUTUMN KIDS heute als die perfekte Wahl: Die Stimmung nach dem 45-Minuten-Set könnte besser nicht sein – und mit diesem Auftritt dürfte die Band bei so manchem Fan Neugier auf das angekündigte nächste Album geweckt haben. Win-Win! [AB]

Genesis Collapse, Rockhouse Salzburg
GENESIS COLLAPSE im Rockhouse Saal (Salzburg); ©Afra Gethöffer-Grütz / Metal1.info

Nicht ganz so glücklich geht die Vorbandsuche von HSB-Fronter Marcus Bischoff in Salzburg aus. Für die Show im Rockhouse Saal hat dieser GENESIS COLLAPSE auserkoren – eine Newcomerband, die diesem Begriff wirklich gerecht wird: Die erst 2020 gegründete Formation bestreitet heute ihren allerersten (!) Auftritt. Unter dieser Prämisse muss man dem Quartett zunächst einmal Respekt aussprechen: Was die Jungs im zarten Alter von 16 bis 18 Jahren abliefern, klingt sicher nicht in allen Belangen ausgereift – ist die anfängliche Nervosität jedoch erst verflogen, ziehen GENESIS COLLAPSE ihr Ding mit beeindruckender Kaltschnäuzigkeit durch. Das bleibt auch dem Publikum nicht verborgen, das die Band im bereits gut gefüllten Saal warmherzig empfängt und die Darbietung mit viel Applaus und einem anständigen Moshpit quittiert. Wennschon sich GENESIS COLLAPSE wirklich wacker schlagen, wird schnell klar, dass die heutige Auftrittsmöglichkeit für die Formation eigentlich zu früh kommt, um als „Sprungbrett“ zu dienen: Aus Mangel an eigenem Material besteht das Set der Jungs noch überwiegend aus Coverversionen – etwa von Bullet For My Valentine („Tears Don’t Fall“) oder Trivium („In Waves“). Vom wirklich noch verbesserungswürdigen Klargesang abgesehen meistern GENESIS COLLAPSE diese zwar mehr als ordentlich – die eigentliche Herausforderung im Musikbusiness ist es aber doch, eine eigene stilistische Nische zu finden und mit Eigenkompositionen zu überzeugen. Das gelingt der Band mal mehr („Wicked Minds“), mal weniger („Path Of Misery“). Ob eine solche Show vor dem ersten Release den Bekanntheitsgrad nachhaltig steigert, ist zumindest fraglich. Sollte es die junge Truppe jedoch motivieren, noch etwas härter an ihren Skills zu arbeiten (auch ein E-Bass hat mehr als die E-Saite!) hat sich die gute Tat von Marcus Bischoff zumindest gelohnt. [MG]

Heaven Shall Burn, Rockhouse Salzburg
HEAVEN SHALL BURN im Rockhouse Saal (Salzburg); ©Afra Gethöffer-Grütz / Metal1.info

Ob nun AUTUMN KIDS oder GENESIS COLLAPSE als Vorband – der Grund dafür, dass sich jeweils ein paar Hundert Fans in Schweinfurt und Salzburg eingefunden haben, ist natürlich ein anderer: Scooter. Das könnte man zumindest meinen, so begeistert wie die Fans das als Intro gewählte „One (Always Hardcore)“ aufnehmen, ehe HEAVEN SHALL BURN (zugegeben: unter noch größerem Jubel der Fans) die Bühne stürmen. Viel Zeit zum akklimatisieren lassen die Melo-Deather dem Publikum nicht. Mit „Protector“ und dem von „Iconoclast“ bekannten Edge-Of-Sanity-Cover „Black Tears“ geht es kraftvoll los, ehe beim wahrlich übermächtigen „Übermacht“ alle Dämme brechen.

Heaven Shall Burn, Rockhouse Salzburg
HEAVEN SHALL BURN im Rockhouse Saal (Salzburg); ©Afra Gethöffer-Grütz / Metal1.info

Die Intensität der Eskalation ist allerdings durchaus Location-abhänig – nicht zuletzt ob des Umstands, dass in Schweinfurt kein Fotograben das Publikum von der Band trennt: Während die unzähligen Crowdsurfer in Salzburg von zwei fleißigen Securities aufgefangen werden (müssen), landen sie im Alten Stattbahnhof direkt auf der Bühne, wo Marcus Bischoff, sie sofort für einige Verse als HSB-Sänger verpflichtet. Doch auch die Salzburger Fans gehen – zumindest für österreichische Verhältnisse – aus sich heraus: Ob Wall Of Death, Circle- oder Moshphit, die angemessenen Bewegungsformen zum melodischen Riffgewitter von HEAVEN SHALL BURN hat auch hier jeder drauf. In Punkto „Mitsinglautstärke“ haben die Österreicher sogar die Nase vorne – für den Refrain von „Corium“ gibt es sogar ein Extralob von Marcus.

Heaven Shall Burn, Schweinfurt am 27.05.2022
HEAVEN SHALL BURN im Alten Stattbahnhof (Schweinfurt); ©Andi Brückner / Metal1.info

Überhaupt ist es insbesondere der (mittlerweile langhaarige) Fronter, der die Show zusammenhält: Während sich die restlichen Musiker von HEAVEN SHALL BURN in der Interaktion mit den Fans eher zurückhalten, holt Bischoff das Publikum mit sympathischen Ansagen zwischen den Songs direkt ab, überlässt Fans in der ersten Reihe versweise das Mikrofon und kümmert sich auch sonst rührend: Mal verteilt er Wasser, dann versichert er sich, dass es allen gut geht oder bittet die Fans, im wilden Getümmel aufeinander Acht zu geben. So vergehen die 75 Minuten Showtime inklusive Zugabe wie im Fluge – und schon fliegt Marcus Bischoff nach dem finalen „Hunters Will Be Hunted“ ins Publikum und lässt den Abend mit einer entspannenden „Rückenmassage“ ausklingen. Dass seine Bandkollegen ziemlich schnell und mehr oder minder grußlos verschwinden, ist nach diesen intensiven Shows etwas schade – Bischoff hingegen kostet den verdienten Applaus aus, bis ihn (in Salzburg) sein Gitarrist Alexander Dietz scherzhaft wie einen verwirrten Greis von der Bühne führt. [MG/AB]

Heaven Shall Burn, Schweinfurt
HEAVEN SHALL BURN in Schweinfurt; ©Andi Brückner / Metal1.info
  1. Protector
  2. Black Tears
  3. Übermacht
  4. Voice Of The Voiceless
  5. My Heart And The Ocean
  6. Counterweight
  7. Combat
  8. Corium
  9. Thoughts And Prayers
  10. Behind A Wall Of Silence
  11. Bring The War Home
  12. Endzeit
  13. Numbing The Pain
  14. Tirpitz
  15. Hunters Will Be Hunted

Dass pro Stadt nur wenige hundert Fans in den Genuss dieser Tour kommen konnten, ist freilich ein Wermutstropfen – wenngleich das kleine Ticketkontingent bei Clubshows in der Natur der Sache liegt. Wer jedoch eine Karte für diese Tour ergattern konnte, bekommt für absolut faire 30 € eine top-motivierte Vorband, die den Namen „Local Support“ verdient hat, sowie einen Headliner, der nach Bandpause und Pandemie mindestens so ausgehungert wirkt wie das Publikum. Was für ein Glück für alle Beteiligten, dass die Sommer-Festivals und auch die große Tour mit Trivium langsam aber sicher immer näher rücken. [MG]

Heaven Shall Burn, Rockhouse Salzburg
HEAVEN SHALL BURN in Salzburg; ©Afra Gethöffer-Grütz / Metal1.info

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