Review In Flames – A Sense Of Purpose (-)

„Auf ein Neues“, denkt sich der geneigte Schwedentod-Fan, wenn er das aktuelle Werk der fünf Mannen von IN FLAMES in den Händen hält. „Lieber nicht“, denken sich Skeptiker, die angesichts des zunehmenden Einflusses von kommerziell aussichtsreicheren Klängen in die Mukke von IN FLAMES mit bösen Vorahnungen die Scheibe in den Player legen. Sie werden bestätigt!

Das Problem ist: Das Songmaterial, das hier abgeliefert wird, ist (teilweise) an sich nicht schlecht. Wenn man beispielsweise den Beginn des Openers hört, denkt man sich: „Okay, da kann was Gutes draus werden.“ Dieses Gefühl hält an bis zum ersten melodischen, clean gesungenen Refrain von Anders Friden. Bei allen Göttern des Metal: Was zum Teufel haben IN FLAMES sich dabei gedacht?

Bei den ersten drei Songs nimmt die Band jedes Mal das eigentlich annehmbare Tempo raus, um in einen wehklagenden Jammer-Refrain überzugehen, und bei „Alias“ gehen dann endgültig die Lichter aus: Die elend langsamen Refrains werden „gekrönt“ von dem Gesang von Anders Friden, der zwar die Töne so einigermaßen trifft, aber dessen Singstimme auf Dauer schlimm mitanzuhören ist. Was sich auf „A Soundtrack To Your Escape“ noch in Grenzen hielt, wird hier fatalerweise zum Dauerzustand ausgebaut. Den negativen Höhepunkt stellt „Delight & Angers“ dar: Hier hat man tatsächlich ab Minute drei das Gefühl, eine Bon-Jovi–CD zu hören.

Dazu gesellen sich Textzeilen wie „I feel like shit, but at least I feel something“ oder „Heal me, I can’t sleep, thought I was unbreakable but this is killing me“ , bei denen ganz Schweden in tiefste Emo-Abgründe abzustürzen scheint. Trotz allem gibt es auf dieser Platte auch sowas wie einen Höhepunkt: Das fette „Move Through Me“ ist der einzige Song, der von vorne bis hinten überzeugt, da zwar auch er einen halb gesungenen, halb geschrieenen Refrain beinhaltet, dieser aber wenigstens von druckvollen Gitarren und stimmigen Keyboards hinterlegt ist und auch ein kurzes Solo zu hören ist.

Auf diesen Song folgt allerdings der absolute Absturz: Ich weiß nicht, wer der Songwriter von IN FLAMES ist, aber bitte…BITTE…, sage ihm jemand, dass „The Chosen Pessimist“ wirklich eines der schlimmsten Verbrechen an der Metalszene ist, das je ein Musiker begangen hat. Es spricht ja nichts dagegen, stimmige Halbballaden in Metal-Releases einzubauen: Bands wie As I Lay Dying machen das ja auch. Anders Friden quält sich hier jedoch siebeneinhalb (!) geschlagene Minuten durch Gesangslinien, die jedem Gehörgang, der bis hierhin gehalten hat, das Letzte geben. Das Ganze klingt dermaßen schief, dass man ihm empfehlen möchte, doch nochmal eine Gesangsschule zu besuchen. Der Rest der Platte ist auch nicht weiter erwähnenswert: Weitere Ausreißer nach unten bleiben glücklicherweise aus.

Es bleibt nur zu hoffen, dass sich IN FLAMES auf ihrer nächsten CD darauf besinnen, wieder richtigen Metal zu spielen und sich deutlich von dem hier gebotenen Zirkus distanzieren. Der eine gute Song und das durchschnittliche Ende der Platte bewegen mich dazu, vier von zehn Punkten zu vergeben. Ansonsten wären es drei geworden.

Wertung: 4 / 10

Publiziert am von Pascal Stieler

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